Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
Stufe, da er den Blick gar nicht abwenden konnte.
»Jetzt verstehe ich, was du meintest«, grinste der junge Zwerg, als er Rowarn auf sich zukommen sah. »Du leuchtest wie ein Glühkäfer.«
»Ich glaube, das ist ein Erbe der Nauraka«, sagte Rowarn. »Mein Vater ist nämlich trotz seiner blauen Haut immer ziemlich finster.«
»Ich überlege gerade, ob wir überhaupt eine Fackel brauchen«, meinte Pyrfinn lachend.
»Was ist das für eine Geschichte mit dir und deinen Eltern?«, fragte Rowarn neugierig, als sie durch die Stadt gingen.
Zu dieser Zeit im frühen, noch kühlen Jahr waren die Straßen Gandurias verlassen. Laternen mit Sonnenkristallen verbreiteten ein tröstliches, warmes Licht.
»Ich bin das zehnte und – zumindest bisher – letzte Kind«, antwortete Pyrfinn. »Ich laufe gern, und es macht mir Spaß, unterwegs zu sein. Punktum.«
»Und Mirella?«
»Nummer neun, sie ist nur drei Jahre älter als ich. Die übrigen Brüder und Schwestern sind in Ennishgar bei den Kúpir oder führen in Ganduria ihre eigenen Geschäfte. Alle haben die Familie um viele weitere Köpfe vergrößert, bis auf Mirella und mich. Sie war die Letzte, die den Hof verlassen hat, deswegen hat es meine Eltern besonders tief getroffen, dass sie entführt wurde.«
Rowarn schüttelte den Kopf. »Ein wenig seltsam seid ihr schon.«
»Du hast nicht die geringste Ahnung, wie seltsam«, schmunzelte Pyrfinn. »Wie wär’s, bewegen wir uns schneller?«
Im leichten Trab liefen sie die verlassenen Straßen entlang. Hier und dort brannte ein Licht in einem Fenster, und Rowarn fragte sich, was dahinter wohl vor sich ging. Wurde der Tag beendet, oder begann bereits ein neuer? Vielleicht waren dort auch Liebende, die sich eng umschlungen hielten? Arlyn , dachte er sehnsuchtsvoll, was gäbe ich jetzt für einen Kuss von dir.
»Gefällt dir meine Mutter?«, erklang Pyrfinns Stimme in seinen Träumen.
»Äh ...«, machte Rowarn schuldbewusst, weil seine Gedanken sofort abschweiften.
Pyrfinn lachte. »Das geht allen so. Sie ist der Inbegriff der Weiblichkeit der Zwergenfrauen. Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass sie eine Gesandte Lugdurs ist. Denn seit sie Königin ist, lebt das gesamte Zwergenvolk in Frieden und Reichtum.«
»Hast du ... gewusst, dass sie eine Hüterin ist?«
»Bis vor kurzem nicht. Ich begriff es, als sie wissen wollte, was der König von Ardig Hall als nächstes tun wird. Da sagte ich ihr gerade heraus, dass du zu ihr kommen würdest.«
Rowarn nickte still. Es wunderte ihn nicht mehr, dass Esdrella einen Splitter hatte. Sie war eine Geheimnisträgerin und verfügte über eine urtümliche, bodenständige Macht, das hatte er schon bei der ersten Begegnung gespürt. Außerdem lebte sie sehr abgeschieden, hier war der Splitter gut geschützt. Femris würde niemals vermuten, dass ausgerechnet hier ein Bruchstück des Tabernakels zu finden war, denn jeder dachte nur an Ushkany, wenn von den Gandur die Rede war. Wahrscheinlich hatte der Unsterbliche die genussfreudigen Zwerge nie sehr ernst genommen.
»Wie ist Femris damals eigentlich an den zweiten Splitter gekommen?«, fragte er weiter. Beim Bruch des Tabernakels hatte der Unsterbliche einen der Splitter an sich nehmen können und den zweiten im Lauf der Zeit erobert. Der dritte Splitter stammte von Ylwa, Rowarns Mutter.
»Durch Verrat, wie so häufig«, antwortete Pyrfinn. »Eine weise Menschenfrau, die über ein Reich des Ostens herrschte, hatte ihn verwahrt. Femris hatte sie und ihr ganzes Volk ausgelöscht, als er endlich an den Splitter herankam, und anschließend tötete er den Verräter. Der Kerl hatte es wohl aus reiner Habgier getan und wollte selbst Herrscher werden, aber das ließ Femris natürlich nicht zu.«
»Natürlich.« Femris hatte sicher nichts gegen Verrat an sich, aber wie jeder andere vermutlich sehr wohl etwas gegen Verräter, vor allem, wenn sie nur aus Habgier oder Rachsucht handelten. Sie waren von allen Übeltätern der schlimmste Abschaum.
Etwa eine Stunde später erreichten sie das Ende der Stadt; Pyrfinn war noch munter im Laufen, während Rowarn allmählich die Puste ausging. Darauf war er einfach nicht trainiert, da er sich zumeist bequem zu Pferde fortbewegte. Trotz Rowarns Jugend und seiner langen Beine hatte der Zwergenläufer ihm eine Menge voraus.
Das machte Pyrfinn auch deutlich und amüsierte sich über Rowarns keuchenden Atem. »Du brauchst ein wenig mehr Ausdauer, sonst wird es dir beim Liebesspiel bald ganz
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