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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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sich gelöst, und sie befestigte sie wieder, so daß sie nahe der Oberfläche trieben. Wenn jetzt alles gutging – oder wenn sie gleich zu Anfang scheiterte – würde sie diesen Markierungspunkt brauchen, um das Seil wiederzufinden. Sie war ziemlich sicher, daß es bis zum Morgen niemandem auffallen würde, und Brod sollte es ja vor der Dämmerung wieder einholen, ob sie bis dahin zurückgekehrt war oder nicht.
    Sie schaute sich um, prägte sich die Umgebung ein und blickte nach oben zu dem kleinen Stückchen Himmel. Irgendwo dort auf dem Felsen mußte Brod jetzt stehen. Obwohl er sie unmöglich sehen konnte, winkte Maia ihm zu. Dann begann sie so leise wie möglich auf den dunklen Schatten des Unglücksschiffs, der Manitou, zuzuschwimmen.
     
    In der eingestürzten Höhle wäre ihnen die Flut beinahe zum Verhängnis geworden. Jetzt, als Maia einen Weg zum Ufer suchte, kam sie gerade recht.
    Sie schwamm geräuschlos zwischen den dicken Pfählen des Landungsstegs hindurch, die bis zur Wasseroberfläche mit spitzschaligen Kreaturen bedeckt waren. Die Planken bildeten eine Art Decke über Maias Kopf, während sie auf das größere Schiff zuschwamm. Wieder drangen aufgeregte Stimmen an ihr Ohr. Anscheinend waren die meisten Piratinnen aus irgendwelchen dringenden Gründen in das Reservat im Berg gegangen. Doch es war nicht alles still. Maia hörte leises Gemurmel, irgendwo ganz in der Nähe.
    Sie schwamm an dem kleinen Beiboot vorbei, das sie von oben gesehen hatte. Es schaukelte sanft, ans Heck der Manitou gebunden, und schien zu winken und ihr einen leichten Ausweg aus der gefährlichen Situation anzubieten. Zuerst könnte sie sich lautlos aus der Bucht treiben lassen, dann den kleinen Mast aufrichten und Segel setzen… Danach brauchte sie sich nur noch Sorgen um eine Verfolgung, ums Verhungern und um das wilde Meer zu machen.
    Der Gedanke war durchaus verlockend, aber Maia verwarf ihn augenblicklich. Das Beiboot gehörte Brod, falls ein Notfall eintreten sollte. Sie selbst hatte andere Pläne.
    Die zerschundene Flanke der Manitou zog langsam an ihr vorüber; Maia hielt Ausschau nach einer Möglichkeit hinaufzuklettern. Am Pier stand eine Leiter, gleich bei der Gangway. Aber leider hing direkt darüber eine der hellen Laternen, so daß sich die Leiter innerhalb eines gefährlichen Lichtkreises befand. Maia versuchte es anderswo. Eins der Taue, die den Frachter am Landungssteg festhielten, verlief über ihr nach mittschiffs, ein gutes Stück von der Lampe entfernt, fast völlig in der Dunkelheit.
    Unter der Trosse, wo das Tau am niedrigsten hing, trat Maia Wasser, tauchte unter, stieß sich mit beiden Füßen ab und streckte sich nach oben, soweit sie konnte. Sie verfehlte das Tau um eine halbe Armlänge und fiel mit einem erschreckend lauten Klatschen ins Wasser zurück. Rasch kraulte sie wieder unter den Pier und wartete, bis sie sicher sein konnte, daß niemand etwas gehört hatte. Eine Minute verstrich. Alles blieb still. Die leisen Stimmen murmelten ungestört weiter.
    Jetzt knöpfte Maia den letzten verbleibenden Knopf an ihrem Hemd auf und schlüpfte aus dem klatschnassen Fetzen. Wie es aussah, benutzte sie ihre Kleider zur Zeit hauptsächlich als Werkzeug und nicht, um sich zu bedecken. Sie wickelte einen Ärmel um ihr rechtes Handgelenk und ballte den Rest in der Hand zusammen, dann reckte sie den Arm nach hinten und holte kräftig aus. Der lose Teil des Hemds flog tatsächlich über das Tau, und nachdem Maia eine Weile an dem Ärmel gezupft hatte, den sie in der Hand hielt, rutschte der andere herab. So hatte sie etwas zum Festhalten, als sie das nächste Mal sprang. Sie packte beide Ärmel und hievte sich aus dem Wasser. Die Manitou schien mit ihr zu kooperieren, und das Tau senkte sich noch ein wenig unter ihrem Gewicht, während Maia die Bauchmuskeln anspannte und die Beine um das Tau schlang.
    So blieb sie eine halbe Minute hängen und schöpfte Atem, dann hangelte sie sich langsam zum Schiff hinüber. Bald mußte sie sich nicht nur horizontal, sondern immer mehr in der Vertikalen vorankämpfen. Vor Anstrengung bemerkte sie kaum die Kälte, die das verdunstende Wasser auf ihrer Haut hinterließ. Sie umklammerte das rauhe, kratzige Tau mit den Füßen, den Knien und den Händen und arbeitete sich so Stück für Stück zu der Reling empor.
    Ihr Kopf stieß an den Schiffsrumpf, und als sie sich umwandte, sah sie im dunklen Holz zu beiden Seiten auf der Höhe ihrer Knie eine Reihe von Bullaugen, keines

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