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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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sie sie behutsam herabließ. »Die nächste!«
    »Das wäre dann… hmmm, laß mal sehen… 6178?«
    Maia seufzte und ging zu Tizbe, um nachzuschauen. Glücklicherweise war das Sortiersystem der Musseli nicht schwer zu durchschauen, obwohl Maia sich manchmal des Eindrucks nicht erwehren konnte, daß es eher dazu angetan war, zu verwirren, als Klarheit zu schaffen. »Die nächste?«
    »Schon? Jetzt hab ich den Platz verloren… Ah! Ist es 9254?«
    Genaugenommen hätte Maia die Nummern aus dem Buch aufrufen und ihre Assistentin die Schlepperei erledigen sollen. Aber Tizbe hatte furchtbar gejammert, daß ihr die Arbeit ›von Männern und Lugars‹ zugemutet wurde. Außerdem konnte sie mit dem Flaschenzug nicht umgehen und rammte sich umgehend einen Splitter in die Hand. Maia hatte eine Theorie über Tizbe: Bestimmt war sie ein Varkind aus einem Großstadt-Clan, so reich und dekadent, daß dort selbst die Sommerkinder verwöhnt wurden. Man küßte die Mädchen freundlich auf die Stirn und schickte sie weg, ohne ihnen irgend etwas beigebracht zu haben, was ihnen half, längerfristig zu überleben. Vielleicht glaubte Tizbe, mit ihrem Aussehen und ihrem Charme würde sie schon irgendwie durchkommen.
    Aber ich frage mich wirklich, warum sie mir bekannt vorkommt.
    Trotz oder vielleicht auch dank Tizbes Hilfe, war der Kistenberg vor der Tür noch nicht ganz vollständig, als der zweite Pfiff ertönte. Das Summen der Lokomotive veränderte den Ton, als der Zug zu bremsen begann. Maia beeilte sich, so gut sie konnte. Von der harten Arbeit waren ihre Hände schwielig, trotzdem schnitt ihr die grobe Kette jedesmal in die Finger, wenn der Waggon ruckelte. Beinahe hätte sie die Kontrolle über die letzte, sehr schwere Kiste verloren, aber sie schaffte es gerade noch, sie mit einem dröhnenden Krachen abzusetzen.
    Atemlos öffnete Maia die Schiebetüren. Überall neben den Schienen sah sie Brennöfen und Trockenöfen; wie Termitenhügel bestimmten sie das Bild der Gegend und hüllten alles ein mit dem Geruch glasierter, gebackener Erde. »Willkommen in Clay Town, der Attraktion von Argil County«, intonierte Tizbe mit geheucheltem Enthusiasmus. Eine Weile war durch das Fenster nur Rot oder Beige zu sehen, denn draußen wurde Stapel- und kistenweise Keramik an ihnen vorübergetragen. Plötzlich jedoch war der rauchige Brennofen-Distrikt verschwunden, und eine Wohngegend kam in Sicht – Reihe um Reihe winziger Häuschen. Hier in Long Valley hatten die wichtigen Matriarchate ihre Festen in der Nähe von Feldern und Weiden errichtet und die Städte kleinen Haushalten überlassen, die manchmal abschätzig Mikrofesten genannt wurden. Aus dem langsamer werdenden Zug sah Maia eine Frau vorbeigehen, ein kleines Mädchen an der Hand, offenbar ihre Klontochter. Anscheinend lebte die Hälfte der Bevölkerung so – einzelne Frauen, wintergeboren, aber mit einer varähnlichen Existenz, mit Jobs, von denen man kaum die Rechnungen bezahlen und gerade ein einziges Winterkind durchbringen konnte, genau wie das ihre Mütter und Großmütter und deren Ahnmütter vor ihnen es auch getan hatten. Ein identisches nächstes Selbst, das alles erbte und weiterführte. Eine dünne, aber ununterbrochene Kette.
    Es schien eine einfachere, weniger anmaßende Art der Unsterblichkeit als diejenige, die von den großen Häusern praktiziert wurde. Es gibt bestimmt Schlechteres, dachte Maia. Genaugenommen ging von der Mutter und ihrem einzigen Kind, wie sie da gemeinsam entlangspazierten, eine große, angenehme Vertrautheit aus. Seit Maia sich von ihren hochfliegenden Plänen hatte verabschieden müssen, hatte sie begonnen, in bescheideneren Kategorien zu denken. Die Musseli waren freundlich zu ihren Angestellten und behandelten die meisten dieser Einzelfrauen fast wie vollwertige Mitglieder ihrer Gemeinschaft. Vielleicht konnte Maia einen langfristigen Arbeitsvertrag bekommen, wenn sie sich anstrengte. Und wenn sie dann genug gespart hatte, um ein Haus zu bauen…
    Aber selbst wenn sie das alles schaffte, blieb doch immer noch das Problem mit den Männern. Oder mit dem Mann. Die erste Geburt mußte ein Winterkind sein. Es kam selten vor, daß eine Frau, die noch kein Klonmädchen geboren hatte, zu einer anderen Zeit schwanger wurde. Aber das war nicht so leicht. Schließlich konnte sie nicht einfach auf die Straße rennen und rufen: »He, du, ich will ein Kind!«
    Na ja, denk jetzt lieber nicht daran. Eins nach dem anderen.
    Zischend und quietschend fuhr der Zug

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