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Die Chronolithen

Die Chronolithen

Titel: Die Chronolithen Kostenlos Bücher Online Lesen
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kuinistischen Zelle zurückverfolgt, die von Texas aus agierte, und Hitch fuhr nach El Paso, um sich bei den örtlichen Straßengangs umzuhören. »Mein Fehler war«, sagte er, »dass ich zu viele Fragen auf einmal gestellt habe. Das kannst du dir erlauben, solange die Leute gut drauf sind. Aber diese Texaner sind verdammt paranoid. An der übernächsten Straßenecke kam jemand zu dem Schluss, ich sei ein Risiko.«
    Am Ende hatten ihn zwei kuinistische Stoßtrupps auf den Hinterhof einer Autowerkstatt geschleppt und mit Hilfe einer gezähnten Machete verhört.
    Hitch hielt die Linke hoch. Zeige- und Mittelfinger fehlten; den sorgfältig vernähten Stümpfen war die Brutalität der Verletzung anzusehen. Allein das Hinsehen tat schon weh.
    »Mach kein Gesicht«, sagte er. »Ich habe Glück im Unglück gehabt.«
    »Und das mit dem Bein?«
    »Kleinkaliber im Muskel. Passierte, als ich mich davonmachte. Sie hatten so eine uralte Pistole, ein Schrottstück aus dem vorigen Jahrhundert, halb weggerostet. Und weißt du was, Scotty? Ich hab den Kerl erkannt, der geschossen hat.«
    »Du hast ihn erkannt?«
    »Er mich auch, glaube ich. Ich muss ihm jedenfalls bekannt vorgekommen sein, sonst hätte er besser getroffen. Es war Adam. Adam Mills.«
    Ich floh instinktiv an die Beifahrertür und schob mich mit dem Rücken daran hoch und fror trotz Sommerhitze.
    »Das kann doch nicht sein«, sagte ich.
    »Scheiße, Mann, er war’s. Er ist nicht in Portillo gestorben – er muss bei den Flüchtlingen gewesen sein.«
    »Und dann lauft ihr euch in El Paso über den Weg? Einfach so?«
    »Das sei kein Zufall, meint Sue. Das wär die Tau-Turbulenz. Eine bedeutsame Synchronizität. Und du wärst unsere Verbindung zu Adam, Scotty. Adam Mills ist der Pfeil, und er zeigt direkt auf dich.«
    »Das akzeptiere ich nicht.«
    »Musst du nicht, wenn du mich fragst. Meinst du, ich hätte die Kugel in meinem Bein akzeptiert? Ganz nebenbei musste ich ein paar Leute umlegen, damit Sue diese Information bekam. Was sie draus macht, was du draus machst, geht mich nichts an.«
    »Du hast Menschen umgebracht?«
    »Was meinst du wohl, was ich so mache, Scotty? Im Land herumfahren und den Moralapostel spielen? Ich habe Leute umgelegt, ja.« Er schüttelte den Kopf. »Siehst du, und das regt mich auf. Du siehst mich an und siehst diesen großen, bunten Freund, mit dem du dich früher in Chumphon herumgetrieben hast. Aber ich hatte schon jemanden umgebracht, da kannte ich noch gar keinen Scotty. Sue weiß das. Ich habe damals mit Drogen gehandelt und nicht mit Angelzeug. Man kommt eben manchmal in Situationen. Damals wie heute. Deine Art von Gewissen habe ich nicht. Ich weiß, du hältst dich für einen moralischen Versager, weil du die Sache mit Janice und Kait versaut hast, aber ganz tief innen, Scotty, da bist du ein Familienmensch. Das ist so.«
    »Was hat Sue mit mir vor?«
    »Wenn ich das wüsste?«

 
EIN +
ZWANZIG
     
     
    Es waren schlechte Zeiten für das Marriott. Sue war allein im Pool- und Saunabereich, während Morris Torrance draußen vor dem Eingang Wache schob. Sie sah aus dem quirlenden Wasser zu mir auf. Weder der löschzugrote Einteiler noch die gelbe Badekappe standen ihr besonders, aber sie hatte sich noch nie für Mode interessiert. Selbst im Whirlpool trug sie ihre riesige Brille mit einem Gestell, das an abgenutztes schwarzes Bakelit erinnerte. Sie sagte: »Du solltest das auch mal versuchen, Scotty, es ist ganz schön entspannend.«
    »Ich bin nicht in der Stimmung.«
    »Hitch hat mit dir geredet, hab ich Recht?«
    »Ja.«
    Sie seufzte: »Gib mir eine Minute.«
    Sie hob ihren birnenförmigen Leib aus der Unterwassermassage und schälte die Kappe vom Kopf, wobei das Haar heraussprang wie ein Tier aus dem Käfig. »Ich mag die Deckchairs am Fenster«, sagte sie. »Oder bist du zu warm angezogen?«
    »Kein Problem«, sagte ich, obwohl die Luft tropisch war und nach Chlor stank. Diese Unannehmlichkeit schien irgendwie angemessen.
    Sie breitete das Badetuch aus, setzte sich und ruckelte sich genüsslich zurecht. »Er hat dir von Adam Mills erzählt?«
    »Ja, hat er. Ashlee weiß noch nichts.«
    »Lass es, Scotty.«
    »Ich soll Ashlee nichts sagen? Wieso, willst du das übernehmen?«
    »Bestimmt nicht, und ich hoffe, du lässt es auch.«
    »Sie rechnet damit, dass er tot ist. Sie hat ein Recht, die Wahrheit zu erfahren.«
    »Adam lebt, soviel steht fest. Aber hast du dich schon mal gefragt, was sie davon hat, wenn sie es erfährt? Wenn Sie

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