Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
musste es weitergehen.
Er war am Leben, und Angmor hoffentlich auch. Also sollte Rowarn als Erstes einen Weg finden, hier herauszukommen. Der Kampf war noch lange nicht vorbei – jetzt erst recht nicht. Das schuldete er Angmor, der nur seinetwegen in Gefangenschaft geraten war. Was aus Rowarn-dem-Monster wurde, konnte ihm egal sein. Aber der Visionenritter musste befreit werden. Er war der wichtigste Kämpfer für den Regenbogen.
Nach zwanzig Mahlzeiten, als Rowarn sich einigermaßen auf den Rhythmus eingestellt hatte, öffnete sich plötzlich die Tür zu seinem Verlies. »Mitkommen«, schnarrte die raue Stimme eines Warinen.
Rowarn stand auf und betrat blinzelnd den durch Fackeln erleuchteten Gang. Nun würde er endlich erfahren, wo er sich befand. Er war erst im Verlies aus der Bewusstlosigkeit erwacht, in die der Soldat Moneg ihn geschlagen hatte. Vielleicht hatte man ihm zusätzlich ein Mittel eingeflößt, um ihn länger ruhigzustellen, denn auch ein solch heftiger Schlag hätte ihn nicht länger als eine oder zwei Stunden außer Gefecht setzen dürfen. Aber es musste mehr, sehr viel mehr Zeit vergangen sein, denn rings um Ardig Hall gab es kein Gefangenenlager des Feindes. Also hatten sie ihn wahrscheinlich weiter Richtung Osten gebracht, vielleicht sogar bis jenseits des Goldenen Flusses, wo Rowarn noch nie gewesen war.
Wenn Moneg den Dubhani alles über Rowarn erzählt hatte, wussten sie von seiner unkontrollierbaren Raserei bei außergewöhnlicher Erregung, die ihm die Kräfte von mindestens vier starken Männern bescherte – Grund genug also, ihn während des Weges bewusstlos zu halten.
Moneg , diese krumme kleine Seele, die ihn nur aus Rache an den Feind verraten hatte! So war Rowarn in Gefangenschaft geraten, und dadurch auch Angmor, was niemals hätte geschehen dürfen.
Insgesamt vier Warinen erwarteten ihn draußen vor der Zelle, die breiten, kurzen Schwerter im Anschlag, und nahmen Rowarn in die Mitte. Wäre er ein normaler Gefangener gewesen, nicht der Zwiegespaltene, hätte er jetzt einen gewissen Stolz empfunden, so stark bewacht zu werden. Denn er wog ein ganzes Stück weniger als ein Warine und war sehr viel jünger als diese gestandenen Soldaten. Einst waren sie Zwerge gewesen, die einen Bund mit Dämonen eingegangen waren und nun deren Lebensessenz in sich trugen. Das machte sie zu langlebigen, gefährlichen Geschöpfen, die nur für den Kampf lebten.
Es folgte ein kurzes Wegstück, wobei sie an einer Reihe von ähnlichen Türen wie der seinen vorbeikamen. Dann trat Rowarn aus dem Felsen hinaus in eine tiefe, weite Schlucht mit hohen Steilwänden ringsum und einem Graben in der Mitte.
Es war früher Morgen, ein paar schräge Sonnenstrahlen schafften es bereits, die gegenüberliegenden Felskanten zu erhellen. Ein tiefblauer Himmel spannte sich über der Schlucht. Rowarn sah Felsbauten, die ins Gestein geschlagen worden waren, und weitere vergitterte Verliese, Vorratslager und viele höhlenartige Eingänge zu Unterkünften. Es herrschte geschäftiges Treiben, wie in jedem Heerlager. Der Unterschied zu Ardig Hall lag nur darin, dass hier hauptsächlich Warinen umherliefen, einige Menschen und sehr wenige Zwerge. Und an einer hohen Stange wehte das Banner von Femris: das geborstene Tabernakel, dessen sieben Splitter nahe zusammenrückten, in Rot und Gold auf schwarzem Grund.
Allerdings waren auch die Geräusche anders. Im Lager von Ardig Hall war ein stetes Stimmengeschwirr zu hören gewesen, viel Gelächter und häufig Gesang, auch tagsüber bei der Arbeit. Hier aber wurde nur wenig gesprochen, hauptsächlich hallten Befehle von den Felsen wider.
Rowarn wurde zu einem der Felshäuser geführt, und unterwegs sah er weitere Gefangene von Ardig Hall. Sie trugen Halsringe, von denen Ketten zu Armen und Beinen herabführten. Die Ketten ließen gerade so viel Bewegungsfreiheit, dass die Gefesselten für Lasten und andere niedere Arbeiten eingesetzt werden konnten. Die Gefangenen wirkten niedergeschlagen und zugleich merkwürdig teilnahmslos, aber ausreichend ernährt. Ihre Bewacher, die überall postiert waren, trugen dreischwänzige Peitschen mit Dornen am Ende, aber sie setzten sie nicht ein. Sie waren nicht einmal besonders aufmerksam.
Den einen oder anderen der Gefangenen kannte Rowarn flüchtig, aber es blickte niemand zu ihm. Er war froh, dass keiner seiner Freunde darunter war.
Vor der Tür zum Felsgebäude waren zwei bullige Menschen postiert. Einer der Wachtposten öffnete und
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