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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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eines versteht, nämlich Gewalt.«
    Leo war der Überzeugung, dass Amerika notfalls einen Krieg riskieren sollte, um Berlin nicht den Roten zu überlassen. »Der Kalte Krieg wird sich zwangsläufig in einen heißen Krieg verwandeln«, sagte er, über den Tisch gebeugt. »Amerika hat nach der Kapitulation von Deutschland und Japan zu früh abgerüstet, und das war ein großer Fehler. Wir sollten schleunigst wieder aufrüsten, verdammt noch mal. Wir müssen aufhören, dem Kalten Krieg bloß zuzuschauen, wir müssen endlich kämpfen. Während wir den Kopf in den Sand stecken, machen die aus den Satellitenstaaten Sklavenstaaten und sabotieren freie Wahlen in Frankreich und Italien.«
    Der Coach sagte: »Mich würde ja interessieren, wie ihr die McCarthy-Sache seht.«
    Jack sagte: »Na schön, mag sein, dass Joe McCarthy übertreibt, wenn er sagt, dass es in der Regierung von Kommunisten nur so wimmelt. Aber in einem hat der Mann Recht: kein Rauch ohne Feuer.«
    »Ich finde«, sagte Leo, »diese neue Central Intelligence Agency, die Truman sich da ausgedacht hat, braucht ein bisschen Pep. Wir müssen sie so ausspionieren, wie sie uns ausspionieren.«
    »Ganz genau«, stimmte Jack von Herzen zu.
    Stella, Sozialarbeiterin in New Haven und sieben Jahre älter als Leo, schüttelte angewidert den Kopf. »Also, ich sehe das ganz anders als ihr. Ich finde, wir sollten das Leben genießen, bevor der Krieg ausbricht, weil es nämlich danach unmöglich sein wird – die Überlebenden werden wie Würmer in unterirdischen Atomschutzbunkern hausen.«
    Auf dem Rückweg zu der Wohnung, die Leo und Jack sich mit einem russischen Austauschstudenten namens Jewgeni Alexandrowitsch Tsipin teilten, versuchte Leo, Stella zu überzeugen, doch sie beharrte auf ihrem Standpunkt. »Ich sehe keinen Sinn darin, wieder zu den Waffen zu greifen, nur um in einer gottverlassenen Stadt wie Berlin zu bleiben.«
    Leo war außer sich. »Mit deinem Pazifismus spielst du Stalin direkt in die Hände.«
    Stella hakte sich bei Jack ein und streifte ihn dabei leicht mit einer Brust am Ellbogen. »Leo ist wütend auf mich, Jacky«, sagte sie gespielt schmollend, »aber du verstehst mich doch.«
    »Ich spüre dich vor allen Dingen«, sagte Jack mit lüsternem Unterton.
    »Ich hoffe, du hast nicht vor, mich auszubooten«, warnte Leo.
    »Ich dachte, Mannschaftskameraden teilen alles«, erwiderte Jack.
    Leo blieb abrupt stehen. »Was willst du damit sagen, Jack? Soll ich dir Stella für heute Nacht ausleihen?«
    »Nun sei doch nicht gleich so giftig«, entgegnete Jack heiter.
    »Er kann nun mal nicht anders«, sagte Stella zu Jack. Sie wandte sich an Leo. »Damit eins klar ist«, sagte sie mit ernstem Gesicht. »Ich gehöre dir nicht, Leo, du hast lediglich das Nutzungsrecht. Niemand leiht sich Stella aus, wenn Stella sich nicht ausleihen lassen will.«
    Sie setzten den Weg fort. Plötzlich schüttelte Jack den Kopf. »Verdammt! Leo, alter Knabe, alter Freund, was sind wir für Hohlköpfe – ich glaube, man hat uns Avancen gemacht!«
    »Stella macht keine Avancen –«
    »Ich meine nicht Stella, ich meine Coach Waltz. Wann hat er das letzte Mal mit irgendwem von seinen Ruderern über Politik gesprochen? Die ganzen Fragen, die er uns gestellt hat. Ob wir meinen würden, dass Patriotismus überholt ist. Ob wir meinen würden, dass jeder Einzelne etwas in einer Welt bewirken kann, die von Atomkriegen bedroht ist? Und was er am Schluss gesagt hat – dass wir das Gespräch besser für uns behalten, wo Jewgeni doch der Sohn eines russischen Diplomaten ist und so.«
    »Heiliger Jesus, Jewgeni ist kein Kommunist «, empörte sich Stella.
    »Verdammt, ich sage ja gar nicht, dass er Kommunist ist«, entgegnete Jack. »Allerdings, wenn man’s recht bedenkt, ist sein Vater wahrscheinlich einer, was bleibt ihm auch anderes übrig, dort, wo er ist.« Er wandte sich an Leo. »Wieso haben wir das nicht gemerkt? Der Coach muss ein Talentsucher sein. Und wir sind die Talente.«
    Leo setzte sein berühmtes mürrisches Lächeln auf. »Und was glaubst du, für wen er Talente sucht?«
    »Für irgendwas, das mit der Regierung zu tun hat. Und ich wette mit dir, es ist nicht die staatliche Forst Verwaltung.«
    Als sie wenig später die Wohnung im fünften Stock eines heruntergekommenen Hauses an der Dwight Street betraten, saß ihr russischer Mitbewohner zusammengesackt am Küchentisch, den Kopf auf Trevelyans American Revolution. Jack rüttelte ihn an der Schulter, woraufhin Jewgeni

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