Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
Runde, als aus einem angrenzenden Gatter eine Muttersau mit ihren fünfzehn quirligen, fröhlich quiekenden Ferkeln ausbrach, was wiederum in mehreren Hunden die Wolfsnatur weckte. Lärmendes Chaos war die Folge, bis einige Soldaten aus Fürst Noïruns Schar unter Gelächter eingriffen und der Jagd ein schnelles Ende bereiteten.
Dies alles geschah jedoch eher am Rande. Zur Mitte hin wurde es ruhiger, fast bis zum Stillstand.
Die Häuser erhoben sich in unverrückbarer Ruhe gegen den trüber werdenden Himmel. Außerhalb des Lichtscheins der Lampen und Fackeln warfen die Bauwerke lange Schatten, die jedoch nichts Bedrohliches hatten, sondern die tagsichtigen Menschen allmählich zum Innehalten brachten. Die Blicke richteten sich zusehends aufmerksam zur hell erleuchteten Mitte des Platzes, und der Ausschank wurde eingestellt.
Rowarn spürte fast körperlich die merkwürdige Stimmung, die nun über der Stadt lag. Nur sehr selten kamen alle Bürger Madins, die Einwohner von Weideling und auch der Fischer und der Köhler samt Familienangehörigen auf diese Weise zusammen. Entsprechend verunsichert waren die Menschen. Was von dieser Versammlung zu halten war, wusste niemand so recht, und was zu erwarten war, noch weniger.
Die Blicke, die man dem Fürsten zuwarf, waren größtenteils misstrauisch und besorgt. Immerhin kam es nicht alle Tage vor, dass eine schlagkräftige Kriegertruppe hier auftauchte und plötzlich die Dinge in die Hand nahm. Und nicht nur das: Überall war die Kunde verbreitet worden, dass Rekruten gesucht wurden, um als Streiter für den Regenbogen im Land Valia zu dienen.
Lediglich die beiden Velerii wirkten so entspannt wie immer. Aber das war auch kein Wunder. Nach dem Wenigen, was Rowarn mit der Zeit über sie erfahren hatte, mussten sie annähernd zweitausend Jahre alt sein, wenn nicht mehr. In einer derart langen Zeitspanne hatten sie so viel erlebt, dass sie vermutlich nichts mehr überraschen konnte, geschweige denn aus dem Gleichgewicht bringen.
Und wahrscheinlich hatten sie sich vor dem Aufbruch hierher einige Zeit im gestreckten Galopp über die Hügel ausgetobt.
Rowarns Blicke suchten und fanden Rubin und Malani in der Menge. Einen kurzen Moment zögerten alle drei, dann winkten sie sich gegenseitig zu, und die beiden Mädchen lächelten. Rowarn spürte, wie ihm ein Stein vom Herzen fiel. Diese beiden glaubten nach wie vor an ihn. Auf einmal fühlte er sich fast befreit.
Morwen, die neben ihm stand, stieß ihn leicht in die Seite. »Schwerenöter«, zischelte sie leise, über beide Ohren grinsend.
»Mumpitz«, gab Rowarn errötend zurück. »Außerdem geht dich das gar nichts an.«
»Dem stimme ich zu. Was sollte ich mit einem um so viel jüngeren Grünling wie dir auch anfangen?«
»Klappe.«
»He, ihr zwei«, fauchte Olrig dazwischen. »Schluss mit dem Geplänkel, hier geht es um ernste Dinge.«
Morwen zuckte die Achseln, verschränkte die Arme vor der Brust und richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Fürsten. Rowarn wich Olrigs funkelndem Blick aus und tat es ihr gleich.
Fürst Noïrun begann eine allgemein gehaltene Ansprache, in der er sich für die Gastfreundschaft bedankte und für die Neuigkeit, dass die ersten Rekruten bereits hierher unterwegs waren. Um die Versammelten von vornherein zu beruhigen, kündigte er an, schon in wenigen Tagen wieder abzureisen. Sollte später noch jemand beschließen, nach Valia zu gehen, würde er der Schar folgen müssen. Ardig Hall war kaum zu verfehlen, denn es lag fast im Zentrum von Valia.
Tatsächlich zeigte sich Erleichterung auf einigen Gesichtern. Sollte der Krieg dort bleiben, wo er hingehörte: möglichst weit weg von Inniu. Rowarn konnte es den Leuten nicht verdenken; dies war einer der Gründe, warum sie in dem abgeschiedenen Tal lebten, von dem kaum jemand wusste.
Doch ganz verschließen durfte man die Augen auch nicht. Das hatte sich in diesem Frühjahr deutlich gezeigt.
Rowarn zuckte zusammen, als er plötzlich seinen Namen hörte. Der Fürst hatte sich ihm zugewandt und winkte ihm. »Komm her, Rowarn.«
Er beeilte sich, der Aufforderung nachzukommen, und fühlte viele Blicke auf sich gerichtet, als er neben den Fürsten trat, der ihm die Hand auf die Schulter legte.
»Ich weiß, was die braven Bürger Madins in den letzten Wochen durchgemacht haben«, sprach Noïrun laut und vernehmlich in die Runde, wobei er sich leicht drehte. »Und ich weiß auch, dass man einen Schuldigen am ehesten unter denjenigen sucht, die man
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