Die Clans von Stratos
vorgegeben hatte. Dies war besonders wichtig wegen der langen Pausen, die Anfang und Schluß ihrer einfachen Botschaft markierten. Laut mitzusprechen half. In sich konnte sie die Botschaft hören, die sie zu übermitteln versuchte, als wollte ein Teil von ihr sie rein durch Willenskraft senden.
Ich bin Maia… ich bin Maia… ich bin Maia…
Das zweite Mal war es noch schwerer. Ihre Finger waren kurz vor einem Krampf, ihr Nacken schmerzte von dem vielen Vorbeugen, und ihre Augen brannten vom Schweiß. Trotzdem machte sie weiter. Ausruhen war keine lohnende Aussicht, was zählte, war die winzige Chance, mit jemandem reden zu können.
Bitte höre mich… ich bin Maia… oh, bitte…
Als sie mit der zweiten Sendung fertig war, waren ihre Hände zu verkrampft, um den isolierten Draht wieder loszulassen, also blieb sie einfach sitzen, starrte auf die Steinwand und wartete, bis die Steifheit in ihrer Wirbelsäule allmählich nachließ. Einen dritten Versuch würde es nicht geben. Selbst wenn sie und die Batterie das Durchhaltevermögen gehabt hätten, wäre es zu riskant gewesen. Die Wärterinnen hatten sich vielleicht an eine Abfolge von Klickgeräuschen pro Nacht gewöhnt, etwa so, als wäre es eine freundliche Grille. Aber eine zu auffällige Veränderung der täglichen Routine war nicht ratsam.
Als ihr plötzlich ein Funken entgegenschlug, sprang sie auf. Sie brauchte einen Augenblick, um sich zu vergewissern, daß sie nicht mit den Drähten ungeschickt gegen die Platte gekommen war und ihn verursacht hatte, aber nein, der Funke kam aus der Wand! Es folgten noch mehr Funken, und hastig kramte Maia Stift und Papier hervor.
Jeder kleine Funkenbogen erleuchtete die Markierung, mit der Maia ihn registrierte. Wenn es dunkel blieb, machte sie einen Gedankenstrich. Das war leichter als zu senden, obgleich ihr die Augen jetzt noch schlimmer schmerzten. Mit wachsender Aufregung wurde ihr klar, daß es sich nicht um eine Wiederholung, sondern um eine neue Botschaft handelte. Sie hatte tatsächlich Verbindung zu ihrer Mitgefangenen aufgenommen!
Dann hörten die Funken ebenso abrupt auf, wie sie begonnen hatten. Stille kehrte wieder ein, und Maia starrte auf mehrere Blätter, vollgekritzelt mit dem geheimnisvollen Code.
Ihre ohnehin verspannten Muskeln begannen vor Frustration zu zittern: Selbst wenn sie das Spielbrett jetzt unters Fenster trug, gab es dort nicht genug Licht, um es wieder richtig zusammenzusetzen. Nicht vor morgen früh.
Ich kann aber nicht bis morgen warten! Unmöglich! Maia kämpfte heftig gegen eine Welle von Ungeduld, die ihr fast die Luft zum Atmen raubte. Du kannst tun, was immer du tun mußt, antwortete sie sich selbst und zwang ihren Körper, sich zu entspannen, einen Muskel nach dem anderen. Schließlich atmete sie wieder ruhig.
Na ja, wenigstens kann ich das hier ein bißchen in Ordnung bringen, dachte sie mit einem Blick auf das gekritzelte Transkript. Sie stand auf, streckte sich ein wenig und kletterte dann vorsichtig auf ihrer Pyramide zum Fensterschlitz empor.
Durga war verschwunden. Ein kleinerer Mond, Aglaia, schien kaum hell genug für Maias Vorhaben. Schritt für Schritt, Zeile um Zeile zeichnete sie auf eine neue Seite für jedes ›Klick‹ ein schwarzes Kästchen. Jede Pause übersetzte sie in ein weißes Feld. Am Ende der ersten Reihe mit neunundfünfzig Kästchen ging sie in die nächste und schlängelte sich wieder zurück. Wenn sie das Spielgerät morgen wieder betriebsbereit hatte, würde sie sofort die Startbedingungen wieder laden und das Spiel in Gang bringen, um die Botschaft zu entziffern.
Es war eine furchtbare Schufterei. Wenn sie fertig war, konnte sie vielleicht sogar einschlafen.
So konzentriert malte sie Kästchen um Kästchen in lange Reihen, daß sie die Veränderung des Musters erst gar nicht bemerkte. Doch dann fiel es ihr auf: Anders als zuvor schienen die ›Klicks‹ bereits zu Gruppen zusammenzugehören. Blinzelnd rückte Maia ein Stück von ihrem Blatt ab und sah:
Natürlich! Sie hat so geantwortet, wie ich übermittelt habe, ohne Codierung! Ich kann es noch heute nacht lesen!
Jetzt beeilte sich Maia noch mehr. Zwei Reihen später konnte sie die Botschaft entziffern.
… Hl MAIA. BIS MRGN. – RENNA…
Der Wind wurde stärker, fuhr in Maias Zettel, und sie wirbelten von der Pyramide wie Herbstblätter. Alle bis auf die eine Seite, die sie umklammerte und die bald verschmiert war von heißen Tränen der Dankbarkeit.
Manche radikalen
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