Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
Nauraka fest. »Auf Erkundung kann man dich nicht schicken, soviel steht fest.«
»Bin ja auch der König, da schicke ich andere«, brummte Rowarn. »Immerhin kann ich ein Schwert in der Hand halten.«
»Davon habe ich gehört.« Pyrfinn zwinkerte, bedeutete Rowarn zu warten und verschwand in der Dunkelheit. Kurz darauf kehrte er zurück und führte den Ritter ein ganzes Stück weit nach oben. Das Klettern fiel Rowarn nicht schwer, darin war er immer noch geübt, und Pyrfinn nickte anerkennend.
Schließlich kamen sie inmitten eines Wirrwarrs von riesenhaften Felsbrocken heraus; hier musste einst ein ganzer Berghang herabgestürzt sein. Es war nicht leicht, sich zurechtzufinden, dafür gab es hinreichend Verstecke, von denen aus man ungesehen Ausschau halten konnte.
»Es dauert nicht mehr lange, dann gehen sie auf Beutezug«, wisperte Pyrfinn. »Bergschafe, Nebelhirsche, Bären und natürlich der gefleckte Schneepanther. Genau wie du nutzen sie das Zwielicht aus, wenn die einen schlafen gehen und die anderen gerade erwachen.«
»Wie weit ist es von hier aus noch zur Siedlung?«
»Nicht weit. Wir gehen los, sobald die Jäger aufgebrochen sind, dann ist die Gefahr geringer, entdeckt zu werden. Die Aalreiter leben geschützt in Felsenwohnungen. Wir können uns gut heranschleichen. Wegen der Aale wagen sich keine großen Tiere zu nah heran.«
Rowarn deutete zu der sich nach Osten ausbreitenden Gebirgskette. »Was liegt dort? Es ist so seltsam trüb und dunkel, nicht einmal die Sterne sind klar zu sehen.«
»Das Reich deines Vaters«, antwortete Pyrfinn. »Weiter in Richtung Süden liegt Warinland, dann kommen Menschenlande, die sich nach Osten und Süden ausbreiten, und irgendwo dazwischen liegt Dubhan.«
Einige Zeit verharrten sie still, bis ganz tief im düsteren Osten ein erster heller Streifen über der Horizontlinie erschien. Rowarns Körper war sofort in Alarmbereitschaft, als er einen dünnen, hohen Schrei hörte, der von keinem ihm bekannten Tier stammte. Die Nackenhaare stellten sich ihm auf, und er erschauerte. Der Schrei schien aus den tiefsten Alpträumen geboren, wo namenlose Ungeheuer seit Äonen darauf lauerten, in die Wirklichkeit zu gelangen.
Dann erklang ein Signal, ein Pfiff wie aus einer Pfeife. Ein zweiter Schrei antwortete, und dann wurden die Felsen plötzlich lebendig. Rowarn sah gleitende, schlängelnde Schatten, die sich über das Gestein wanden, durcheinander wimmelten und rasch in Richtung Boden strebten. Die Leiber waren rund, dick wie ein Baumstamm und maßen mindestens zehn Pferdelängen. Ab und zu blitzten gelbliche Augen auf. Unten sah Rowarn einen Fackelzug durch eine schmale Schlucht herannahen. Das aufkommende Licht genügte ihm, um Einzelheiten erkennen zu können. Wie Pyrfinn beschrieben hatte, trugen die Menschen Tierhäute, Felle, Hörner und Geweihe; sie wirkten äußerst unheimlich, wie finstere Fabelwesen. Doch vor ihnen brauchte der Ritter sich nicht zu fürchten – sehr wohl aber vor den Felsaalen, deren Konturen sich immer mehr aus der Dunkelheit schälten. Ihre Leiber waren glatt und silbrig glänzend, die Schnauzen stumpf und mit drei Reihen kleiner, aber sehr spitzer weißer Zähne bewaffnet. Sie besaßen große Nüstern, und unter befiederten Wülsten lagen bösartig funkelnde Augen. Hier in den steilen Felswänden konnten sie sich mühelos und in hoher Geschwindigkeit fortbewegen – das ideale Reittier im Gebirge, und dazu waren sie noch äußerst wehrhaft.
Ihren Herren gegenüber allerdings verhielten sie sich vollkommen friedfertig. Die Töne der Flöte schienen sie zu besänftigen. Rowarn musste diese Menschen bewundern, denen es gelungen war, so wilde und gefährliche Wesen zu zähmen und sich dienstbar zu machen.
Die Aalreiter steckten die Fackeln in Felsritzen und löschten sie. Als die Aale einer nach dem anderen Kopf und Nacken zu ihnen herabsenkten, zog jeder der Jäger ein buntes, mit Troddeln besetztes Geschirr hervor, das einem Pferdehalfter nicht unähnlich war. Keines sah wie das andere aus, und jeder Aalreiter schien sein Tier genau zu erkennen; woran, war Rowarn allerdings schleierhaft. Die Halfter wurden angelegt und im Nacken verzurrt und Zügel daran befestigt. Dann wurde dahinter im Nacken ein schmaler Sattel aus Holz befestigt, der vorn und hinten gut Halt gab, und die Reiter saßen auf. Es schien, als würden sie mit den Aalen verwachsen, sie bildeten eine schaurig wirkende Einheit, wahrhaftige Alptraumwesen.
Bald war die ganze
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