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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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MEHR ALS MORSE
UND IST SCHWERER ZU BELAUSCHEN
     
    Maia war beeindruckt. Trotzdem antwortete sie:
     
    ICH HAB GELAUSCHT. WARUM NICHT ANDERE?
     
    Rennas Erwiderung klang ein wenig verlegen.
     
    BIN NICHT SO SCHLAU WIE GEDACHT
     
    Das Spielbrett begann sich wieder zu bewegen, und schließlich erschien ein schmales Gesicht mit kurzgeschnittenen Haaren; die Augen waren verlegen nach oben verdreht, die Schultern zuckten. Maia kicherte vor Begeisterung, als sie die Karikatur sah.
    Glücklicherweise hatte Maia das Spiel bei ihrem ersten Experiment nicht ruiniert. Im Lauf der folgenden Tage zeigte Renna ihr, wie sie die Maschine direkt an die Wandleitung anschließen und Botschaften selbst schicken konnte, ohne die Kabel direkt berühren zu müssen, was ja nicht nur mühsam, sondern auch gefährlich war. Noch immer sandte Renna nachts ihre Starkstrombotschaften aus, indem sie versuchte, mit selbst erzeugten Radiowellen Freunde irgendwo außerhalb der Gefängnismauern zu erreichen. Den Rest der Zeit kommunizierten sie mit schwächeren Spannungen, um die Wachen nicht doch noch auf sich aufmerksam zu machen.
    Renna war so nett und herzlich, daß Maia immer mehr das Gefühl hatte, eine warmherzige, fürsorgliche Person, eine Art Mutter in ihrer Nähe zu haben. Schon bald bekam sie Lust, ihre Geschichte zu erzählen. Bald sprudelte alles aus ihr heraus. Die Abreise aus Lamatia. Der Verlust von Leie. Ihre Begegnung mit Tizbe, die zunehmende Verwicklung in Dinge, die für eine junge Var, die gerade erst flügge geworden war und ihren Geburtsclan verlassen hatte, viel zu undurchsichtig waren. Als Maia es so kraß formulierte, wurde ihr schmerzlich klar, wie unfair ihr Schicksal war. Sie hatte nichts getan, womit sie diese Katastrophen verdient hätte. Ihr ganzes Leben lang hatten Mütter und Matriarchinnen ihr gepredigt, daß Tugend und harte Arbeit belohnt wurden. War das etwa ihr Lohn?
    Maia entschuldigte sich, daß sie so durch ihre Geschichte gestolpert war, vor allem, als sie beim Übermitteln plötzlich von ihren Gefühlen überwältigt wurden. FÄLLT MIR SCHWER, schrieb sie und bemühte sich, ihre Hand einigermaßen ruhig zu halten. Rennas Antwort war beruhigend und verständnisvoll, aber irgendwie auch verwirrend.
     
    MIT 16 SOLLTEST DU
GLÜCKLICH SEIN
SO EINE SCHANDE
     
    Maia bekam einen Kloß im Hals, als sie nach so langer Zeit Mitgefühl spürte. Die meisten älteren Menschen vergaßen, daß sie auch einmal unerfahren und hilflos gewesen waren. Maia war dankbar für Rennas Anteilnahme, dafür, daß sie sich gegenseitig ineinander einfühlen konnten.
    Oft folgte bei dem Kontakt mit ihrer Mitgefangenen auf eher unbehagliche Momente eine tiefe Einsicht. Es gab Mehrdeutigkeiten und umwerfend komische Mißverständnissen, beispielsweise, als sie sich nicht einigen konnten, welcher Mond deutlich sichtbar am südlichen Himmel hing. Oder wenn Renna Städtenamen oder Zitate aus dem Buch der Gründerinnen falsch buchstabierte. Offensichtlich tat sie das absichtlich, um Maia aufzuheitern. Und es funktionierte. Maia fühlte sich angespornt, ihre Mitgefangene bei ihren beabsichtigten Fehlern zu ertappen, und merkte, daß sie dadurch selbst wesentlich aufmerksamer wurde. Ihre Stimmung verbesserte sich zusehends.
    Schon bald merkte sie noch etwas anderes. Verblüfft stellte sie fest, daß sie anfing, gegenüber ihrer neuen Freundin eine besondere Art von Verbundenheit zu empfinden, obgleich sie sich hier im Gefängnis kennengelernt hatten. Schon fast eine Herzenszuneigung.
     
    Wenn man im Winter geboren war, hatte man es leichter. Auch Herzensgefühle waren nach vielen Generationen vorhersagbar.
    Beispielsweise machten dreijährige Lamai fast immer eine Phase durch, in der sie sich einer Klonschwester anschlossen, die nur eine Klasse über ihnen war. Sie taten alles, was die Ältere verlangte und grämten sich über das geringste barsche Wort. Später, mit etwa vier Jahren, waren die Winter-Lamai an der Reihe, angebetet zu werden, und zahlten den Jüngeren all die Dinge heim, die sie ein Jahr zuvor selbst hatten einstecken müssen.
    Im Winter ihres fünften Lebensjahres begann eine Volltochter des Lamatia-Clans über die Mauern der Feste hinauszublicken; oft entwickelte sie dann eine besessene Zuneigung zu einem Klonmädchen einer Nachbarfeste, gewöhnlich einer Trevor oder einer Wheatley. Doch diese Phase ging schnell vorüber, außerdem waren die Trevors und die Wheatleys Verbündete der Familie. Dann jedoch kam ein

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