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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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sie durch eine dicke Flüssigkeit. Als Brod losließ, erwartete Maia, die Platte würde zum Stillstand kommen, doch statt dessen rollte sie sich mehrere Sekunden lang weiter in die gleiche Richtung, ehe sie langsamer wurde und schließlich stehenblieb. Dann beobachtete sie staunend, wie das Sechseck rückwärts glitt, in genau der entgegengesetzten Richtung geruhsam einen Weg zurückverfolgte und endlich an genau der gleichen Stelle landete, wo Brod es zum ersten Mal berührt hatte.
    »Huh!« rief der junge Mann. »Auf die Art kann man anscheinend nicht allzuviel bewirken!« Er experimentierte mit ein paar anderen Platten und stellte fest, daß etwa ein Drittel von ihnen beweglich war, aber immer nur in einer der sechs Senkrechten zu den Seiten der Sechsecke. Kein Hinweis auf irgendeine Schienenkonstruktion war festzustellen, auf der die Platten liefen, also mußte die Bewegung auf einen seltsamen Mechanismus hinter der Wandoberfläche zurückzuführen sein und auf Kräften beruhen, die alles überstiegen, was Maia in Physik beigebracht worden war.
    Es ist keine Zauberei, sagte sie sich, während Brod weiter an den Sechsecken herumschob und verschiedene Variationen ausprobierte. Maia bekam eine Gänsehaut, aber nicht aus Ehrfurcht oder abergläubischer Angst, sondern wegen etwas, das sich anfühlte wie Eifersucht. Das Spiel von Materie und Bewegung war wunderschön anzusehen. Sie sehnte sich danach zu begreifen, wie und warum es so funktionierte.
    Renna sagt, die Savanten in Caria wissen über solche Kräfte noch immer Bescheid, aber sie weigern sich, etwas in Umlauf zu bringen, was unsere ›pastorale Kultur destabilisiert‹.
    Wenn hier die gleichen Kräfte am Werk waren wie die, die Grimké und viele andere Inseln des Archipels ausgehöhlt hatten, nur eben auf friedlichere Art, dann konnte Maia gut verstehen, warum sich Lysos und die Gründerinnen für ihren Weg entschieden hatten. Vielleicht hatten sie aus einer übergreifenden soziologischen Sicht recht. Vielleicht war die Sehnsucht, die Maia spürte, unreif, verbohrt, eine gefährliche, verzehrende Neugier – wie der Wahnsinn, von dem Renna gesprochen hatte, der das vorantrieb, was er ein ›wissenschaftliches Zeitalter‹ genannt hatte.
    Maia erinnerte sich an das wehmütige Verlangen in Rennas Augen, wenn er an diese Zeiten dachte, die angeblich unter den menschlichen Epochen so rar waren. Es versetzte ihrem Herzen einen Stich, und sie war voller Neid auf das, was sie verpaßt hatte und nie erfahren würde.
    »Die Platten kehren anscheinend immer an ihren Ausgangspunkt zurück«, bemerkte Brod. »Komm, Maia. Sehen wir mal, ob wir zwei gleichzeitig bewegen können.«
    »Na gut«, seufzte sie. »Ich versuche die mit dem Pferd darauf. Fertig? Dann mal los.«
    Zuerst dachte sie, ihre Platte wäre eine von denen, die sich nicht bewegen ließen, dann aber begann das Sechseck zu gleiten und kam unter Maias stetigem Druck in Schwung. Nachdem es dreimal ihre Körperlänge zurückgelegt hatte, ließ sie los, doch das Sechseck lief weiter, langsamer und langsamer, bis es in einem Winkel auf das auftraf, das Brod angeschoben hatte und das mit einem Segelschiff verziert war. Die beiden prallten voneinander ab und bewegten sich mehrere Sekunden lang in eine neue Richtung, ehe sie stehenblieben. Dann setzten sie sich wieder in Bewegung und vollzogen genau dieselbe Route umgekehrt, bis sie an ihrem jeweiligen Ausgangspunkt wieder zur Ruhe kamen. Zwei Minuten nach Beginn des Experiments war die Wand wieder so, wie sie sie vorgefunden hatten, ein Muster von Sechsecken, das auf den ersten Blick keinen Sinn ergab. Maia atmete tief durch.
    Es muß eine Logik dahinterstecken. Ein Sinn. Das Spiel des Lebens sieht auch aus wie ein Haufen hüpfender Spielsteine, bis man die darunterliegende Schönheit entdeckt.
    Außerdem wollten die Männer, die es entworfen hatten, es vielleicht verfremden, um Frauen fernzuhalten. Das könnte ein wichtiger Hinweis sein, vor allem, da Brod hier ist, um mir zu helfen.
    Leider gab es mit ihrer Erkenntnis des ›gemeinsamen Kontextes‹ ein Problem. Nach allem, was sie und Brod wußten, konnte das Rätsel auch auf irgendeinem Phänomen beruhen, das vor tausend Jahren jedem geläufig, jetzt aber längst vergessen war. Vielleicht ein Trinklied, das damals populär gewesen war und in dem die hier dargestellten Symbole vorkamen. Fast jeder Mann hätte dann den Zusammenhang beispielsweise zwischen der Biene auf einem Sechseck und dem Haus auf einem anderen

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