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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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mit uns sein Ruhestandspaket«, sagte Ebby. »Wenn er uns alles auf einmal gibt, kann er nicht mehr so viel verlangen.«
    Manny blickte wieder auf seine Notizen. »Jetzt wird’s allmählich spannend. AE/PINNACLE behauptet, er habe vor zirka einem Jahr im Büro das Gerücht gehört, dass die Residentur einen Überläufer von unserem militärischen Abschirmdienst NSA führt – der Überläufer hatte offenbar eine Schwäche für Frauen und Glücksspiel und brauchte dringend Geld. Um keine unnötigen Risiken einzugehen, fanden die persönlichen Treffen mit dem NSA-Überläufer immer dann statt, wenn er Urlaub im Ausland machte. Die Kontakte in Washington liefen über tote Briefkästen. Der KGB-Oberstleutnant, der für den Überläufer zuständig war, hat letzten Dezember auf einer privaten Feier in der Botschaft einen Orden verliehen bekommen, für AE/PINNACLE ein eindeutiges Zeichen dafür, wie wichtig der NSA-Überläufer war. Mitte Januar – um genau zu sein, am sechzehnten, einem Mittwoch – wurde Kukuschkin vom KGB-Residenten gebeten, für den grippekranken Oberstleutnant einzuspringen. Er sollte einen toten Briefkasten auf der Herrentoilette im Jefferson Hotel in der Washingtoner Innenstadt bedienen. Natürlich konnte Kukuschkin sich denken, dass die Meldung, die er zustellen sollte, für den Maulwurf im NSA bestimmt war. Der Resident gab Kukuschkin eine verschlüsselte Nachricht, die aufgerollt in der Kappe eines Füllfederhalters versteckt war, und erzählte ihm entgegen den Vorschriften lachend, was drinstand. Mit dem Inhalt der Nachricht, so Kukuschkin, können wir den Verräter im NSA identifizieren.«
    Colby pfiff durch die Zähne. Falls es diesen Agenten im NSA gab, hatte der KGB Zugang zu Amerikas strengst gehüteten Geheimnissen des Kalten Krieges. Die Enttarnung eines NSA-Maulwurfs wäre ein schwerer Schlag für den KGB.
    »Ein sowjetischer Maulwurf im NSA, wenn das noch nicht der versprochene Clou war, dann schwant mir Fürchterliches«, sagte Jack.
    »Lassen Sie hören«, sagte Colby zu Manny.
    Manny warf seinem Vater einen Blick zu. Ebby nickte ihm aufmunternd zu; Manny konnte seinem Gesichtsausdruck entnehmen, dass er seine Sache gut machte. »Der Clou, Mr. Colby«, sagte Manny. Er schlug die letzte Seite seiner handschriftlichen Notizen auf. »Der letzte Punkt auf meiner Liste« – Manny blickte verstohlen auf Angleton, der sich gerade wieder eine Zigarette anzündete – »ist SASHA.«
    Angletons schläfrige Augen wurden schlagartig hellwach.
    »AE/PINNACLE behauptet, innerhalb der Company sitze ein Agent mit dem Decknamen SASHA, der von der Moskauer Zentrale – nicht von der Residentur in Washington – betreut werde. Der führende Kopf der Operation ist jemand mit dem Spitznamen Starik, was auf Russisch alter Mann bedeutet. In der Residentur munkelt man, dass dieser Starik auch Philby betreut haben soll. Zwischen der Residentur und SASHA besteht keine direkte Verbindung – alles läuft über eine verdeckt in den USA lebende Kontaktperson.«
    »Nicht sehr aufschlussreich«, nörgelte Angleton, doch es war unübersehbar, dass Mannys Geschichte einen wunden Punkt getroffen hatte.
    »Kukuschkin behauptet, der KGB-Resident, der Leiter des Konsulats in der Botschaft, ein Mann namens Kliment Jewgenewitsch Borisow, sei ein alter Freund von ihm aus der Studienzeit. Die beiden trinken spätabends oft zusammen was im Büro des Residenten. Kukuschkin sagt, er habe sich entschieden, gerade jetzt überzulaufen, weil er bei einem Plausch mit dem Residenten erfahren hat, dass sowohl SASHA als auch seine Kontaktperson derzeit nicht in der Stadt sind. Er behauptet, er könne nicht überlaufen, wenn SASHA in Washington ist, weil er als einer der Ersten davon Wind bekäme. Kukuschkin sagt, wir müssen uns beeilen, weil die günstige Gelegenheit, also die Zeit, in der SASHA nicht in Washington ist, rasch vorbei sein wird – in zwei Wochen, um genau zu sein. Sobald wir ihn und seine Familie in Sicherheit gebracht hätten, werde AE/PINNACLE uns den Anfangsbuchstaben des Nachnamens von SASHA nennen, außerdem wird er uns ein wichtiges biografisches Detail verraten und sagen, wann genau SASHA schon einmal für einige Zeit nicht in Washington war. Anhand dieser Informationen, so sagt er, müssten wir ihn identifizieren können.«
    Angleton wedelte sich den Zigarettenrauch aus den Augen. Es war seine feste Überzeugung, dass alle potenziellen sowjetischen Überläufer Agenten waren, da der sowjetische Maulwurf in

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