Die Clans von Stratos
Botschaften durchgab, aber es war klar, sobald sie Maias Antwort empfing.
Es gab noch einen Grund, die Nachricht zu vereinfachen. Maia mußte ihre Botschaft in Reihen von Punkten und Strichen übersetzen und die Worte so aufdröseln, als klaubte sie die Schichten von einem Kuchen. Drei Zeilen von Buchstaben brauchten einundzwanzig Spielreihen, jede davon neunundfünfzig Kästchen breit, also mußte sie 1239 Felder veranschlagen, die als Impuls oder Pause schwarz beziehungsweise weiß gekennzeichnet werden mußten. Über tausend Felder! Sicher, die andere Gefangene hatte sogar noch mehr geschickt, aber nicht mit so langen Pausen, wie Maias Methode sie verlangte. Wenn sie eine Pause auf fünf Schläge ausdehnte, würde die Empfängerin sich fast sicher verzählen.
Schließlich entschied sie sich für einen wesentlich einfacheren ersten Versuch.
ICH BIN MAIA ICH BIN MAIA ICH BIN MAIA
Dafür brauchte sie, nachdem die Reihen in eine lineare Kette aufgelöst waren, noch immer 413 Schläge. Doch das erschien ihr zu bewältigen zu sein, vor allem, da die Abfolge rhythmisch war.
Jetzt mußte sie die Botschaft nur noch auf den Weg bringen.
Sie hatte in Erwägung gezogen, auf die Wand oder vielleicht gegen die Regenrinne zu klopfen. Aber der Klang würde sicher nicht weit tragen. Und wenn, würden die Wachen aufmerksam werden.
Ich muß es auf die gleiche Weise versuchen. Durch den Draht.
Es gab nur eine Quelle für Elektrizität, und ein einziger Fehler konnte ihren Kontakt zur Außenwelt endgültig abschneiden. Doch Maia zögerte nicht. Vorsichtig drehte sie das Spielbrett um und öffnete das Batteriefach.
Sie beschloß zu warten, bis die mitternächtliche Botschaft vorüber war. Unter einem Stück Vorhangstoff zusammengekauert sah sie zu, wie die Botschaft der Savante einen stoßweisen Funkenwirbel an der Wand hervorrief, und überzeugte sich, daß es die gleiche Nachricht war wie zuvor. Die Abfolge von klickenden Lichtfunken hörte zur üblichen Zeit auf, und Maia saß wieder im trüben Mondlicht, das durch den Fensterschlitz auf den Boden fiel. Da sie das nicht anders erwartet hatte, hatte Maia schon bei besseren Lichtverhältnissen geübt. Dennoch brauchte es mehrere ungeschickte Versuche, um die losen Drähte, die sie aus ihrem Spiel des Lebens herausgezogen hatte, an die Wandplatte zu bringen.
Vor ihr lag die Botschaft, die sie senden wollte. Maia hatte große breite Kästchen benutzt, die man auch bei schwacher Beleuchtung lesen konnte.
Also, dann mal los, dachte sie.
Sie berührte mit einem Draht den Knopf auf der Platte. Nichts geschah. Aber als sie einen Draht an den Knopf und einen anderen an die Platte hielt, sprang ein Funke über. Sie erschrak ein wenig. Doch dann biß sie die Zähne zusammen, beugte sich vor, um ihre Papiere besser sehen zu können, und begann zu klopfen – ein Funken für jedes schwarze Kästchen, eine Pause für jedes weiße.
Sie hatte keine Ahnung, ob sie etwas erreichte, außer daß sie die Batterien verbrauchte. Theoretisch mußte sie die Batterien wieder aufladen können, indem sie das Spielbrett ins Fenster stellte, damit es Sonnenlicht aufnehmen konnte. Möglicherweise jedoch ruinierte sie sie für nichts und wieder nichts.
Es war schwierig, nicht den Überblick zu verlieren, während sie Reihe um Reihe von Hand geschwärzter Kästchen anstarrte. Trotz der Kälte mußte sie nach kurzem die Schweißperlen wegblinzeln, die von ihrer Stirn tropften, und an einem Punkt sah sie, daß sie eine Zeile ausgelassen hatte! Sie konnte es nicht mehr ändern. Bei einem solchen Fehler mußte die Botschaft eigentlich lesbar bleiben, aber sie konnte es sich nicht leisten, noch einen zu machen.
Als sie schließlich das Ende der letzten Reihe erreicht hatte, seufzte sie erleichtert, lehnte sich zurück und streckte sich. Eine längere Pause würde der Empfängerin zu erkennen geben, daß die Übertragung fertig war. Aber wahrscheinlich war die Savante erst einmal überrascht. Deshalb machte sich Maia nach einer Atempause daran, die ganze Übung zu wiederholen.
Ob überhaupt etwas ankommt? überlegte sie. Das bißchen, was ich über elektrische Spannung wußte, habe ich längst vergessen. Vielleicht brauche ich einen Widerstand oder einen Kondensator. Vielleicht vergeude ich einfach unnötig Elektrizität, ohne daß irgendwo Funken entstehen.
Klick, klick, Pause, Pause, Pause, klick… Maia versuchte, sich zu konzentrieren und den stetigen Rhythmus einzuhalten, den die Savante
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