Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
winkte der Schankmaid, noch zwei Winterbier zu bringen. Rowarn beobachtete unauffällig die Warinen, die schweigend ihre Mahlzeit verzehrten. Draußen war es inzwischen dunkel, und Eisblumen wuchsen am Fenster.
Graum blickte kurz auf, als durch die geschlossene Tür ein kurzes Poltern drang, das jeder andere im Raum geflissentlich überhörte. Der Wirt war schon eine ganze Weile draußen.
»Ich muss mal kurz raus«, sagte Rowarn daraufhin zu Olrig. »Warte mit Graum hier, ich bin gleich zurück. Du könntest derweil heißen Punsch und kandierte Früchte bestellen.«
Der Schattenluchs blinzelte zu ihm hoch und miaute leise.
»Ein paar Augenblicke kann ich wohl allein sein, oder?«, brummte Rowarn. »Was sollte mir da schon passieren.«
Der Zwerg sagte nichts, sondern beschäftigte sich mit seiner Pfeife.
Ohne die Warinen eines Blickes zu würdigen, ging Rowarn an ihnen vorbei nach draußen und schloss die Tür hinter sich. Im Vorraum war niemand, auch auf der Treppe nicht. Rowarn lauschte und glaubte dann, im hinteren Bereich, durch eine halb offenstehende Tür, ein Geräusch zu hören. Es klang wie ein schmerzliches Wimmern. Langsam schlich er sich näher heran. Weitere Laute, ein unterdrücktes Knurren. Dann konnte Rowarn die zitternde Stimme des Wirtes erkennen.
»W-wenn ich euch doch sage … Ich kann nicht mehr zahlen ... Kaum jemand macht mehr Rast, und wer hier lebt, hat kein Geld mehr, um in meine Schenke zu gehen ...«
»Weleb, Weleb, das stimmt mich traurig.« Eine krächzende, eiskalte Stimme. »Was tun wir nicht alles für dich. Wir beschützen dich vor marodierenden Banden, sorgen dafür, dass du nicht ausgeraubt wirst, dass dieser armselige Flecken, auf den du so stolz bist, nicht in Flammen aufgeht, und so dankst du es mir?«
»Aber ...«
Ein klatschendes Geräusch, gefolgt von schmerzlichem Wimmern.
Rowarn stieß die Tür auf. »Heda, Wirt, seid Ihr hier irgendwo? Ich suche nach ... oh, komme ich ungelegen?«
Mit einem raschen Blick erfasste er die Lage. Zwei Männer, die den Gastwirt in der Zange hatten. Keine Warinen, sondern Menschen. Söldner, Habenichtse in Friedenszeiten, die sich auf diese Weise zu bereichern trachteten. Die gab es auf beiden Seiten, doch Rowarn war froh, dass sie das Wappenhemd des zerbrochenen Tabernakels trugen.
Welebs Gesicht war blutüberströmt, ein Auge zugeschwollen, die Nase ein blutiger Klumpen. Sie hatten den armen Mann übel zugerichtet. Auf dem rissigen Holzfußboden unter seinen Füßen breitete sich ein feuchter Fleck aus und Rowarn stieg der beißende Geruch nach Urin in die Nase.
Die beiden Söldner ließen ihr Opfer los und wandten sich Rowarn zu; sie mussten schon lange unterwegs sein, ohne festes Lager, denn sie wirkten heruntergekommen, die Bärte wucherten wild, die Haare waren lang und ungepflegt. Ihre Augen waren kalt und leblos, und ihr Gebiss zeigte Lücken und braune Stumpen, als sie Rowarn angrinsten. Auch ihre Rüstungen waren ungepflegt, die Wappenhemden fleckig und löchrig.
»Wem hast du denn das Wappenhemd geklaut, Kleiner?«, sagte der Mann mit der krächzenden Stimme, und der andere lachte hohl.
»Ein größenwahnsinniges Bürschlein, das sich für einen Helden hält.«
Langsam gingen sie auf Rowarn zu.
»Bei den Göttern, junger Herr, es ist alles in Ordnung, geht ruhig wieder zurück in die Stube, ich komme gleich und bringe Euch alles, was Ihr wünscht!«, rief der Wirt verzweifelt.
»Das übernehmen wir schon, Weleb«, sagte der zweite Mann. »Den edlen Recken Ardig Halls sind wir doch immer gern behilflich.«
»Bitte, bitte, nicht hier drin ...«, flehte der Wirt. »Es ist alles, was ich habe ...«
»Ihr habt euren Gastgeber gehört«, sagte Rowarn. »Gehen wir raus, dann höre ich mir gern an, wobei ihr mir behilflich sein wollt.« Hier drin auf engem Raum war sein Schwert ohnehin nutzlos.
»Mir gefällt deine Rüstung«, sagte der Krächzende.
»Und mir deine Stiefel«, setzte der andere nach.
Rowarn wich langsam durch den Gang zurück, und die beiden folgten ihm. Er tastete nach dem Türgriff, die Kälte traf ihn wie ein Schlag in den Rücken, als er die Tür öffnete. Ihn schauderte es, und beinahe hätte er dem eisigen Druck nachgegeben; es war Dummheit, so ungeschützt in die Kälte hinauszugehen. Andererseits wäre der dicke Winterumhang im Kampf hinderlich gewesen. Er musste es einfach schnell hinter sich bringen, dann konnte er wieder zurück ins Warme.
Er hatte kaum einen Schritt nach draußen gesetzt,
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