Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
nichts anzutun. Einen Handel anbieten. Doch er wusste, Heriodon legte es genau darauf an, deswegen zögerte er den Moment der Folter hinaus. Es war vielmehr bereits ein Teil davon. Er wollte Rowarn zuerst halb verrückt vor Angst machen, bevor der Schmerz begann. Umso intensiver würde die Pein dann sein.
Das ist nur dein Körper , hatte Angmor gesagt. Solange du nicht zulässt, dass er deine Seele berührt, kann dir nichts geschehen. Das geht alles vorüber .
Rowarn wünschte sich, er könnte daran glauben. Aber dem war nicht so. Denn er war Heriodon endgültig ausgeliefert, Tag und Nacht, Stunde um Stunde. Es gab keine Möglichkeit mehr, sich abzulenken, sich zurückzuziehen. Der Graue hatte ihn völlig in seiner Gewalt, und er konnte mit ihm machen, was er nur wollte. Und das war vermutlich eine Menge. Natürlich würde Rowarn überleben, schließlich sollte er ... genau. Das war es! Der einzige Rettungsanker, der ihm blieb.
»Ihr könnt das nicht tun, denn Femris will mich lebend und bei Verstand, sonst bin ich nutzlos«, sagte er so gelassen wie möglich. Er versuchte, sich selbstbewusst zu geben, die Angst zu verdrängen.
Heriodon lächelte wieder. »Beides wird er bekommen, mein Schüler. Schließlich sollst du lernen, nicht zerstört werden. Ohne ein paar Verluste wird es natürlich nicht gehen, aber du brauchst dir keine Gedanken zu machen, du wirst auf nichts Lebensnotwendiges verzichten müssen. Deine Wunden werden selbstverständlich gut verheilt sein, wenn ich dich Femris abliefere. Vielleicht kannst du sogar noch laufen. Das hängt ganz davon ab, wie gelehrig zu bist.« Ein grausames Glitzern übertünchte die Kälte in seinen Augen. »Mit der ersten Lektion werde ich gleich beginnen. Das ist mein gutes Recht, nachdem du mich derart hintergangen hast – und meine geliebten Chalumi getötet. Darüber bin ich sehr erzürnt, und ich muss dich bestrafen. Du musst lernen, mir zu gehorchen.«
Rowarn versuchte, sich zu entspannen. An wunderbare Dinge zu denken. Sich aus diesem dunklen Kerker zu schleichen. Er musste nur seinen Körper dem Peiniger überlassen; sein Geist, seine Seele aber waren frei.
Nein , flüsterte Heriodon in seine Gedanken. Du bist nicht frei. Nackt und bloß liegst du in Ketten vor mir, Leib und Seele, und bist mein.
Dann berührte er Rowarn knapp unterhalb des Herzens und drückte leicht zu.
Zuerst war es nur ein Ziehen, wie Rowarn es bereits kannte und als Vorspiel fürchtete. Dann griffen eiskalte Finger in ihn hinein, schlossen sich um sein Herz und pressten es zusammen. Rowarn spürte, wie sein Herzschlag stockte, wie der Lebensmuskel sich krampfartig zusammenzog. Er bekam keine Luft mehr, sein Blutfluss hielt an. Alles in ihm erstarrte, während das Herz zuckte und kämpfte, um zu überleben. Alles schien aus ihm herauszufließen, er entleerte sich, sein Körper erstarrte im Krampf.
Kurz bevor Rowarn starb, ließ Heriodon von ihm ab. Mit derselben Gründlichkeit, mit der er seine Folter anwendete, kümmerte er sich nun um Rowarns Wiederherstellung, wusch ihn, massierte die Muskeln, ohne jedoch die Fesseln zu lockern.
»Gut«, flüsterte er.
Und so setzte es sich fort. Abwechselnd setzte Heriodon die Finger ein, um Rowarns Nervenstränge zum Toben zu bringen, bis er nur noch ein wimmerndes, zuckendes und zitterndes Bündel war. Dann griff der Graue zum Messer, zu verschiedenen Formen, feinen Stilettos wie groben Klingen. Er versprach Rowarn, sein Gesicht zu verschönern, und um ihm zu zeigen, wie kunstfertig er im Schnitzhandwerk am lebenden Objekt war, begann er mit den Fingern des jungen Mannes. Er riss nacheinander alle Nägel aus und überlegte dabei laut, wozu fünf Zehen an jedem Fuß wohl gebraucht wurden.
Rowarn hatte geglaubt, nach dem ersten Nagel könne es nicht mehr schlimmer werden, er würde sich daran gewöhnen. Aber dem war nicht so. Er brüllte, bis er heiser war, und konnte dennoch nicht aufhören zu schreien. Vor lauter Blut konnte er kaum mehr etwas erkennen, nur Heriodons wildes, grausames Lächeln schwebte wie ein Lichtstrahl über allem.
Manchmal gab er Rowarn etwas zu trinken, das wie flüssiges, glühendes Metall seine Kehle hinunterrann. Als sich dadurch ein Zahn entzündete und die Wange fiebrig anschwoll, packte der Foltermeister den Zahn mit Daumen und Zeigefinger und riss ihn aus. Triumphierend hielt er ihn hoch, während Rowarn Blut spuckte. »Nicht abgebrochen, was sagst du nun?« Dann trat ein neues Glitzern in seine Augen. »Wie
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