Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
Vom Netzwerk:
lag und von einer überdachten Holzveranda umgeben war. Die Ärztin, die Maia an Bord der Gentilleschi behandelt hatte, unterhielt sich mit zwei Frauen; die eine war groß, trug ein Priestergewand und sah sehr streng aus, die andere war rundlich und trug die Robe einer Erzdiakonisse. Naroin, die auf der kurzen Strecke von der Anlegestelle am Flußufer neben ihnen hergegangen war, machte eine schnelle Runde um das Haus, um sich zu vergewissern, daß es sicher war, während Hullin das Innere überprüfte. Bei der Veranda trafen sie sich wieder und nickten einander zu.
    Mit Hilfe einer Krankenschwester-Nonne stieg Maia aus; die Schmerzen, die sich von ihrem Knie und der Seite ausbreiteten, ertrug sie stoisch. Man half ihr über eine kurze Rampe ins Haus. Unter der Eingangstür blieb sie stehen, denn die ältere Priesterin beugte sich zu ihr herab und sah sie an.
    »Hier findest du Frieden, mein Kind. Bis du dich entschließt, von hier wegzugehen, wird dies dein Heim sein.«
    Die rundliche Frau im Diakonissengewand seufzte, als wäre sie nicht damit einverstanden, daß ihre Kollegin Versprechungen machte, die sie womöglich nicht halten konnte. Trotz Schmerzen und Erschöpfung spürte Maia, daß sie durch diesen Austausch mehr erfahren hatte, als die beiden beabsichtigt hatten. »Danke«, sagte sie heiser und ließ sich von den Krankenschwestern über die Veranda in ein Zimmer mit einer Schiebetür aus hauchdünnen Holzpaneelen führen, von dem man einen Blick über den Garten und einen kleinen Teich hatte. Auf dem Bett gab es Laken, die weißer waren als die Wolken. Später konnte sich Maia nicht mehr erinnern, ob ihr jemand beim Hineinschlüpfen geholfen hatte. Das Plätschern des Wassers und das Rauschen der Zweige sangen sie rasch in den Schlaf.
    Als sie erwachte, fand sie neben dem Bett die dünnen Bücher, die ihr die Gilde der Flossenfüßer geschenkt hatte, außerdem eine kleine Schachtel und einen zusammengefalteten Zettel. Maia strich das Papier glatt.
    Ich bin eine Weile weg, Varling, stand darauf. Ich lasse Hullin hier, damit sie ein bißchen die Augen offenhält. Die Leute hier sind in Ordnung, höchstens vielleicht ein bißchen verschroben. Bis bald. Naroin.
    Daß die Polizistin weg war, überraschte Maia nicht. Im Gegenteil, sie hatte sich schon gewundert, daß Naroin so lange blieb. Sie hatte doch bestimmt allerlei zu erledigen.
    Dann öffnete Maia die Schachtel. In Seidenpapier verpackt, fand sie ein Etui aus duftendem Leder an einem weichen Band. Sie klappte es auf und entdeckte ein glänzendes Instrument aus Messing und Glas. Der Sextant war wunderschön, ja, er war so makellos und kunstvoll gearbeitet, daß sie nicht feststellen konnte, wie alt er sein mochte, abgesehen davon, daß er kein Skalenfenster besaß, also keinen direkten Zugang zum Alten Netz. Doch er war sicher wesentlich wertvoller als der, den Maia in Jellicoe zurückgelassen hatte. Maia klappte die Meßarme auf und strich mit den Händen über das Gerät. Trotz allem wünschte sie sich, Leie würde ihr altes Instrument wiederfinden. So widerspenstig und ramponiert es auch sein mochte, war es dennoch ihr Eigentum.
    Traurig zog sie sich die Decke über den Kopf, rollte sich zusammen und wünschte sich sehnlichst, ihre Schwester wäre hier bei ihr. Und Brod. Sie wünschte sich, ihre Gedanken wären nicht voller Rauchspiralen und sprühender Funken, die Ruß und Asche in stratosphärische Wolken schleuderten.
    Eine Woche verstrich langsam. Jeden Morgen kam eine Ärztin, um Maia zu untersuchen und die Dosis des Betäubungsmittels herabzusetzen. Außerdem bestand sie darauf, daß die Patientin Spaziergänge auf dem Tempelgrundstück unternahm. Am Nachmittag, nach dem Essen und einem Nickerchen, machte Maia auf der Lugarsänfte einen Ausflug durch das Dorf und hinauf zu einer Stadt, von der aus man mitten ins Herz von Ursulaborg blickte. In ihrer Begleitung befanden sich einige grimmig aussehende Nonnen, die eisenbeschlagene ›Wanderstöcke‹ mit Griffen in Form von Drachenköpfen bei sich trugen. Maia wunderte sich über diese Vorsichtsmaßnahmen. Jetzt, da Renna verschwunden war, interessierte sich doch niemand mehr für sie. Dann merkte sie, daß ihre Aufseherinnen sich ständig umschauten, um eine Vierergruppe identischer, vornehm gekleideter Frauen im Auge zu behalten, die ihnen im Abstand von etwa zehn Metern folgten. Sie waren wie Zivilistinnen gekleidet, bewegten sich jedoch im ruhigen, geübten Gleichschritt von Soldaten. Ihre

Weitere Kostenlose Bücher