Die Company
Castros.«
Der Zauberer konnte den Blick nicht von Mooneys Fingern abwenden. Lang und knochig, mit schwarzen Haarbüscheln zwischen den Knöcheln und einem Saphirring (ein Geschenk von Frank Sinatra) am kleinen Finger, trommelten sie auf der Bar, fuhren um den überfüllten Aschenbecher herum, streichelten ein Glas mit Scotch, pulten in einem Ohr und fuhren dann durch die Luft, um ein Argument zu unterstreichen. »Bobby Kennedy ist ein durchtriebener Sausack«, höhnte Mooney. »Da hat er mich doch letztes Jahr vor diesem beschissenen Senatsausschuss verhört. Ich hab die ganze Zeit nur gelächelt wie blöde, kein Wort gesagt, wie mein dämlicher Rechtsverdreher mir geraten hat, und was sagt dieser Scheißkerl?«
»Was sagt der Scheißkerl?«, fragte Rosselli.
»Der Scheißkerl sagt: ›Ich dachte, nur kleine Mädchen kichern, Mr. Giancana‹, das sagt er. Richtig laut. Vor diesen Scheißsenatoren. Vor diesen Scheißreportern. Und ein paar von denen lachen laut auf. Und am nächsten Tag schreibt jede Scheißzeitung in diesem Scheißland was darüber, wie dieser Scheißkerl von Bobby Kennedy mich, Mooney Giancana, ein kleines Mädchen genannt hat.« Giancanas Finger rupften die Havanna von seinen Lippen und richteten die glühende Spitze auf Torritis Augen. »Mooney Giancana lässt sich von keinem beleidigen. Von keinem. Ich werd diesen kleinen Wichser wegpusten, das garantiere ich Ihnen.«
Sie saßen zu dritt an der Bar einer menschenleeren Cocktaillounge, nicht weit vom Flughafen Miami entfernt. Schwere Vorhänge vor den Fenstern verdunkelten den Raum und dämpften den Verkehrslärm. Rosseliis Leute waren an der Eingangstür und an der Flügeltür postiert, die zu den Toiletten und zur Küche führte. Die Bardame, eine Wasserstoffblondine mit rosafarbenem BH unter der transparenten Bluse, hatte ihnen ihre Drinks serviert, die Flasche und einen Kühler Eis auf die Theke gestellt und war verschwunden.
Rosselli sprach sein Urteil über Bobby Kennedy. »Der Schleimscheißer hat sich wichtig machen wollen.«
»Keiner macht sich auf meine Kosten wichtig.« Giancana kaute auf seiner Zigarre und musterte den Zauberer durch die Rauchkringel hindurch. »Unser Johnny hier hat mir gesagt, Sie wären in Ordnung«, sagte er.
Rosselli, der in seinem zweireihigen Nadelstreifenanzug ausgesprochen elegant wirkte, sagte: »Ich habe Bekannte in Sizilien, die sich noch vom Krieg her an ihn erinnern – die sagen, er ist okay.«
Der Zauberer griff nach der Flasche und goss sich erneut ein. »Ich denke, wir müssen zuerst das Grundsätzliche klären, wenn wir zusammenarbeiten wollen«, sagte er.
»Lassen Sie hören«, sagte Giancana gut gelaunt.
»Erstens: Das ist eine einmalige Angelegenheit. Wenn es vorbei ist, sehen wir uns nie wieder, und es ist nie passiert.«
Giancana wedelte mit seiner Zigarre, als sei das das Selbstverständlichste von der Welt.
»Johnny«, fuhr der Zauberer fort, »hat schon jede Entschädigung abgelehnt –«
Giancana riss erstaunt die Augen auf.
»Mooney, ich hab dir doch gesagt, er ist bereit, bar zu zahlen, aber wenn wir uns entscheiden mitzumachen, dann aus reinem Patriotismus.«
»Patriotismus, genau«, stimmte Giancana zu, die Hand aufs Herz gelegt. »Amerika ist verdammt gut –«
»– zu euch«, sagte der Zauberer. »Ich weiß.«
»Wir sollen also Castro für euch erledigen?« Giancana stieß ein kurzes, nervöses Kichern aus.
»Ich hatte gehofft, dass Sie Geschäftspartner in Havanna haben, die ihn neutralisieren könnten.«
»Was heißt ’n das, neutralisieren? «, wollte Giancana von Rosselli wissen.
»Er will, dass wir ihn umlegen«, erklärte Rosselli.
»Hab ich doch gesagt – ihr wollt, dass wir ihn erledigen. Irgendwelche Terminwünsche?«
»Je eher, desto besser«, sagte der Zauberer.
»So was braucht seine Zeit«, mahnte Giancana.
»Sagen wir, irgendwann vor dem kommenden Frühjahr.«
Giancana nickte bedächtig. »Wie hatten die Leute, die Sie vertreten, sich die Ausführung gedacht?«
Der Zauberer wusste, dass sie jetzt zur Sache kamen. »Wir haben uns vorgestellt, dass Ihre Geschäftspartner Castros routinemäßigen Tagesablauf herausfinden, seinen Wagen abfangen und ihn erschießen. So was in der Art …«
Giancana sah Rosselli an. Seine Unterlippe schob sich über die Oberlippe, und er schüttelte ungläubig den Kopf. »Da sieht man mal wieder, dass diese Wall-Street-Pinkel von so was keinen Schimmer haben. Schusswaffen sind viel zu riskant. Weil nämlich
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