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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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ihre Unterarme umwickelt waren. Unglücklicherweise waren die Kisten aber fest zugenagelt. Sie spürte ihren tragbaren kleinen Sextanten, der immer noch an ihrem linken Arm befestigt war. Vielleicht waren seine ausklappbaren Teile auch scharf genug, aber er war unter eben jenen Stoffschichten für Maia völlig unerreichbar.
    Sie ließ sich auf einer Kiste nieder und beugte sich hinab, um die Fesseln näher in Augenschein zu nehmen. Sie blinzelte und seufzte dann angewidert. »Oh! Da soll mich doch…«
    Direkt unter ihrem Handgelenk, wo es am wenigsten auffiel, waren die Stoffbänder nur mit einem einfachen Knoten zusammengeschlungen.
    »Verflucht und zugenäht!« brummte Maia, während sie die Arme hob und versuchte, die herabhängenden Enden mit den Zähnen zu packen. Nach einigem Ziehen und Zerren gab der Knoten nach, und bald konnte sie eine Stoffschicht nach der anderen abwickeln. Immer wieder war sie durch das erneut aufsteigende Schwindelgefühl gezwungen, eine Pause einzulegen und tief durchzuatmen. Als sie endlich fertig war, mußte sie ihre erste Einschätzung der Fesseltechnik revidieren – sie war gar nicht so dumm. Zweifellos hatte man beabsichtigt, daß Maia sich über kurz oder lang selbst befreien würde, aber sie hätte es unmöglich früher bewerkstelligen können, solange die Wächterinnen noch in der Nähe waren.
    Endlich schleuderte sie die Fesseln mit einem Fluch von sich. Als die Durchblutung wieder in Gang kam, begannen die Hände schmerzhaft zu kribbeln. Maia massierte sie, streckte sich, wedelte mit den Armen und wanderte in der Zelle herum, um sich ein wenig zu lockern.
    Bei der Tür entdeckte sie einen kleinen Tisch, der ihr bislang noch nicht aufgefallen war. Darauf stand ein Krug Wasser und eine angeschlagene Tasse. Sie zwang ihre zitternden Hände, die richtigen Bewegungen auszuführen, goß sich Wasser ein und trank gierig. Als der Krug halb leer war, stellte sie die Tasse ab und wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab.
    Und zu essen?
    Sie fand nichts, aber unter dem Tisch stieß sie auf einen großen Keramiktopf mit einem Deckel, verziert mit glasierten Bildern von Segelschiffen auf hoher See. Maia entfernte den Deckel und kam einem weiteren körperlichen Bedürfnis nach.
    Als die dringendsten Sorgen damit erledigt waren, drängten sich andere in den Vordergrund. Verzweiflung, ihre alte Erzfeindin, schien an die Tür zu klopfen und zu fragen: »Jetzt?«
    Doch Maia schüttelte entschieden den Kopf. Ich muß mich beschäftigen. Ich darf nicht nachdenken.
    So machte sie sich an die Arbeit, schob die schweren Kisten zusammen und stapelte sie aufeinander. Bei der Anstrengung wurde ihr wieder schwindlig, und sie mußte sich eine Weile ausruhen. Dann machte sie mit neuen Kräften weiter, und schließlich erhob sich eine provisorische Pyramide vor dem hohen Fenster. Wenn sie auf den letzten Stapel zusammengefalteter Teppiche stieg, waren ihre Augen immerhin auf einer Höhe mit dem schmalen Schlitz, so daß sie auf die endlose Prärie hinaussehen konnte, die direkt unter ihr, am Fuß des Turms begann. Die Fensteröffnung schien reichlich eng zum Hindurchschlüpfen, und selbst wenn sie es schaffte, würde sie ein ganzes Warenlager Teppiche und Vorhänge zusammenbinden müssen, um sich bis auf den Talboden hinabzulassen. Vielleicht war dieser Raum nicht als Gefängniszelle geplant gewesen, aber er war nicht ungeeignet.
    Ich hab ja früher immer davon geträumt, endlich einmal ein Männerreservat von innen zu sehen, dachte sie sarkastisch und kletterte wieder von ihrer Pyramide herunter.
    Sie zerrte an den Deckeln einiger Kisten herum, aber sie ließen sich nicht öffnen. Immerhin schaffte sie es, ein paar Teppiche aufzurollen und sich in einer Ecke eine Art Bett zu machen – oder eher ein Nest. Ihr Magen knurrte. Sie trank und benutzte noch einmal den Nachttopf. Abgesehen davon schien es nichts zu geben, was sie tun konnte.
    »Jetzt!« meldete sich die Stimme der Verzweiflung wieder, nicht bereit, sich weiterhin abspeisen zu lassen, und Maia vergrub das Gesicht in den Händen.
    Warum ich? fragte sie sich. Die Einsamkeit, eine weitere Erzfeindin, schien nie zufrieden. Ihre Besuche wurden immer brutaler, seit der gräßliche Sturm die Wotan und die Zeus endgültig getrennt und Maia und ihre Zwillingsschwester auseinandergerissen hatte. Damals hatte Maia geglaubt, schlimmer könnte es nicht kommen. Aber was hielt die Welt noch für sie bereit?
    Anscheinend eine Menge.
    Maia wickelte sich in

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