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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Stück Stoff gewickelt hatte, war sie unbewaffnet.
    Es wäre sowieso besser, wenn ich um einen Kampf herumkäme, rief sie sich ins Gedächtnis. Ihre einzige reelle Chance lag darin, daß sie möglichst unbemerkt blieb.
    Ein leichtes Vibrieren ging durch das Seil. Maia biß die Zähne zusammen und machte sich fertig. Als sie bis fünf gezählt hatte, begann sich das Seil langsam und stetig abzurollen. Nachdem sie den kurzen instinktiven Moment der Angst überwunden hatte, ließ sie ihr Gewicht in den behelfsmäßigen Sattelsitz sinken. Ihre Füße bewegten sich rückwärts dem Abgrund entgegen und dann in federnden Schritten die Klippe hinunter. Bald verdeckte das Plateau endgültig den Blick auf das ferne Glitzern des Aufzugschuppens.
    Vom Himmel blieb nur das übrig, was Jellicoe in seinen Kreis eindringen ließ – ein gezackter Umriß, der jeden Moment enger wurde. Nur ein Keil reflektiertes Mondlicht schimmerte silbern auf den Spitzen des höchsten westlichen Gipfels. Maia versank im sternenbeschienenen Halbdunkel.
    Trotz der Dunkelheit spitzte sie die Ohren, ob jemand auf sie aufmerksam wurde. Ihre umwickelten Hände waren stets bereit, an dem Seil zu rucken, damit Brod sie zurückzog. Allerdings waren sie beide nicht sicher, ob die simplen Signale überhaupt wirkten, wenn erst einmal ein längeres Stück Seil abgewickelt war. Nicht daß das sonderlich viel ausgemacht hätte. Sie mußten nach vorn blicken, dort lagen ihre Hoffnungen. Sonst gab es nur den Hungertod.
    Während des Abstiegs gewöhnten sich Maias Augen mehr und mehr an die Dunkelheit, und sie schaute sich um. Die Lagune war größer, als sie zunächst gewirkt hatte, da sich mehrere kleine Buchten in den Lücken zwischen dem ersten Kreis der Felsspitzen erstreckten. Der Landungssteg mit den Schiffen lag ein Stück süd-ostwärts, in der Nähe des Hafeneingangs, den sie und Brod bei ihrer verzweifelten Flucht vor dem Bombardement der Piraten gesehen hatten. Der Hafendamm führte zu einem Felsvorsprung, der einen Teil des inneren Inselkreises auf Meereshöhe umschloß. Noch immer sah man schaukelnde Laternen hin und her eilen, meist in Richtung des großen Steinportals, an dessen Seiten helle Wandleuchten brannten. Durch andere Öffnungen am Rand des Haupteingangs schimmerte Licht von innen.
    Das ist das alte Reservat. Der Teil von Jellicoe, den der Regierungsrat nicht abgeriegelt hat. Historisch gesehen der einzige, von dem man weiß. Längst verlassene Ruinen einer verlorenen Ära, die jetzt jeder heruntergekommenen Bande offensteht, die Unterschlupf sucht.
    Weder die Schiffe, noch der Felsvorsprung, noch die Fensteröffnung lagen günstig für Maias Zwecke. Also lag mal wieder eine Schwimmaktion vor ihr. Sie freute sich nicht darauf, doch sie hatte inzwischen zumindest einige Erfahrung damit. Vielleicht kann ich nicht sonderlich gut und auch nicht sehr schnell schwimmen, aber ich bin auch nicht leicht zu ertränken.
    Die Entfernung war schwer abzuschätzen, da die tintenschwarze Oberfläche der Lagune nur an ein paar verzerrten Lichtreflexen zu erkennen war. Während Maia tiefer sank, spürte sie immer deutlicher, wie schutzlos sie war. Würde sie jetzt entdeckt, wäre sie eine leichte Beute für die Scharfschützen der Freibeuter, denn selbst wenn Brod sofort auf ihr Signal reagierte, könnte sie kaum schnell genug fliehen. Ein kleiner Trost war, daß die Wachposten höchstwahrscheinlich nach Schiffen Ausschau hielten, die vom Meer kamen. Außerdem waren ihre Augen wegen des Laternenlichts nicht auf die Dunkelheit eingestellt. Schon vor langer Zeit, als Maia lernte, Karten bei Sternenlicht zu lesen, hatte der alte Bennett ihr eingeschärft, nie direkt in die Lichtquelle zu blicken.
    Ich bin nicht besser zu sehen als eine Spinne, die sich von ihrem Netz abseilt. Ob das nun stimmte oder nicht, jedenfalls heiterte Maia das Bild auf. Um ihre Augen zu schützen, widerstand sie tapfer der Versuchung, ins Lampenlicht zu blicken, sogar als sie von dort Stimmen hörte, die an ihr vorbeiwehten wie Rauch durch einen Schornstein. Sie ließ ihren Blick über die Umrisse der mächtigen Bergspitzen wandern, die wie die ausgestreckten Finger der Stratos-Mutter emporragten und in den Himmel wiesen.
    Sie deuteten direkt in den dunklen Staubnebel, den man die Klaue nannte und den Maia über sich entdeckte, als sie den Kopf hob. Es war eine passende Metapher für ihr heimliches Vorhaben. Hinter diesem riesigen, sternlosen Dunkel lag das Hominidenphylum. All die

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