Die Company
nach draußen auf Árpáds Leiche, die in einer Blutlache auf der Straße lag. Sie zog einen alten Revolver aus dem Gürtel und drehte die Trommel. »Ich habe noch vier Kugeln – drei sind für die Russen, die letzte für mich …«
Ebby ging hinüber zu einem Toten, der mit Zeitungspapier abgedeckt worden war, und hob das Gewehr auf, das neben ihm lag. Er verscheuchte die Fliegen und tastete die Taschen des Soldaten nach Patronen ab. Er fand zwei, legte eine ein und lud durch. »Ich werde an deiner Seite kämpfen«, sagte er.
Es war fast drei Uhr morgens, und Ebby war in einen unruhigen Schlummer gefallen. Er saß gegen die Wand gelehnt, das Gewehr griffbereit im Schoß, als ihn jemand sachte wachrüttelte. Er schlug die Augen auf und sah Zoltán neben sich kauern.
»Es gibt einen Fluchtweg«, flüsterte der Zigeuner aufgeregt. »Durch die Tunnel.«
Elizabet, die in eine Decke eingerollt neben Ebby auf dem Zementboden lag, schreckte aus dem Schlaf auf.
»Zoltán meint, wir können hier rauskommen«, sagte Ebby leise.
»Die Jungs und ich sind seit Stunden mit Brechstangen zugange«, sagte Zoltán. Seine weißen Zähne blitzten, als er vor Stolz lächelte. »Wir haben das Mauerwerk in einem der schmalen Tunnel an der niedrigsten Stelle aufgebrochen, so dass das meiste Abwasser in die Kellerräume geflossen ist. In einer Viertelstunde kann man da durchgehen. Alle bereiten sich vor. Folgt mir ganz leise.«
Zoltán führte sie tastend durch die Dunkelheit über mehrere Stahltreppen hinunter in die Tiefen der Kaserne. Dann stiegen sie durch eine Luke und eine Holzleiter hinab, bis sie im e hemaligen Magazin ankamen. Der höhlenartige Raum wurde von mehreren Kerosinlampen erhellt und enthielt lediglich Holzkisten, in denen früher Pulver für die Kanonen transportiert worden war. Die Mauern waren grün vor Feuchtigkeit. Langsam trafen auch die letzten Widerständler unten im Magazin ein. Zwölf russische Deserteure, die sich in einem Verlies versteckt gehalten hatten, wurden hergeholt. Man hatte ihnen Zivilkleidung von gefallenen Freiheitskämpfern gegeben, ungarische Pässe und Geld sowie Straßenkarten, auf denen die Routen zur jugoslawischen Grenze markiert waren. Sollten sie gefasst werden, würde man sie mit Sicherheit vor ein Exekutionskommando stellen.
Die überlebenden Kämpfer und die russischen Deserteure teilten sich in Fünfergruppen auf, die jeweils mit fünf Minuten Abstand in ein Loch am hinteren Ende des Magazins hinunterstiegen, das aussah wie ein ummauerter Schacht. Zoltán, Ebby, Elizabet und zwei Russen bildeten die vorletzte Gruppe. Nacheinander ließen sie sich in den Schacht hinunter und kamen in einem Tunnel heraus, in dem knöcheltiefes, nach Fäkalien stinkendes Abwasser stand.
Elizabet, die zwischen Zoltán und Ebby ging, hielt sich Mund und Nase zu, aber der Gestank machte sie schwindlig. Ebby sah, wie sie von einer Wand zur anderen taumelte, und packte sie fest am Gürtel, um sie aufrecht zu halten. Zoltán ging voraus und beleuchtete mit einer Kerosinlampe den Weg. Nach etwa hundertfünfzig Metern stieg das Abwasser plötzlich rasch an. Zoltán beschleunigte seine Schritte, watete durch die Brühe, die ihm schon bis zu den Knien reichte. Von hinten hörten sie das panische Keuchen der letzten Gruppe, die sich durch das steigende Wasser kämpfte.
Das Abwasser stand schon hüfthoch, als sie eine Biegung im Tunnel erreichten und im schwachen Lichtschein der Kerosinlampe stählerne Sprossen in der Wand erblickten. Sie waren einzeln ins Mauerwerk getrieben und verloren sich in der Dunkelheit über ihren Köpfen. Zoltán stieg ein Stück hinauf und reichte Elizabet die Hand, um sie auf die erste Sprosse zu ziehen, die über dem Wasserspiegel lag. Einer nach dem anderen kletterten sie hinauf.
Als von tief unten wildes Keuchen und hektisches Platschen zu hören war, hielt Zoltán auf einer Sprosse inne und rief etwas auf Ungarisch hinab. Eine rasselnde Stimme antwortete. Zoltán sagte: »Nur zwei von der letzten Gruppe haben es geschafft«, dann wandte er sich um und kletterte weiter.
Über ihren Köpfen schimmerte ein Licht, und leise Stimmen riefen ihnen Ermutigungen zu. Schließlich wurden sie von starken Armen gepackt und über den Rand gezogen, wo sie sich auf einen lehmigen Boden fallen ließen. Rundum an den Wänden des Raumes lehnten erschöpfte Freiheitskämpfer.
»Wo sind wir?«, fragte Ebby.
Einer der Widerständler sagte knapp: »Wir sind im Keller eines alten
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