Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
zu bleiben, um den Dubhani aus dem Weg zu gehen. Zwei Mondwechsel werden sie daher unterwegs sein, aber gewiss nicht zu spät kommen. Die Pferde sind bereits gut ausgebildet, sie benötigen nur noch den letzten Schliff, um als Schlachtrösser eingesetzt zu werden. Die Rekruten sind unerfahren, aber ich denke, es sind treue, kräftige und brave Burschen und ein paar junge Frauen, die schnell lernen. Ich soll dir auch Grüße von Jelim ausrichten. Natürlich wollte sie die Herde begleiten, aber das lassen wir nicht zu, ihre Umstände sind schon viel zu weit fortgeschritten. Du kannst dir sicher vorstellen, welche Trauer ihre Ankunft bei Rayems Eltern ausgelöst hat. Aber sie haben Jelim wie eine Tochter bei sich aufgenommen. Das Enkelkind ist ein Trost für sie, und sie können die Niederkunft kaum mehr erwarten. Ich denke, in zwei Mondwechseln ist es soweit. Jelim ist übrigens dabei, eine Stadtwache aufzustellen, falls die Kriegswirren bis nach Inniu vordringen sollten. Es sind überall marodierende Banden unterwegs, wie du sicher weißt, und zudem die Truppen, die nach den Hütern der verbliebenen Splitter suchen. Doch mach dir keine Sorgen um uns, wir können Weideling verteidigen, und Jelim hat die jungen Mannen gut im Griff.
Lieber Ziehsohn, aus der Ferne senden wir dir unsere Grüße. Geh deinen Weg und glaube an dich.
Lúvenors Licht sei mit dir!
In Liebe
Schneemond und Schattenläufer
NS: Ich hoffe, der Falke verliert unterwegs nicht das Weidenöl. Es sind nur ein paar Tropfen, aber Arlyn kann sie bestimmt brauchen. Sollte er das Öl nicht mehr bei sich tragen, hast du die Erlaubnis, ihn zu rupfen und zu braten.
Rowarn las den Brief zweimal, während seine Finger mit dem kleinen Fläschchen Weidenöl spielten, das der Botenfalk wohlbehalten mitgebracht hatte. Immer wieder musste er schmunzeln, zugleich fühlte er tiefe Wehmut. Er sah auf, als Arlyn hereinkam. »Setz dich zu mir, ich habe etwas für dich.« Er reichte ihr das Weidenöl, das sie mit aufleuchtenden Augen entgegennahm, und las ihr den Brief laut vor. Mehrmals lachte Arlyn erheitert auf.
»Sie haben mir – aber auch dir ein äußerst großzügiges Geschenk gemacht«, bemerkte sie zum Schluss. »Zweihundert edle Pferde, damit kann man schon eine kleine Grafschaft kaufen, mitsamt einer Burg.«
»Besitze ich schon, wenngleich ein bisschen heruntergekommen«, meinte Rowarn mit einem schiefen Grinsen. »Aber ich bin wirklich sehr gerührt darüber, das hätte ich nie erwartet. Damit können wir die Reiterei ganz neu aufbauen, und später ... ach, soweit will ich noch nicht denken. Wer weiß, was aus mir wird. Ich kann mir noch nicht recht vorstellen, für den Rest meines Lebens König von Ardig Hall zu sein. Vielleicht gehe ich erst einmal fort wenn alles vorbei und Frieden eingekehrt ist.«
Sie blinzelte kurz, sagte jedoch nichts.
Eine Weile herrschte unruhiges Schweigen zwischen ihnen, das nah an Verlegenheit grenzte. Rowarn überflog deshalb noch einmal den Brief, und Arlyn betrachtete sinnend das kostbare, völlig farblose Öl. Mit diesem Fläschchen könnte sie ein Fürstentum kaufen. Oder hundert Leben retten. Rowarn runzelte die Stirn und rieb sich den Nasenrücken, als seine Gedanken diese Richtung nahmen.
»Rowarn, wir müssen reden«, sagte die Lady in diesem Augenblick, als hätte sie seine Gedanken erraten, und sah ihn fest an.
»Also gut«, murmelte er, wich dem eindringlichen Blick ihrer goldenen Pupillen aber aus. Davor fürchtete er sich schon die ganze Zeit und war ihr deswegen aus dem Weg gegangen. Er wollte nicht darüber sprechen, doch er wusste, die Lady würde diesmal nicht locker lassen. Also blieb er sitzen, besorgt und angespannt.
»Dieses Öl«, fuhr Arlyn ohne Umschweife fort, »ist nicht für Noïrun bestimmt.« Sie sprach mit ruhiger Stimme, aber dennoch schonungslos. »Ich kann ihm nicht mehr helfen. Er wird sterben. Vielleicht nicht in den nächsten beiden Tagen, aber innerhalb der nächsten zehn. Nur sein Wille hält ihn noch am Leben, doch eines Tages wird er auch dafür nicht mehr genug Kraft haben. Seine Verletzungen sind zu schwer, und wir können die Blutungen nicht stillen. Bald wird er nichts mehr zu sich nehmen können, und dann wird es nicht mehr lange dauern. Ich gebe ihm Schmerzmittel in Dosierungen, die ich eigentlich nicht verantworten kann, aber das spielt keine Rolle mehr.«
Rowarn schluckte schwer, seine Kehle war wie zugeschnürt. Er fühlte sich innerlich auf einmal ganz leer. »Ich
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