Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
ist und alles andere nur in deinem Kopf passierte. In einem Alptraum, der dir nichts mehr antun kann.«
Rowarn spürte, wie die Wärme in seine Glieder zurückkehrte. Vertrauensvoll blieb er an Angmor gelehnt, der fortfuhr, seinen Blutstrom in Schwung zu kriegen. Die mächtige Aura umhüllte ihn mit tröstlichem Schutz. »Aber ich habe ihn doch gehört ... gesehen ...« Es schüttelte ihn. »Und der Schmerz war so echt, all das Blut und ... und ...«
»Du hast zugelassen, dass er Macht über dich bekam«, brummte der Visionenritter. »Er hat dich dadurch aufgespürt und deine Ängste geschürt. Der Schmerz, den er dir zugefügt hat, war nur Einbildung.«
»Aber ich habe noch nie so Schreckliches ...«
»Rowarn, er hat dir zweimal echten Schmerz zugefügt, und die Erinnerung daran hat deine Angst vervielfacht und die Einbildung zur Wirklichkeit werden lassen. Heriodon hat dir aber nur gezeigt , was er mit dir machen kann, und du hast es geglaubt. Ich habe dich doch gewarnt, Junge, dass du das nicht zulassen darfst!«
Das war Rowarn kein Trost. Konnte er jetzt nie mehr schlafen? War es nicht genug, dass die Eliaha ihn verfolgte; nun auch Heriodon? »Wie ... lange?«
»Kurz nach Mitternacht fing es an«, berichtete Angmor. »Ich habe bis jetzt gebraucht, um dich zu Bewusstsein zu bringen. Kannst du allein sitzen?«
»Glaub schon.«
Der Visionenritter stand auf, wickelte seinen Umhang um den zitternden Rowarn und brachte dann das Feuer wieder in Gang. »Ein stärkender Tee, und wir können weiter. Wir haben noch einen Kranken, falls du dich erinnerst.« Er deutete auf die Bahre mit Tamron.
»Es tut mir leid«, murmelte Rowarn beschämt. Vorsichtig stand er auf, ein wenig wacklig, aber es wurde rasch besser. Er taumelte zu dem Tümpel, kniete dort nieder und betrachtete sein unversehrtes Spiegelbild, dann tauchte er den Kopf ins kühle, fließende Wasser. Er hatte das Gefühl, als würde der Bach die Dunkelheit in ihm mitnehmen. Zumindest für kurze Zeit. »Wir sind keine besonders schlagkräftige Truppe, nicht wahr?«, sagte er, als er zurück zum Feuer kam und sich wärmte. Immer wieder lauschte er nach innen, ob nicht doch ein Schmerz dort lauerte, aber es war vorbei. Wirklich vorbei. »Tamron bleibt bewusstlos, Euch plagen Anfälle von Blindheit, und ich bin in meiner Angst gefangen wie ein Kaninchen in seinem Bau, wenn alle Ausgänge durch einen Erdrutsch verschüttet wurden.« Dankbar fühlte er die Sonne auf dem Gesicht. Die kitzelnden Strahlen vertrieben auch noch den letzten Schrecken des Alptraums.
»Gut erkannt«, bemerkte Angmor. Er reichte Rowarn einen dampfenden Becher. »Ich werde weiterhin versuchen, uns zu schützen, aber das wird meine Kräfte umso schneller versiegen lassen und die Anfälle verstärken. Es ist nicht mehr weit, aber ich muss mich auf dich verlassen können. Wirst du das schaffen?«
Rowarn nickte. »Ja, Herr. Ich werde lernen, meine Angst zu beherrschen. Heriodon wird mich nicht mehr erreichen können.«
»Glaub endlich an dich, Junge. Du bist mutig und stark, und ... gut. In dir ist nichts Schlechtes. Wie könnte es auch.«
»Ihr meint, mit meiner dämonischen Hälfte?«
»Ich meine, mit deiner naurakischen Hälfte. Warum lässt du es zu, dass sie zurückgedrängt wird und schwächer ist? Umgekehrt sollte es sein! Die Dämonen in dir schaffst du dir ganz allein, Rowarn. Und damit verleugnest du alles, was du vorher gewesen bist: Ein intelligenter junger Mann mit Herzenswärme, der von den Velerii aufgezogen wurde. Warum sehen wohl die anderen das Gute in dir?«
»Seht Ihr das auch?«, flüsterte Rowarn. »Ihr seid der Einzige, der alles über mich weiß. Seid ehrlich zu mir.«
Angmor hielt für einen Moment inne und richtete die Augenschlitze auf ihn. »Ich habe dir alles gesagt.« Streng fügte er hinzu: »Zweifle nicht daran!«
Graum schlich auf Samtpfoten herbei und drückte sich schnurrend an Rowarn.
»Außerdem wärst du längst tot, wenn ich der Überzeugung wäre, dass du der Finsternis verfällst«, fügte Angmor nach einer Weile gelassen hinzu. »Bestrafe dich also nicht für etwas, das du nicht getan hast und nie tun wirst.«
»Ja, Herr«, sagte Rowarn; eingeschüchtert, verwirrt und seltsam froh.
Zum Frühstück gab es die Reste vom Vortag. Rowarn bot dem Visionenritter nichts an, weil er schon wusste, dass der ablehnen würde. Vermutlich war Angmor vor Mitternacht zu sich gekommen und hatte sich irgendwie versorgt. Wer wusste schon, was er benötigte?
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