Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
gelingt.«
Der junge Ritter war zutiefst beunruhigt. »Habt Ihr keinen Hinweis bekommen? Etwas, woran man ihn erkennen kann?«
Angmor schüttelte langsam das Haupt. »Nichts. Allein auf den Verräter aufmerksam zu werden, kostete Gríadan und mich schon fast alle Kräfte. Er kann sich entweder selbst hervorragend tarnen, oder er wird von Femris mit ausreichendem Schutz versehen. Wenn wir ihn nicht rechtzeitig finden, wird er großes Unglück über uns bringen.«
Für eine Weile herrschte Schweigen. Dann sagte Angmor eindringlich: »Rowarn, du musst mir hier und jetzt schwören, dass du mit niemandem darüber sprechen wirst, nicht einmal mit Noïrun.«
»Habt Ihr ihn etwa im Verdacht?«, brauste Rowarn auf.
Der Visionenritter hob beschwichtigend die Hand. »Selbstverständlich nicht. Aber du musst die Suche allein mir überlassen. Ich habe es dir nur deshalb gesagt, weil es dich betrifft.«
»Mich?«
»Junge, bist du über Nacht zum Tölpel geworden? Du bist der Erbe von Ardig Hall! Wenn der Verräter das herausfindet, ist dein Leben keinen Fingernagel mehr wert. Deshalb sei ständig auf der Hut, halte Augen und Ohren offen. Doch du musst schweigen, das ist von höchster Wichtigkeit. Also schwöre es mir.«
»Ich ...«
»Schwöre!«, donnerte Angmor, dass es Rowarns Innerstes erschütterte und die Tischplatte zum Vibrieren brachte, und er stotterte erschrocken: »Ich ... ich schwöre, Herr. Ich werde schweigen.«
»Du wirst es bereuen, wenn du diesen Schwur brichst. Also halte dich daran.«
Rowarn straffte sich stolz. »Ich bin Ritter, Herr, und habe Ehre. Wenn ich schwöre, bin ich daran gebunden, bis Ihr mich davon freigebt. Zweifelt nicht daran!«, gab er Angmor seine eigenen Worte empört zurück.
»Nun gut«, brummte Angmor und gab sich damit zufrieden. »Beenden wir das Thema.«
Rowarn war das nur allzu recht. Er wollte jetzt nichts von düsteren Visionen und nebulösen Verrätern wissen, sondern sich noch ein wenig Seelenruhe bewahren. Er goss sich und dem Visionenritter Tee nach. »Ihr habt sicher schon gegessen, hoffentlich auch von diesem köstlichen Honig. Ich dachte bisher immer, der Honig von Weideling wäre der beste, aber dieser hier ...«
»Ich habe Mimi schon darum gebeten, uns ein wenig davon mitzugeben, einschließlich eines Schlauchs Honigtau. Greif zu, Junge, du scheinst es brauchen zu können. Nach all den Torheiten, die du heute bereits von dir gegeben hast, scheint das Blut aus deinen Lenden noch nicht ganz in deinen Verstand zurückgekehrt zu sein.«
Rowarn war verdutzt über diese unverblümte Anspielung, entschloss sich aber, nicht darauf einzugehen. Das ging Angmor schließlich überhaupt nichts an. Und wahrscheinlich hatte er es sowieso ganz anders gemeint. Rowarn konnte sich den Visionenritter beim besten Willen nicht in Verbindung mit körperlichen Genüssen vorstellen. »Ich fühle mich sehr gut, Herr.«
»So? Bist du überhaupt in der Lage, weiterzureiten?«
Rowarn merkte, wie ihm das Blut ins Gesicht stieg. »Selbstverständlich. Warum denn nicht?«, fragte er gereizt.
»Nun, ich hatte nicht den Eindruck, dass du letzte Nacht viel geschlafen hast.«
Also doch. Rowarn wurde knallrot, das konnte er fühlen, und war froh, dass Angmor es nicht sehen konnte. »Woher wisst Ihr ...«, stieß er verlegen hervor.
Der Visionenritter stieß ein Geräusch aus, das Rowarn als Lachen deutete. »Mein Zimmer lag neben deinem. Es war nicht zu überhören, welches Vergnügen du Mimi bereitet hast.«
Rowarn sah sich nach einem Mauseloch um, in dem er verschwinden konnte, doch er fand keines. In den feinen Mosaikmustern gab es keine einzige Lücke, alles war ein einziges harmonisches Bild. Bis auf den Umstand, dass der Visionenritter, sonst so düster und distanziert, sich über ihn amüsierte. Rowarn hätte ihm das nie und nimmer zugetraut. Wahrscheinlich hatte er letzte Nacht dem Honigtau allzu ausgiebig zugesprochen, und das erklärte seine Verfassung heute Morgen – er war verkatert, nicht blind, und wusste nicht recht, was er sagte. »Also, Herr ...«, protestierte Rowarn schockiert und sprang auf. »Ich glaube, ich sollte besser meine Sachen packen.«
»Ja, wir müssen aufbrechen«, stimmte der Visionenritter zu, aber Rowarn glaubte immer noch, ein verstecktes Lachen in seiner Stimme zu hören. »Und verabschiede dich von Gríadan.«
Vielleicht hatte Angmor ihn auch nur von düsteren Gedanken ablenken wollen; wenn es so war, war es ihm jedenfalls ausgezeichnet gelungen.
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