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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Molotow-Cocktails, aber nur noch zwölf Schuss Munition für jeden Kämpfer. Die unausweichliche Frage kann nicht länger aufgeschoben werden. Seit die Tunnel geflutet wurden, ist jeder Fluchtweg abgeschnitten. Damit haben wir nur die Wahl, bis zum bitteren Ende zu kämpfen oder den Russen zu glauben und um Amnestie zu bitten.«
    Einige der jungen Soldaten begannen einen erbitterten Wortwechsel, den Elizabet nicht übersetzen musste – es war klar, dass einige meinten, es wäre an der Zeit, die Waffen niederzulegen, während andere weiterkämpfen wollten. Árpád sagte nichts und betrachtete die jungen Leute mit dem gehetzten Blick eines Menschen, der tragische Fehler begangen hat. Schließlich hob er die Hand, und es trat Stille ein.
    »Er will sie per Handheben abstimmen lassen«, erläuterte Elizabet.
    Zögernd reckten sich immer mehr Hände in die Luft. Árpád konzentrierte sich auf seine Zigarette. Er war offensichtlich gegen die Kapitulation. Elizabet hielt beide Arme eng an den Körper gepresst. Sie machte sich keine Illusionen über die Russen und wollte lieber kämpfen, als in einem russischen Gefängnis zu landen.
    Einer der jungen Soldaten stieg auf eine Kiste und zählte die Stimmen.
    »Die Mehrheit will aufgeben«, sagte Elizabet zutiefst enttäuscht. »Árpád wird mit einer weißen Fahne rausgehen und die Bedingungen der Amnestie aushandeln. Dann wird er die Verwundeten hinausbringen. Wenn alles gut geht, ergeben wir Übrigen uns morgen.«
    Man brachte die Verwundeten aus allen Winkeln der riesigen Kaserne zum Haupttor. Viele humpelten an selbst gebastelten Krücken. Wer gehen konnte, half denjenigen, die es nicht mehr konnten. Árpád band ein schmutziges weißes Unterhemd an einen Stock. Einige Freiheitskämpfer wandten sich tränenblind ab, als Árpád nach einem letzten verzweifelten Blick zu Elizabet das wuchtige Stahltor öffnete und hinaus auf die Straße trat.
    Ebby und Elizabet hasteten hinauf in den dritten Stock, um die Geschehnisse durch einen schmalen Mauerschlitz zu beobachten. Ein russischer Offizier in einem langen grauen Mantel mit golden schimmernden Schulterklappen trat hinter einem Panzer hervor und traf Árpád auf halbem Weg. Der Russe bot dem Dichter eine Zigarette an und zuckte die Achseln, als dieser ablehnte. Die beiden Männer sprachen einige Minuten miteinander, wobei der Russe immer wieder den Kopf schüttelte. Er wollte offensichtlich keine Zugeständnisse machen. Schließlich nickte der Dichter. Der Russe streckte ihm die Hand entgegen. Árpád betrachtete sie einen Moment angeekelt, dann schob er beide Hände in die Taschen seiner Lederjacke, machte auf dem Absatz kehrt und ging zurück zur Kaserne.
    Augenblicke später trat er wieder auf die Straße, diesmal gefolgt von einer jämmerlichen Prozession Verwundeter. Manche wurden auf Stühlen getragen, andere zogen die Beine nach, während ihre Kameraden sie auf die Reihe russischer Panzer zuschleiften. Der graubärtige Priester trug einen blutigen Kopfverband und stützte sich auf eine junge Frau mit einer Rote-Kreuz-Binde am Arm. Auf halber Strecke blieb Árpád unvermittelt stehen, und die anderen verharrten hinter ihm. Manche sanken erschöpft zu Boden. Ebby sah, wie Árpád wütend in Richtung der Russen deutete, die auf den Dächern gegenüber postiert waren; sie hatten ihre mit Zielfernrohren ausgestatteten Gewehre auf den Mauerbrüstungen in Anschlag gebracht. Árpád schüttelte heftig den Kopf, als erwache er aus einem tiefen Schlaf. Er riss eine schwere Armeepistole aus der Jackentasche, machte einen Schritt nach vorn und presste die Mündung an die Stirn. » Eljen! «, schrie er heiser – »Langes Leben!« – und drückte ab. Er kippte rückwärts auf die Straße, ein Bein grotesk unter den Körper geknickt. Blut schoss aus dem riesigen Loch in seinem Kopf. Die Verwundeten in seiner Nähe drängten weg von der Leiche, und im selben Moment war von dem Dach gegenüber ein Pfiff zu hören. Dann mähte eine Salve der Scharfschützen sie alle nieder. Es dauerte nur wenige Sekunden. Elizabet, vor Schock sprachlos, wandte sich von dem Mauerschlitz ab und presste sich mit dem Rücken gegen die Wand, kalkweiß und zitternd. Einen Augenblick lang herrschte Totenstille. Dann drang ein animalisches Heulen aus der Kaserne. Einige junge Ungarn nahmen die Scharfschützen auf dem Dach unter Feuer, bis ihnen jemand zurief, sie sollten keine Munition verschwenden.
    Die Arme eng um den Körper geschlungen, starrte Elizabet

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