Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
hob die Waffenhand zum Gruß. »Hauptmann Javig!«
Der jüngere Mann hob ebenfalls die Hand und lächelte. »Kriegskönig Olrig, welch eine Freude, Euch wiederzusehen – aber ausgerechnet jetzt im Winter?«
»Manche Dinge dulden keinen Aufschub«, versetzte Olrig und wies auf Rowarn. »Dies ist Rowarn von Ardig Hall, der Baron Solvan seine Aufwartung machen und sein Heerlager besichtigen möchte.«
»Gewiss, der Stellvertretende Heermeister Felhir ist bereits in Kenntnis gesetzt worden und wird heute Abend an der Tafel teilnehmen«, sagte der Hauptmann und neigte leicht den Kopf in Rowarns Richtung. »Eine noch größere Freude wäre es gewesen, auch Fürst Noïrun zu sehen, aber dies ist wohl eine vergebliche Hoffnung …«
»In der Tat, Hauptmann, und weitere Fragen in dieser Richtung werden wir nicht beantworten.« Olrig trieb den Schimmel an, und sie setzten den Weg fort, flankiert von der Burggarde.
Rowarn konnte die neugierigen Blicke spüren, mit denen er bedacht wurde, genau wie der Schattenluchs, der flink neben Windstürmer herlief. Es war sein erster offizieller Besuch bei einem befreundeten Burgherrn, und Rowarn fragte sich, ob tatsächlich noch nicht einmal ein Jahr vergangen war seit seinem Aufbruch von Weideling, als Olrig ihn Einfach-nur Rowarn Nichts-weiter nannte.
Schließlich erreichten sie eine Hügelgruppe, die einen imposanten Ausblick auf ein Flusstal bot, in dessen Zentrum sich eine mächtige Trutzburg erhob, umgeben von einer Außenmauer, die sich über zwei Acker Land erstreckte, mit vielen Wehrgängen, Zinnen und Türmen. Auf dem höchsten Turm in der Mitte flatterte eine große Fahne. Das Burgtor mit Zugbrücke und hochgezogenem Fallgitter allein war so groß wie ein Haus, und das Wohngebäude des Barons besaß vier Stockwerke mit überdachten Außengängen und Balkonen.
Die Menschen liefen zusammen, als die Gäste über die breite, vom Schnee befreite Burgstraße geleitet wurden. Die unteren Wehrgänge waren durchwegs mit Soldaten besetzt. Windstürmer spitzte die Ohren, seine großen dunklen Augen funkelten lebhaft. So ein Aufgebot gefiel ihm gut, und er schritt schwungvoll aus und wölbte den Hals.
Innerhalb der äußeren Burgmauer fand sich eine kleine Marktsiedlung mit dicht gedrängten Häusern, die Handwerk und Geschäft beherbergten; im Sommer gab es sicher auch Schausteller und Theater.
Die innere Burganlage war durch einen zweiten Graben und eine Mauer abgegrenzt, hier lebte der Baron mit seiner Familie und dem Hofstaat. Der Zugang wurde schwer bewacht, auf der schmalen Brücke hatte nur ein Pferd Platz. Dröhnend schlugen die Pferdehufe aufs Holz, als sie in einer langen Reihe durch das zweite Tor ritten. Sofort kamen Stalljungen angerannt, die die Pferde in Empfang nahmen.
Rowarn sah sich staunend um; der Außenbereich um die Burg war wie ein Park gehalten, und er sah überall an den Wegen, Bögen und Kreuzungen Statuen herumstehen, wundervolle, lebensecht aussehende Fabelwesen und Gestalten Alter Völker. Sie alle trugen die unverwechselbare Handschrift des Velerii Schattenläufer; die eine oder andere Figur erkannte Rowarn sogar aus frühen Kindertagen wieder. Er konnte es kaum glauben.
Rowarn und Olrig saßen ab; Graum blieb an Rowarns Seite. Eine Portaltreppe führte in das Hauptgebäude der Burg, und oben erschien soeben ein mittelgroßer Mann in einem kostbaren Gewand aus golddurchwirktem dunklem Samt. Dazu trug er Seidenstrümpfe, knöchelhohe Schnallenschuhe und einen breiten Leibgürtel, der den Ansatz eines Bauches nicht verbergen konnte. Er war unbewaffnet. Lachend breitete er die Arme aus und rief: »Vetter Olrig, alter Freund, der goldene Ushkany ist schon abgefüllt und erwartet dein kenntnisreiches Urteil! Es ist viel zu lange her, doch ich sehe mit Freude, dass dein Bauch nichts von seinem Umfang verloren hat.«
Rowarn schätzte den Mann auf Anfang Fünfzig, in seine langen dunklen Locken hatten sich graue Fäden geschlichen, und sein faltenreiches Gesicht zeigte, dass er es verstand, das Leben lachend zu genießen. In seinen hellbraunen Fuchsaugen lagen Schalk und Schläue, und er schien große Auftritte zu lieben. Es lag jedoch auch echte Herzlichkeit in seinem Lächeln. Rowarn mochte ihn sofort.
Die beiden Männer umarmten sich freundschaftlich, und dann wurde Rowarn zusammen mit Graum vorgestellt.
Solvan richtete die Fuchsaugen auf ihn, und Rowarn wusste sofort, dass dieser Mann sich nichts vormachen ließ. Der Baron verneigte sich
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