Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
»Woher willst du wissen, dass er sich wirklich endgültig der Finsternis zugewandt hat?«
»Angmor befürchtet, und er ist nicht der Einzige, auch Halrid Falkon ist der Ansicht, dass Femris mit dem Tabernakel den Schwarzen Annatai, den Herrn des Flammenthrons nach Waldsee holen will. – Keine Angst, ich spreche seinen Namen nicht aus«, setzte er eilig hinzu, als er sah, wie Graums Fell sich sträubte.
Graums lange Pinselohren zuckten. »Das wäre …«, setzte er zischend an, und Rowarn hob die Hand.
»Nun siehst du. Solange diese Möglichkeit besteht, solange werde ich alles tun, um Femris das Tabernakel vorzuenthalten, egal wie sehr ich mich damit ins Unrecht setze. Denn das kann nicht Erenatars Plan gewesen sein.«
»Dann wird es wohl auf eine letzte Auseinandersetzung zwischen dir und ihm hinauslaufen, für die du eine Menge Kräfte brauchst«, sagte Graum. »Ich möchte nicht in deiner Haut stecken, junger König von Ardig Hall, nein, das will ich wirklich nicht.«
Er wandte sich zum Gehen, doch unterwegs rief er noch etwas zurück. »Aber ich werde mein Fell für dich geben, Rowarn, und an deiner Seite bleiben, bis zum Schluss.«
»Danke«, murmelte Rowarn und war nicht sicher, ob er nicht doch lieber selbst der Zwiegespaltene hätte sein wollen. Statt leichter, war durch Graums Worte alles noch schwerer geworden.
Aber das half ihm nichts, er konnte nicht mehr zurück, er trug die Verantwortung. Zunächst galt es, diesen unseligen Krieg zu beenden.
Jeden Tag wartete er auf Nachrichten der Botenfalks, und seine Hände zitterten vor Aufregung, als er endlich einen Brief seiner Zieheltern erhielt. Er erkannte sofort Schneemonds geschwungene Handschrift, völlig gleichmäßig, als wäre jedes Wort gezeichnet. Er suchte sich eine stille Ecke in der Gaststube, erbrach das Siegel und las angespannt.
L ieber Sohn,
deine Muhmen grüßen dich.
Weideling ist still ohne dich, und wir vermissen dich sehr. Vor allem jetzt im nahenden Winter werden uns die langen Abende bei Kerzenschein und Geschichten fehlen. Es mag seltsam anmuten, aber bei keinem unserer Fohlen war der Trennungsschmerz so groß. Velerii-Kinder sind ja von Anbeginn recht selbstständig, mit dir aber war es etwas ganz Anderes, für dich waren wir zwanzig Jahre jeden Tag da, haben dich behütet und umsorgt.
Schattenläufer und ich haben uns jedenfalls entschlossen, noch ein Fohlen zu bekommen. Wir wollen wieder Kinderlachen und Fröhlichkeit um uns haben. Im übernächsten Frühling wird es soweit sein. Ich bin sicher, dass unser Kind dann schon in eine neue Zeit des Friedens geboren wird.
Glaube nicht, dass die Veränderungen unbemerkt an Inniu vorüberziehen. Wir verfolgen voller Bangen und Hoffen, wie sich die Lage immer mehr zuspitzt, und sind um jede Nachricht dankbar.
Wir freuen uns daher über deinen langen Brief, der uns aber auch zutiefst erschüttert hat und uns seit Tagen beschäftigt. Lass dir aber vor allem anderen gesagt sein: Wir sind sehr stolz auf dich. Was du mit deinen jungen Jahren bereits geleistet hast, ist kaum vorstellbar. Du bist ein wahrer und würdiger Erbe von Ardig Hall, und wir hoffen, dass du auch in deinem Herzen bereit bist, die Königswürde anzunehmen. Du hast ja geschrieben, dass du dein Erbe annehmen willst – aber du scheinst noch nicht sicher zu sein, ob du es auch bewältigen kannst. Sei guten Mutes! Wir haben unser Bestes gegeben, um dich auf diese Aufgabe vorzubereiten. Schattenläufer würde es natürlich nie zugeben, aber er hat ein wenig feuchte Augen bekommen, als er von deinen Heldentaten erfuhr.
Womit wir allerdings schwer zu kämpfen haben, ist die Neuigkeit über deinen Vater. Bitte verzeih uns, dass wir hier nicht näher darauf eingehen werden. Dazu müssen wir uns erst fassen. Vielleicht werden wir eines Tages darüber reden können, wenn wir uns wiedersehen.
Kommen wir nun zu deiner Bitte. Wir haben bereits zweihundert gute Pferde zusammengetrieben, denn fünfzig werden euch nicht reichen. Diese Pferde gehören dir, Rowarn. Sieh sie als Geschenk von Weideling an den König von Ardig Hall an. Ein paar neue Rekruten aus dem Hinterland, die letzten Frühling noch nicht mit konnten, werden die Herde direkt nach Eisenwacht ins neue Heerlager treiben. Sie werden gewiss noch im Winter dort eintreffen, allerdings werden sie die Nordostpassage nehmen, also nicht den Weg, den ihr damals nach Ardig Hall eingeschlagen habt. Wir halten es für sicherer, so nah wie möglich an den Grenzen Gandurs
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