Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
überhaupt nichts passieren. Wir bewegen uns auf dem Verbindungsnetz, dabei kommen wir durch keine der Minen, die in die Tiefe führen, wo Wesen leben, von denen du nichts wissen willst.« Pyrfinn bog zum zehnten Mal ab, und Rowarn gab es auf, sich den Weg merken zu wollen. Er wusste auch nicht, wie lange sie hier unten schon unterwegs waren. Es gab keine andere Wahl, er musste sich voll und ganz auf den Zwerg verlassen. Aber es würde ja nicht lange dauern, nicht einmal mehr die halbe Nacht. Das war zu schaffen, auch wenn die bedrückende Enge und die massiven Felswände nicht gerade ein anheimelnder Ort für einen halben Nauraka waren. Ob Dämonen sich hier wohlfühlten? Graum sicherlich nicht, er war ungehinderte Bewegungsfreiheit und Weite gewohnt. Und Rowarns Vater hätte es nicht leicht hier, wegen seiner Größe – von Fashirh ganz zu schweigen. Nein, wahrscheinlich würden sich auch Dämonen hier nicht gern aufhalten.
»Alles in Ordnung?«, fragte Pyrfinn nach hinten. »Du bist so still.«
»Ich bin durchaus in der Lage zu schweigen.«
»Aber dann stimmt meistens etwas nicht.«
Rowarn seufzte daraufhin vernehmlich, und der Zwerg lachte leise. »Es ist bald überstanden. Dann gehen wir ein Stück über die Felsen und suchen uns einen sicheren Platz.«
»Haben sie dort Wachen?«
»Nicht überall. Die Aalreiter wissen nichts von diesem Weg hier. Mein Vater könnte nur von dieser Seite aus angreifen, aber nicht nachts. Du weißt ja, die Augen der Zwerge sind nicht besonders gut.«
»Menschen hätten da trotzdem keine Hemmungen.«
»Weißt du, mein Vater sieht nicht so aus, aber er ist sehr friedfertig, und das ist hier jedem bekannt. Er würde Mirellas Leben niemals aufs Spiel setzen, deswegen gehen die Aalreiter davon aus, dass er heute Mittag neu verhandeln wird. Unser Volk achtet ihn, weil er sehr klug ist, listig und geschickt in Verhandlungen, aber für den Kriegsdienst wäre er unbrauchbar. Ich weiß gar nicht, ob er je eine Axt geschwungen hat. Ich habe ihn jedenfalls nie mit einer Waffe gesehen. Wenn er ein Messer benutzt, dann nur zum Brotschneiden oder Ähnlichem.«
Rowarn lachte leise. »Schade, dass ich nur so kurz hier sein kann. Aber wie mir scheint, bin ich zumindest gerade zur rechten Zeit gekommen.«
»Es gibt keine falsche Zeit, wenn du durch die Tür eines Freien Hauses gehst«, erwiderte Pyrfinn. »Alles geschieht so, wie es muss. Du hast deine Aufgabe festgelegt, nun musst du sie bewältigen.«
»Dann waren meine Begegnungen draußen in der Steppe und vor dem Talbruch kein Zufall?«, fragte Rowarn zögerlich.
»Es gibt keinen Zufall«, versetzte Pyrfinn. »Die Wege kreuzen sich nun einmal, und so begegnen wir uns und weisen uns gegenseitig die Abzweigung zum nächsten Abschnitt unseres Lebens. Zeit spielt dabei keine Rolle, denn sie verläuft gleichzeitig in alle Richtungen.«
Darüber dachte Rowarn eine Weile nach und merkte dabei gar nicht, dass sie immer tiefer vordrangen. Das Gestein hatte sich inzwischen verändert, es wurde dunkel und feucht. Viele Linien und Maserungen durchzogen den Fels, stellenweise glitzernd oder golden glänzend.
Pyrfinn erklärte: »An diesen Adern kannst du erkennen, wieviel Reichtum in diesen Bergen noch immer schlummert, trotz unseres jahrtausendelangen Abbaus. Allerdings lohnt es sich nicht, hier den Pickel in den Felsen zu schlagen, denn es ist nur eine dünne Schicht. Die Mühsal nach einem Mondwechsel würde gerade mal ein paar Drachen einbringen.«
»Ich bin schon reich, durch das Erbe von Ardig Hall«, sagte Rowarn. »Behauptet zumindest Noïrun.«
»Selbst wenn da nichts mehr ist – du hast eine sehr reiche Frau geheiratet«, grinste Pyrfinn. »Selbst nach unseren Maßstäben, und das will was heißen.«
Dermaßen abgelenkt vergaß der junge König nach und nach die beklemmende Enge, und auf raschem Wege gelangten sie unbehelligt zu einem der vielen Ausgänge. Alle lagen laut Pyrfinn sehr geschützt, sodass nicht einmal ein Wanderer, der dicht vorbeiginge, die Bewegung bemerken würde. »Ein ausgeklügeltes System, das wir mit den Jahrhunderten perfektioniert haben.«
Es war noch dunkel draußen, als sie hinaustraten. Rowarn atmete erleichtert auf und genoss den frischen Wind; hier draußen war es zwar nicht wärmer als im Berg, aber er konnte das weite Sternenzelt über sich sehen, und die Berghänge hielten gebührenden Abstand.
»Wir müssen noch in Deckung bleiben«, stellte der Zwergenläufer nach einem kurzen Blick auf den
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