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Die Clans des Alpha-Mondes: Roman

Die Clans des Alpha-Mondes: Roman

Titel: Die Clans des Alpha-Mondes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Wie der Hebephreniker hatte der Paranoiker eine dauerhafte und permanente schlechte Anpassung gefunden.
    Doch im Gegensatz zum Manisch-Depressiven, zum Hebephreniker, oder gewöhnlichen katatonisch Schizophrenen wirkte der Paranoiker normal. Das formale Muster seines logischen Denkvermögens schien ungestört zu sein. Doch darunter litt der Paranoiker an der größten mentalen Entstellung, die für ein menschliches Wesen möglich war. Er brachte kein Verständnis auf und konnte sich nicht in die Rolle eines anderen hineindenken. Also existierten andere für ihn erst gar nicht – ausgenommen als sich bewegende Gegenstände, die sein Wohlbefinden entweder beeinflußten oder nicht. Es war jahrzehntelang schick gewesen, die Behauptung aufzustellen, Paranoiker seien lebensunfähig. Doch dies entsprach nicht der Wahrheit. Paranoiker erfuhren die Liebe voll und ganz; sowohl die, die ihnen von anderen gegeben wurde, als auch jene, die sie für andere empfanden. Doch die Sache hatte noch einen kleinen Haken: Der Paranoiker empfand sie als unterschiedliche Formen des Hasses.
    »Laut meiner Theorie«, sagte Mary zu Dan Mageboom, »müßten die verschiedenen Untertypen der Geisteskrankheit auf dieser Welt wie in einem altmodischen Kastensystem funktionieren. Diese Leute hier – die Hebephreniker wären demnach das Äquivalent zu den Unberührbaren. Und die Manischen gäben die Kriegerkaste ab, weil sie keine Angst kennen. Sie würden zur Oberklasse gehören.«
    »Samurai«, sagte Mageboom. »Wie in Japan.«
    »Ja.« Mary nickte. »Die Paranoiden – also die paranoiden Schizophrenen – werden als Staatsmänner funktionieren. Sie werden die politische Ideologie und soziale Programme entwickeln, weil sie den besten Überblick über die Welt haben. Die einfachen Schizophrenen…«, sie dachte nach, »… entsprechen der Dichterklasse, obwohl einige von ihnen sicher religiöse Visionäre sind – wie auch ein paar von den Hebs. Die Hebs müßten jedoch eher asketische Heilige hervorbringen, die Schizophrenen Dogmatiker. Und die, die an polymorpher Schizophrenie Simplex leiden, müssen die kreativen Angehörigen der Gesellschaft sein; die, die neue Ideen hervorbringen.« Sie machte einen Versuch, aufzuzählen, welche Kategorien es vielleicht sonst noch gab. »Es könnte auch welche mit übervalenten Vorstellungen geben, psychisch Verwirrte, die fortgeschrittene Formen milder obsessiv-kompulsiver Neurosen darstellen, sogenannte dienzephalische Störungen. Diese Leute wären dann die Angestellten und Büromenschen der Gesellschaft; ritualistische Funktionäre, die keine eigenen Ideen haben. Ihr Konservativismus würde den Radikalismus der polymorph Schizophrenen im Gleichgewicht halten und der Gesellschaft Stabilität verleihen.«
    »Man könnte fast glauben, daß die ganze Geschichte funktioniert.« Mageboom machte eine Geste. »Wie würde sich diese Gesellschaft von der unseren auf Terra unterscheiden?«
    Mary dachte eine Weile über die Frage nach. Es war eine gute Frage.
    »Keine Antwort?« fragte Mageboom.
    »Ich habe keine Antwort. Natürlich würde den Paranoikern die Leitung zufallen. In Sachen Initiative, Intelligenz und simpler angeborener Fähigkeiten stellen sie überlegene Individuen dar. Natürlich hätten sie Probleme, die Manischen von einem Staatsstreich abzuhalten… Es müßte Spannungen zwischen den beiden Klassen geben. Aber wenn die Paranoiden die Ideologie festlegen, wäre das dominierende emotionale Thema der Haß. Haß, der in zwei Richtungen geht – die Leitung würde jeden hassen, der sich nicht in ihrer Enklave aufhält. Sie wäre fest davon überzeugt, daß man sie gerade deswegen haßt. Also würde ihre sogenannte Außenpolitik im Aufbau von Popanzen bestehen, auf die man den Haß ableitet, der sich angeblich gegen sie richtet. Dies würde die gesamte Gesellschaft in einen illusionären Kampf verwickeln, einen Kampf gegen nicht existierende Gegner, in dem man über nichts siegt.«
    »Warum ist das so schlecht?«
    »Weil«, sagte Mary, »die Resultate die gleichen wären, egal was dabei herauskäme. Totale Isolation für diese Leute. Das wäre der ultimate Effekt ihrer gesamten Gruppenaktivität: Sie würden sich fortwährend selbst von allen anderen lebenden Wesen abschneiden.«
    »Ist das so schlecht? Unabhängig zu sein…«
    »Nein«, sagte Mary. »Es wäre keine Unabhängigkeit. Es wäre etwas völlig anderes; etwas, das Sie und ich uns nicht einmal vorstellen können. Erinnern Sie sich noch an die

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