Die Chronolithen
von Sue mit ihrem geschnürten Bündel. »Das Marriott?«
»Wir können nicht klagen«, meinte Sue.
Derweil Sue und Ray fertig packten, ging ich mit Hitch zum Lieferwagen. Hitch verstaute Sues Bündel, dann legte er mir die Hand auf die Schulter. »Wenn du Zeit hast, Scotty, ich könnte morgen ein bisschen Hilfe brauchen.«
»Hilfe? Wobei?«
»Schweres Gerät kaufen. Dieselgeneratoren zum Beispiel.«
»Ich kenn mich nicht aus mit Maschinen.«
»Hauptsache, du kommst mit.«
»Morgen ist Werktag.«
»Wegen dem Stand auf dem Flohmarkt? Nimm dir frei.«
»Kann ich mir nicht leisten, Hitch.«
»Doch, kannst du. Das ist eingeplant.«
Er nannte einen Stundenlohn. Bei acht Stunden eine fürstliche Summe, nur um den Beifahrer zu spielen; und das, wo seine Freunde bei mir Asyl gesucht hatten. Hitch war offensichtlich mit Geld in die Stadt gekommen und das Angebot war verlockend. Aber ich zögerte.
»Überleg mal«, sagte er. »Wir verfügen über ein Kreditkonto des Verteidigungsministeriums, nicht ewig, versteht sich. Die Knete ist da, und ich kann mir denken, dass du nicht einfach blaumachen kannst. Und es sind wirklich ein paar Sachen zu bereden.«
»Hitch…«
»Und was kann es schaden?«
Das war die entscheidende Frage. »Mein Gefühl sagt, da steckt mehr dahinter.«
»Ja, sicher. Tut es, tut es. Darüber reden wir morgen. Ich rufe vom Hotel aus an, dann sehen wir weiter.«
Ich sagte: »Warum ich?«
»Weil der Pfeil auf dich zeigt, mein Freund.« Er hievte sich hinters Steuer, zog eine Grimasse, als er das lädierte Bein nachzog. »Meint Sue.«
So kam es, dass ich am sonnigen Morgen mit Hitch Paley in die schäbigen Industrieparks am Westufer fuhr. Die Klimaanlage des Lieferwagens war kaputt. (Was nicht anders zu erwarten war: Ersatzteile standen hoch im Kurs, die meisten gingen ans Militär.)
Die Luft draußen war trocken und kletterte Richtung Ofenhitze, und Hitch hielt die getönten Seitenfenster geschlossen, aber die Lüftungen weit geöffnet. Bis wir am Ziel waren, stank es im Wagen nach heißem Vinyl, Motoröl und Schweiß.
Hitch hatte einen Termin beim Verkaufsleiter von Tyson Brothers, einem Großhandel für Maschinen und Maschinenteile. Ich folgte Hitch durch den Empfang ins Büro des Mannes, machte es mir bequem und musterte die welke Zierfeige und den nichtssagenden Wandschmuck, derweil Hitch den Direktkauf von kleinen Erdbewegungsmaschinen, Generatoren und reichlich Ersatzteilen verhandelte: Zwei von den Erstgenannten, das ging ja noch, aber die Anzahl der Generatoren hätte gereicht, den Strombedarf einer Kleinstadt zu decken. Der Verkaufsleiter war unverkennbar neugierig und fragte zweimal, ob wir unabhängige Unternehmer seien; er schien verstört, als Hitch der Frage auswich. Doch er war ebenso unverkennbar entzückt, als er den Auftrag schrieb. Ich will es nicht beschwören, aber Hitch hat meines Wissens die Tyson Brothers vor dem Bankrott gerettet oder wenigstens geholfen, das Unvermeidliche hinauszuschieben.
Jedenfalls gab er in wenigen Stunden mehr Geld aus, als ich im letzten Jahr eingenommen hatte. Er hinterließ eine Telefonnummer mit dem Hinweis, es werde sich jemand melden, um die näheren Einzelheiten der Lieferung abzusprechen, winkte der Empfangsdame mit der unversehrten Rechten zu und schlenderte an ihr vorbei in die Hitze hinaus. Im Lieferwagen sagte ich: »Was habt ihr vor – ein großes Loch graben und es mit Licht fluten?«
»Ein bisschen ehrgeiziger sind wir schon, Scotty. Wir haben vor, einen Chronolithen zu Fall zu bringen.«
»Mit zwei Flachbaggern?«
»Die sind nur zum Auffüllen da. Ganz in der Nähe liegt ein Pionierbatallion mit Gerät, das nur auf Sues Stichwort wartet.«
»Ihr wollt also wirklich einen Chronolithen schleifen?«
»Sue sagt, wir können. Glaubt sie.«
»Und welchen?«
»Den in Wyoming.«
»Da ist keiner.«
»Noch keiner.«
Hitch erklärte alles so, wie er es verstand. Die Details wurden von Sue nachgeliefert.
Ein paar arbeitsreiche Jahre lagen hinter Sulamith Chopra.
»Du hast dich rausgetan«, sagte Hitch. »Hast dir dein kleines Leben mit Ashlee zurechtgezimmert. Respekt, Scotty, aber der Rest von uns hat nicht stillgestanden, nur weil du nicht mehr in die Tasten gegriffen hast.«
Die Physik der Chronolithen verstehe ich, außer im populärwissenschaftlichen Sinne, bis auf den Tag nicht. Ich weiß, dass die Technologie mit der Manipulation der Calabi-Yau-Räume zu tun hat, der kleinsten Bestandteile von Materie und
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