Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
den Zwergen nicht zurückhaltend sein musste. Sie beurteilten einen Mann auch danach, wie viel er essen konnte – und natürlich nach seiner Trinkfestigkeit. Wobei Rowarn da nicht mithalten konnte, ein Glas Ushkany würde ihm schon reichen.
»Olrig hat Euch gut in die Sitten unseres Volkes eingewiesen«, stellte die Königin anerkennend fest. »Aber sagt mir – wie schafft Ihr es, so dünn zu bleiben, bei solch einem Appetit?«
»Das liegt vermutlich an meinen Eltern«, antwortete Rowarn befangen. »Aber ich kann das Kompliment an Euch zurückgeben, Eure Majestät. Ihr seid gewiss die außergewöhnlichste Zwergin von ganz Waldsee.«
»Ja, ich bin ein wenig aus der Art geschlagen, doch es gefällt mir so. Und mein Gemahl muss notgedrungen damit leben, doch ich entschädige ihn hinreichend dafür, denke ich.« Sie legte ihre Hand auf die Jokims und lächelte ihn spitzbübisch an, während ihre Pfirsichhaut von einem rosigen Schimmer überzogen wurde.
Einmal mehr war Rowarn von ihr hingerissen. Die Zwergenfrauen verstanden es mühelos, aus Männern lallende Idioten zu machen, die ihnen aus der Hand fraßen. Kein Wunder, dass sie die Herrschaft über Haus, Hof und den Handel innehatten, wer könnte ihnen schon widerstehen? Allmählich verstand er Olrig – warum der Freund immer wieder geheiratet hatte, auch wenn es offensichtlich jedes Mal schiefging. Aber das musste wohl an Olrig selbst liegen.
Dem Königspaar tat es offensichtlich gut, abgelenkt zu werden. Rowarn wusste aus den Lehren seiner Muhmen, dass man sich in einer verfahrenen oder aussichtslos scheinenden Situation am besten etwas ganz anderem zuwandte, um einen klaren Kopf zu bekommen. Ein paar Augenblicke wollte er ihnen noch gönnen, die er selbst brauchte, um wieder zu Kräften zu kommen. Außerdem genoss er es, dicht bei der Königin der Gandur sitzen zu dürfen.
Und es war kein Wunder, dass Esdrella solchen Eindruck auf ihn machte. Auch der gestandene König Jokim schien seiner Frau trotz vieler Jahrzehnte Ehe nach wie vor verfallen zu sein, denn wie sie ihn so ansah und seine Hand berührte, bekam er einen ganz abwesenden, verträumten Blick. Dann räusperte er sich und blinzelte. »Nun, wie Ihr sicher nicht übersehen konntet – das Volk der Gandur ist unverschämt reich. Bei uns gibt es keine Not. Die Kúpir verstehen sich auf die Bearbeitung von Metall, die Ennish stellen die besten und kostbarsten Stoffe her, aber wir haben die Edelsteine – und das Glas.« Er wies mit dem Daumen hinter sich. »Was Ihr am Rand der Berge gesehen habt, sind unsere Glasbläsereien und die Verarbeitungswerke für Edelsteine, die wir aus dem Inneren der Berge holen. Die Erzgewinnung und Bearbeitung überlassen wir Baron Solvan von Eisenwacht, damit geben wir uns gar nicht erst ab. Die Gandur sind trotz ihrer äußerlichen Grobschlächtigkeit Künstler in der Herstellung feinsten Glases und herrlichen Schmuckes. Damit handeln wir. Alles andere behalten wir meist selbst, nur ab und zu schicken wir auch Gewürze und Kräuter nach Ennishgar und holen uns dafür Waffen, Rüstungen und Stoffe.«
»Und Euer Ushkany?«, fragte Rowarn.
»Ah!« Jokims Augenfältchen vertieften sich. »Das, mein junger Freund, ist mein ganz eigenes Geschäft, das nur ich allein betreibe – sogar ohne meine Frau. Es ist meine große Leidenschaft, schon seit meiner Jugend, und die liegt schon ein paar Jahrhunderte zurück. Ab und zu verkaufe ich ein paar Fässer, die meisten an die Kúpir und Ennish, aber durchaus auch an den einen oder anderen Hof der Alten Völker oder an die Menschen. Deswegen ist mein Ushkany auch sehr teuer, denn ich stelle von einem Jahrgang nie besonders viel her, und selbst in meiner Halle wird er nicht jeden Tag kredenzt. Nun ja, eigentlich doch, aber nicht immer der beste oder zweitbeste Tropfen.«
»Kostbarer als Gold«, lächelte Rowarn. »Wäre es sehr vermessen, wenn ich Euch um ein kleines Fläschchen für Olrig bitten würde?«
»Selbstverständlich gebe ich Euch eines für den Poeten mit, und ebenso eins für Euch und Noïrun, den geehrten Freund der Zwerge. Ich habe da ein zartes Tröpfchen, zwölf Jahre alt, das genau das Richtige für den abendlichen Ausklang nach der Schlacht ist. Dieser Ushkany ist nicht der kostbarste meiner Tropfen, aber süffig, frisch und unverbraucht. Ihr werdet es feststellen, wenn Ihr ihn auf Eurer Reise einmal probiert. Ich habe übrigens bereits viertausend kräftige Zwerge nach Dubhan vorausgeschickt, die mit Axt,
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