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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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hundert.
    Renna lauschte, und die altertümlichen Worte schlugen ihn in ihren Bann.
    »… wir haben keine Kontrolle über unsere Nachkommen. Noch über unsere Erfindungen. Noch können wir die Konsequenzen unseres Handelns bestimmen, die in der Zukunft liegen, nur dadurch, daß wir richtig handeln und dann loslassen.
    Alles liegt in der Vorbereitung und im Augenblick der Tat.
    Was folgt, gehört der Nachwelt.«
    Der Kapitän streckte den Stab aus und ließ ihn über dem blinkenden Zeitfeld schweben.
    »Zwei Parteien stehen bereit. Schreiten wir zur Tat. Nun… werdet der Nachwelt gewahr.«
    Der Stab senkte sich. Der Zeitmechanismus begann in seinem vertrauten Achterrhythmus zu pochen. Obgleich Maia wußte, was kommen würde, sprang sie auf, als die flache Anordnung von sechzehnhundert schwarzen und weißen Feldern auf einmal zu explodieren schien.
    Jedoch nicht alle Felder gerieten in Bewegung. Genaugenommen änderten nicht einmal die Hälfte der Spielsteine ihren Zustand. Aber bei dem unvermittelten, hektischen Klappern der Lamellen begann Maias Herz wild zu pochen. Dann überquerte auch schon die zweite Welle das Spielfeld, geräuschvoll und dynamisch. Und die dritte folgte.
    Glücklicherweise mußte sie nicht nachdenken. Das Spiel des Lebens war schon vorüber, wenn es begann. Von nun an konnte sie nur zusehen, wie es sich entfaltete.

Logbuch des Peripatetikers:
    Mission Stratos
    Ankunft plus 43.271 Megasekunden
     
    AIs ich zum ersten Mal ein stratoinisches Heim besuchte, fiel es mir sehr schwer, meine Vorurteile zu überwinden.
    Dies lag nicht nur an dem Konzept eines Matriarchats, dem war ich in abgewandelter Form ja auch auf Florentina und Neuterra begegnet. Auch nicht an dem Brauch, Männer als andere Spezies zu sehen, was manchmal unumgänglich, oft ärgerlich und glücklicherweise selten ist. Auf all das war ich vorbereitet.
    Mein Problem kommt eher daher, daß ich in einer Ära aufgewachsen bin, in der man von der Individualität besessen war.
    Verschiedenheit war unsere Religion, Abwechslung unser Hauptanliegen. Alles, was anders, was untypisch war, erhielt dem Vertrauten gegenüber den Vorrang. Anders kam immer vor gleich. Eine verrückte Epoche, meinen die Psychohistoriker… auch wenn aus ihrer kurzen Blütezeit der Idealtyp des Sternenreisenden hervorgegangen ist.
    Auf meinen Wanderungen bin ich vielen konservativen Gesellschaften begegnet, aber keine davon lief meiner Erziehung so extrem zuwider wie die auf Stratos. Die nervenaufreibende Ironie der ansonsten faszinierenden Einheitlichkeit dieser Welt besteht darin, daß sie sich auf absolute Beständigkeit gründet. Hier werden keine Generationen durch veränderte Wertvorstellungen auseinandergerissen. Gleichheit ist kein Fluch, Vielfältigkeit nicht automatisch ein Segen.
    Nur gut, daß wir uns nie begegnet sind. Lysos und ich wären nicht miteinander ausgekommen.
     
    Dennoch freute ich mich sehr, als die Savante Iolanthe mich einlud, ein paar Tage in dem schloßartigen Heim ihrer Familie in den hügeligen Vorstädten von Caria zu verbringen. Die Einladung – im Sommer eine Seltenheit für einen Mann – war eindeutig eine politische Aussage. Ihre Partei steht einem erneuten Kontakt am wenigsten feindselig gegenüber. Trotzdem schärfte man mir ein, mein Besuch müsse ›züchtig‹ verlaufen. Mein Zimmer hätte kein Fenster zum Wengelstern.
    Ich erklärte Iolanthe, daß sie sich in dieser Hinsicht keinerlei Sorgen zu machen brauche. Ich würde meinen Blick abwenden, allerdings nicht vom Himmel.
    Die Nitocris-Feste ist ein wahrhaft altehrwürdiges Bauwerk. Iolanthes Klonlinie bewohnt die Anlage mit ihren hohen Mauern, Schornsteinen und Dachgauben seit fast siebenhundert Jahren. Verwandte Familien leben schon seit kurz nach der Gründung von Caria auf der gleichen Stelle.
    Unser Wagen fuhr durch ein eindrucksvolles Tor, fuhr die von Beeten gesäumte Auffahrt entlang und hielt vor einem kunstvoll gewölbten Marmoreingang. Dort begrüßten uns drei anmutige Nitroci, mittleren Alters wie Iolanthe, gekleidet in schimmernde gelbe Seidenkleider mit hohem Kragen. Eine jüngere Clanschwester nahm mir meine Tasche ab. Andere Frauen mit den gleichen Gesichtszügen – sanfte Augen und schmale Nase – wuselten schweigend um uns herum, fuhren den Wagen weg, verriegelten das Tor und geleiteten uns ins Innere der Feste.
    So betrat ich zum ersten Mal die innerste Sphäre eines parthenogenetischen Clans, der wichtigsten sozialen Einheit des Lebens auf Stratos.

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