Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
auf Ritterlichkeit und hohen Adel schließen. Jemand wie Ihr würde sich kaum zufällig hierher verirren.« Der Händler hielt ihm den honigduftenden Apfel hin. »Bitte, nehmt ihn an, Ihr seht hungrig aus, und ich will mir nicht nachsagen lassen, einen Edelmann auf Qestüre zum Darben verurteilt zu haben, sodass er zu schwach war, weiter seiner Fahrt nachzukommen.«
Rowarn nahm lächelnd und dankend an und biss hungrig in die süße Frucht. Eine wundervolle Abwechslung nach der eintönigen Reisekost der letzten Tage, und sie spendete ihm augenblicklich neue Energie. Immer noch kauend, wies er um sich. »Eine reiche Stadt mit goldenen Dächern. Gibt es da nicht viele Neider?«
Der Händler schmunzelte. »Es ist kein Geheimnis, wie sicher Ganduria allein schon durch seine Lage ist. Es gibt nur einen offenen Weg hierher. Keiner kann sich ungesehen nähern und überraschend einfallen, falls er überhaupt unbeschadet den Pfad ins Tal findet. Abgerichtete Wächtervögel haben zudem ständig das Land im Auge. Wir kennen diese Berge besser als unsere eigene Westentasche, die Stadt ist schnell geräumt, wenn es sein muss. Wenn jemand das Gold von den Dächern stehlen will – soll er es doch versuchen. Notfalls machen wir eben neue. Ein solcher Raub würde ohnehin keinem Glück bringen. Unser Volk steht seit Anbeginn der Welt unter dem Schutz Lugdurs des Listenreichen.« Sein faltenreiches Gesicht verfinsterte sich. »Und die Abtrünnigen werden sich davor hüten, das Schutzgebiet unseres Gottes zu betreten.«
Rowarn nickte, das konnte er sich gut vorstellen. Er erinnerte sich, wie Olrigs freundliches Gesicht sich zur Fratze des Hasses verzerrt hatte, als sie auf dem Weg nach Ardig Hall den Warinen das erste Mal begegnet waren. »Sagt, wäre es möglich, eine Audienz bei Hochkönig Jokim zu erhalten?«
»Eine Audienz?«, prustete der Händler. »Aber gewiss, edler Herr. Geht einfach weiter ins Zentrum, dort seht Ihr sein Haus – am Dach werdet Ihr es erkennen, aber auch an der Größe.« Er hob grüßend die Hand. »Lugdur sei mit Euch.«
Rowarn verspeiste genüsslich den Apfel, während er weiterging. Fast fühlte er sich an Madin erinnert; niemand hatte es hier eilig, die Stimmung war ausgeglichen und heiter. Natürlich hatte Ganduria ein Vielfaches mehr an Einwohnern, wahrscheinlich war die Stadt sogar noch größer als Ennishgar, selbst wenn man die Bebauung in die Höhe nicht mitrechnete. Und die Stadt konnte sich selbst versorgen, ohne auf die Hilfe von außen angewiesen zu sein. Das bedeutete, alles, was die Zwerge nach Valia auf die Märkte trugen, waren verzichtbare Überschüsse und förderte ihren Reichtum.
Hauptsächlich führten die Frauen die Geschäfte und betrieben die Märkte. Gleichzeitig beaufsichtigten sie ihre Kinder, die meist wie wilde Rangen zwischen den Ständen tobten und Fangen spielten. Rowarn sah rosige, lachende Gesichter mit Stupsnasen, hübsche und noch recht zierliche kleine Wesen in bunten Kittelchen und geschnürten Fellschuhen. Sie neckten die zum Verkauf stehenden Tiere und spielten den Erwachsenen Streiche, doch niemand regte sich darüber auf, die meisten lächelten gutmütig, es wurde höchstens einmal ein Klaps auf die Kehrseite ausgeteilt.
Was für ein wunderbarer, glücklicher Ort , dachte Rowarn staunend. Dann wird es wohl bei den Kúpir ganz ähnlich sein. Die Zwerge verstehen zu leben und mischen sich nicht in die Machtspiele und Ränke der anderen Völker ein. Sie bleiben für sich und gehen ihrem Tagwerk nach, ohne anderen etwas zu neiden. Sie sind märchenhaft reich, doch sie halten sich dennoch keine Sklaven, die alles für sie erledigen. Sie sind so ganz anders als jedes Volk, das ich bisher kennengelernt habe.
Schließlich erreichte er eine breite Prachtstraße, die schnurgerade zum Zentrum der Stadt verlief – auf ein großes bemaltes und juwelenverziertes Prachtgebäude zu. Das ausladende Dach war goldgedeckt, die Spitzen schwangen sich kühn nach oben. Auf einem Sockel an der Spitze des Daches war die Statue eines Zwerges zu sehen, der die Flagge der Gandur stolz in der hochgereckten Faust hielt.
Auf allen vier Seiten, an den Kanten miteinander verbunden, führte jeweils eine zehnstufige, sich nach oben verjüngende Portaltreppe zur Residenz des Zwergenherrschers hinauf. Nicht einmal hier konnte Rowarn Wachen erkennen, die Zwerge gingen einfach ein und aus oder saßen auf allen Seiten auf den Stufen verteilt, um kleine Köstlichkeiten vom Markt zu schmausen
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