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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Wirkung. Die alte Frau schwankte wie unter einem Schlag. Erst als es ihr gelungen war, sich einigermaßen zusammenzureißen, brachte sie ein heiseres Flüstern zustande: »Ich bringe dich auf dein Zimmer.«
    Draußen auf dem Korridor hörte Maia aus der Ferne leise Musik und Lachen. Anscheinend war die Party doch noch in Gang gekommen. Als Var war sie es gewohnt, zu solchen Anlässen nicht eingeladen zu werden, und deshalb wunderte sie sich auch nicht, als die Alte sie in die entgegengesetzte Richtung führte. Allerdings fand sie es ein wenig beunruhigend, als sie die Treppe zum Hof hinabstiegen. Zwei Hunde knurrten Maia an, zogen sich aber nach einem scharfen Befehl ihrer Herrin zurück.
    »Ich bringe dich nicht zur Scheune, keine Sorge. Aber wir gehen ums Haus herum. Ich möchte nicht, daß sich meine Gäste gestört fühlen.«
    Durch die Fenster an der Vorderfront des Hauses hörte Maia schallendes Männergelächter. Ein Stück weiter kamen sie an ein paar schwach beleuchteten Fenstern vorbei, aus denen heisere, keuchende Laute drangen, unverkennbar leidenschaftlicher Natur. Na ja, dachte Maia und merkte, wie ihre Ohren heiß wurden, die Joplands sollten sich glücklich schätzen. Allem Anschein nach hat sich das viele Geld heute gelohnt. Bestimmt würde mindestens ein Winterkind aus den Bemühungen dieser hart arbeitenden Männer hervorgehen.
    Ganz am anderen Ende des Südflügels standen mehrere kleine Hütten, jede mit separatem Eingang und einer kleinen Holzveranda. Es gab weder Schlüssel noch Schlösser. Die Matriarchin stieß die Tür zur letzten davon auf, ging hinein und drehte auf Zehenspitzen eine nackte Glühbirne fest. Trübes Licht verbreitete sich, was auch erklärte, warum es keinen Schalter gab – die Birne würde nie so heiß werden, daß man sie nicht mehr anfassen konnte. In einer Ecke des Zimmers lagen zwei zusammengefaltete Decken auf einer Strohmatratze. Maia zuckte die Achseln. Sie hatte schon schlechtere Schlafplätze gesehen.
    »Frühstück beim ersten Hahnenschrei oder gar nicht«, sagte ihre Gastgeberin unfreundlich und verschwand dann ohne ein weiteres Wort. Maia schloß die Tür und machte sich ihr Bett zurecht. Auf dem wackligen Tisch fand sie einen Krug Wasser, trank mit durstigen Schlucken, wusch sich das Gesicht und drehte dann das Licht aus.
     
    Überall sonst in dem ausgedehnten Farmkomplex waren die Menschen damit beschäftigt, leidenschaftliche, atonale Harmonien hervorzubringen. Die Musik der Lust, nannten es die Dichter manchmal. Für Maias Ohren klang es irgendwie ernster.
    Natürlich gab es in jeder Jahreszeit unterschiedliche Rhythmen. Im Sommer waren es die Männer, die ihrem Verlangen Ausdruck verliehen, während sich die skeptischen Frauen nur widerwillig überreden ließen. Diese Verhaltensmuster kannte Maia ihr Leben lang. So wollte es die Natur.
    Nun, genaugenommen wollten es Lysos und die Gründerinnen, überlegte Maia, während sie im Dunkeln lag und lauschte. Es ist schwer sich vorzustellen, daß es auch anders sein könnte.
    Maia hatte schon oft über Sex nachgedacht – zwei Partner, die aus freiem Willen zusammenfanden, einer, nachdem er um den anderen geworben hatte, der andere, nachdem er umworben worden war. Zum Teil war es ein erhabener Akt, aber er war durchdrungen von der rasenden Sehnsucht, das Leben zu packen und festzuhalten, von der Verzweiflung, daß es einem zu entgleiten droht. Eine Vereinigung mit dem Ziel der Unsterblichkeit, so nannten es manche.
    Als Maia noch klein war, spürte sie hormonell bedingtes sexuelles Verlangen höchstens im tiefsten Winter. Doch schon ein Jahr bevor sie Port Sanger verlassen hatte, bemerkte sie bei sich gelegentlich Empfindungen, die sicherlich damit verwandt waren. Eine vage Sehnsucht, ein Gefühl der Leere. Sie hatte den Verdacht, daß Sex eine Rolle dabei spielte, diese Leere zu füllen. Oder jedenfalls teilweise.
    Seufzer und leise Schreie. Die Laute waren faszinierend, und doch fragte sich Maia, ob nicht mehr an der Sache war als Spannungsaufbau, Entladung und das Vermischen von Körperflüssigkeiten. Vielleicht eine Vereinigung, die das, was jeder Partner mitbrachte, verstärkte und vergrößerte.
    Oder bin ich einfach nur naiv? Nicht einmal Leie hatte sie diesen Gedanken verraten. »Du möchtest also einen stinkenden, kratzigen Mann als Haustier?« hätte ihre Zwillingsschwester sie vielleicht geneckt. Auch jetzt hatte Maia keine Ahnung, was sie sich wirklich wünschte, und ob diese Wünsche in der Welt

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