Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
frustriertem Neid niedergeschlagen.
»Zwei Dinge«, antwortete Rowarn, der nicht einmal ansatzweise außer Atem war. »Erstens: Ich habe seit meiner Kindheit meinen Muhmen bei den Pferden geholfen. Ich bin das Laufen gewohnt und weiß, wie es geht. Zweitens: Ich habe nachgedacht und einfach eine Abkürzung genommen. Der Fürst hat nicht gesagt, dass wir die Straße nicht verlassen dürfen. Er sagte nur, wohin wir müssen.«
Nun hob Rayem doch seine geballte Faust. »Du eingebildeter, überheblicher ...«
Eine junge Frau hielt seinen Arm fest. Rowarn erkannte sie wieder, kurz vor dem Aufbruch hatte sie einen anderen zurechtgewiesen, der den Befehl des Fürsten für einen Scherz gehalten hatte. »Hirnloser Tropf!«, fuhr sie ihn an. »Er kann uns nützlich sein.« Sie blickte Rowarn fest an. »Ich bin Jelim«, sagte sie.
»Rowarn«, antwortete er.
»Also gut, Rowarn. Du kennst dich hier aus, wie es scheint. Zeig uns, wie es geht.«
Nicht alle waren Jelims Ansicht und liefen einfach weiter. Vier oder fünf entschieden sich für eine Pause, sie konnten nicht mehr. Rayem gehörte zwar zu ihnen, aber er war viel zu wütend, um das zuzugeben.
»Kommt«, forderte Rowarn die übrigen auf. »Wenn wir uns ranhalten, haben wir die Spitze bald eingeholt.« Ihm war aufgefallen, dass sich hier nur noch wenige Frauen aufhielten. Die meisten waren sicher an der Spitze unterwegs, was ihn nicht weiter verwunderte. Sie waren leichter und hatten ihre Kräfte von Beginn an besser eingeteilt, weil sie keinen Wettkampf mit den anderen bestreiten wollten, sondern nur beweisen, dass sie es schaffen konnten. Dadurch waren sie nach und nach an die Spitze gerückt.
Er trabte los, folgte an der nächsten Kurve nicht der Straße, sondern lief wieder querfeldein durch ein in sanfter Brise wogendes Blütenmeer, umschwirrt von Myriaden Insekten, halb betäubt vom intensiven Blütenduft. Unterwegs gab er Anweisung, wie sie laufen sollten, und nach einer Weile musste sogar Rayem zugeben, dass es besser ging.
Sie orientierten sich von Hügel zu Hügel, und nach einer weiteren halben Stunde hatten sie tatsächlich die Spitze eingeholt. Denen war inzwischen die Kraft ausgegangen, und sie kauerten verschwitzt und staubverschmiert neben der Straße. Sie konnten es kaum fassen, als sie den ganzen Pulk, den sie längst hinter sich gelassen glaubten, plötzlich näher kommen sahen.
Rowarn hielt bei ihnen an, worüber der Rest der Truppe nur allzu dankbar war.
Inzwischen war es Mittag, und die Frühlingssonne brannte kraftvoll herab. Keiner von ihnen hatte Wasser dabei, und sie waren größtenteils bereits bis zum Äußersten erschöpft.
»Wenn ich das geahnt hätte ...«, stieß einer hervor. Ein Mädchen kauerte abseits und weinte still vor sich hin.
»Was habt ihr denn erwartet?«, fragte Rowarn in die Runde.
»Es ist der erste Tag!«, rief Rayem. »Jede Abhärtung braucht ihre Zeit.«
»Hast du nicht zugehört?«, fuhr Jelim ihn an. »Wir haben keine Zeit. Unsere Schuld, dass wir uns romantische Vorstellungen von Rittern, Ehre und Krieg gemacht haben!«
Der sommersprossige Junge stieß einen trockenen Laut aus. Wie Rowarn auch war er noch weitgehend munter und hatte bisher an der Spitze gelegen. »Falls wir überhaupt je zum Ritter geschlagen werden. Die meisten von uns sind doch nur als gemeine Soldaten gedacht.«
»Und wenn schon«, sagte Rowarn leise. »Der Soldat ist der dritte Arm des Ritters.«
»Gut gesprochen, Knappe«, spottete Rayem.
Das weinende Mädchen sprang plötzlich auf. »Das ist mir alles egal!«, stieß sie aufgebracht hervor. »Ich habe genug, das lasse ich mir nicht bieten! So will ich das nicht. Ich habe nicht alles aufgegeben, um jetzt wie Dreck behandelt zu werden! Ich lasse mir nicht befehlen, nicht so!«
Bevor die anderen etwas einwenden konnten, rannte sie los, auf einen Wald zu; vermutlich, um von dort aus auf stillem, kühlem Pfade zurückzulaufen.
Rowarn hielt Jelim auf, die ihr nachrennen wollte. »Spart eure Kräfte!«, rief er. »Ihr könnt sie nicht aufhalten, wenn sie es nicht will. Und dann seid ihr ganz umsonst vom Weg abgewichen!«
Das Mädchen hatte inzwischen den Wald erreicht und verschwand hinter den ersten Bäumen. Kurz darauf erklang ein lauter Schrei, voller Schmerz und Grauen, und alle zuckten zusammen.
»Wir müssen ihr ...«, begann der sommersprossige Jüngling, doch in diesem Moment brach ein Reiter aus dem Wald hervor und galoppierte in voller Geschwindigkeit auf die Rekruten zu. Das
Weitere Kostenlose Bücher