Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
Zumindest war seine Sehfähigkeit zurückgekehrt, und er wirkte stark und energiegeladen.
Und ... er war für Rowarn da gewesen und hatte ihn aus Heriodons Klauen befreit. Ich bin nicht allein , dachte der junge Ritter. Niemals. Ich hätte mich nicht aufzugeben brauchen, denn es gibt immer Rettung.
Beinahe wäre er gestorben, und das nur an einem Alptraum. Das hatte Heriodon sicher nicht beabsichtigt, und letztendlich wäre Rowarn ihm auf diese Weise entkommen. Doch so war es sehr viel besser ausgegangen, denn er wollte leben, er durfte sich nie wieder aufgeben. Angmors Ratschläge sollten ihm helfen, den Schmerz als willkommene Lehre anzuerkennen und die nächste Stufe zu beschreiten. Raus aus dieser Dunkelheit, zurück ins Licht.
Dazu brauchte es nur ein wenig Mut.
Niemand darf mehr über mich bestimmen. Von jetzt an will ich frei sein. Ich werde es nie mehr zulassen, dass jemand in dieser oder irgendeiner anderen Weise von meinem Geist Besitz ergreift!
Windstürmer sah fröhlich und erholt aus, und auch Aschteufel war wieder ganz der Alte. Er versuchte Angmor zu beißen, als der ihm den Sattel auflegen wollte, woraufhin sein Herr ihn eine Weile im Kreis trieb und rückwärtsgehen ließ, bis er sich zornig schnaubend unterwarf.
Rowarn konnte sich nicht zurückhalten, er musste einfach lachen, sich seiner Anspannung Luft machen, sie hinauspusten und forttreiben, genau wie den Alptraum. Wenn solche Begebenheiten möglich waren, dann durfte er auch zuversichtlich sein, dass sie tatsächlich entkommen konnten. Er baute das Lager ab, während Angmor die Trage wieder an dem braven Pferd befestigte, das den Visionenritter freundlich beschnoberte. Graum, der vor einiger Zeit verschwunden war, kehrte wieder zurück, setzte sich an den Rand und sah aufmerksam zu. Dann putzte er sich in aller Seelenruhe, bis auch Windstürmer gesattelt war und die Ausrüstung verstaut.
»Wenn wir in Farnheim sind ...«, fing Rowarn an, doch Angmor hob die Hand.
»Noch sind wir nicht mal dort. Dann erst werden wir nach verschollenen Freunden suchen und Pläne schmieden.«
»Besteht weiterhin Gefahr, dass wir im Wald aufgespürt werden?«
»Bald nicht mehr. Selbst wenn sie unsere Spuren finden, wird es ihnen nichts mehr nützen. Schon in wenigen Stunden erreichen wir ein Herrschaftsgebiet, das nicht jeder durchqueren darf.« Angmor saß auf. »Du wirst es sehen.«
Rowarn trieb Windstürmer an. »Herr Angmor, eines müsst Ihr mir aber verraten: Als wir gestern hierher kamen, wart Ihr blind. Wie könnt Ihr Euch zurechtfinden?«
»Ich bin nicht zum ersten Mal hier«, antwortete der Visionenritter.
»Na ja ...«
»Willst du reiten oder reden?«
Rowarn machte den Mund wieder zu. Das Geheimnis großer Helden war, dass sie sich möglichst geheimnisvoll gaben. Also schön. Er würde wieder einmal keine Antwort erhalten. Wenn er eines seit dem Aufbruch von Inniu gelernt hatte, so war es dies: Selten gab es eine direkte Antwort auf eine normale Frage.
Er folgte Angmor auf einem schmalen Pfad, sah nicht mehr links oder rechts, sondern ließ Windstürmer einfach gehen. Es war besser, der Musik der gefiederten Sänger und der Grillen zu lauschen, sich am Duft des alten Waldes zu erfreuen und an den schönen Baumriesen, deren knorrige Rindenstränge wie zu Mustern geknüpft schienen, von denen keine zwei gleich waren. Der Tag war sonnig und angenehm warm, für Wegzehrung war unterwegs ausreichend gesorgt. Rowarn erholte sich langsam wieder und erfreute sich zaghaft an Leben und Freiheit.
Gegen Nachmittag erreichten sie ein neues Gebiet. Die Bäume besaßen nun schlanke, hohe Stämme mit glatter, goldbrauner Rinde und fein gefiederten Blättern. Es gab nur wenig Buschwerk, stattdessen einen ausgedehnten Grasteppich, von farbenfrohen Blumen durchwoben. Die Luft war anders, irgendwie schärfer, kühler, und der Gesang verstummte.
»Du musst nun sehr vorsichtig sein«, warnte Angmor. »Berühre keinen Baum, reiß kein Blatt mutwillig ab oder mach sonst irgendeine Dummheit. Wir sind hier nur Gäste und auf der Durchreise. Halte also auch nicht an, und wenn dich irgendein Bedürfnis überkommt, halte dich zurück und schiebe es auf, bis wir hindurch sind.«
Rowarn nickte und reihte sich hinter ihm ein. Als sie die ersten Baumgruppen passierten, glaubte er hinter sich ein Knirschen und Knacken zu hören, wagte es aber nicht, sich umzudrehen.
Angmor lenkte Aschteufel im gleichmäßigen Tempo auf einem Tierpfad. Aus dem Knacken wurde ringsum
Weitere Kostenlose Bücher