Die Company
»Manny wäre ja nicht allein, Bill. Er hätte schließlich die ganze Sowjetabteilung hinter sich.«
Ebby sagte trocken: »Ich enthalte mich der Stimme, aus nahe liegenden Gründen.«
Jack sagt: »Ich aber nicht. Wenn Leo Kritzky hier wäre, würde er das Gleiche sagen wie ich. Die Sowjetabteilung sollte die Sache abwickeln. Die Spionageabwehr hat schon etliche potenzielle Überläufer abgelehnt, von denen bestimmt manche – viele – echt waren.«
»Wenn die Gegenspionage von Exfiltrationen abrät«, widersprach Angleton hitzig, »dann doch nur, um die Company vor Falschinformanten zu schützen –«
»Also schön«, sagte Colby. »Jim, wir wissen beide, dass ein vertrautes Gesicht für einen potenziellen Überläufer Gold wert ist. Und Sie selbst haben gesagt, dass Manny alles richtig gemacht hat.« Er wandte sich an Ebby. »Ich möchte, dass der DD/O eine Sondereinheit zur Abwicklung dieser Exfiltration bildet. Nicht mehr als die paar Leute hier im Raum und ihre wichtigsten, engsten Mitarbeiter. Ich möchte vermeiden, dass irgendwer außerhalb dieses kleinen Kreises von der Sache Wind bekommt. Ich möchte binnen dreizehn Tagen wissen, was die Sondereinheit empfiehlt, ein Zeitrahmen, der nicht zufällig dem Zeitraum entspricht, in dem SASHA sich nicht in Washington aufhält. Manny, Sie spielen die Schlüsselrolle – Sie treffen sich mit AE/PINNACLE und gewinnen sein Vertrauen und bringen die Ernte ein. Jim, Sie vertreten in der Sondereinheit die Gegenspionage. Wenn Sie wegen irgendwelcher Operationen Bedenken haben, die Sie mit dem DD/O oder seinem Stellvertreter nicht aus der Welt schaffen können, wenden Sie sich direkt an mich. Sobald wir den Russen gemolken haben, können Sie, wenn Sie nicht zu den gleichen Ergebnissen kommen wie der DD/O, bei mir offiziell Ihre anders lautende Meinung aktenkundig machen.« Colby sah auf die Uhr. »Jim, wenn Sie sich nicht beeilen, kommen Sie noch zu spät zu Ihrem Termin.«
»Schon gut. Ist wirklich nicht schlimm.«
»Ich hör dir doch an, dass es wohl schlimm ist.«
»He, ich werde schon jemanden auftreiben, der mit mir ins Kino geht. Danach nehme ich ihn mit zu mir, wir machen eine gute Flasche Wein auf, drehen das Licht schummrig und legen Paul Anka auf. Wie es weitergeht, kannst du dir ja denken.«
»Tut mir wirklich Leid, Nellie. Es ist was Wichtiges dazwischengekommen –«
»Bei euch kommt immer was Wichtiges dazwischen. Das höre ich ständig von meiner Mutter. Elizabet sagt, eine Frau, die sich ernsthaft mit jemandem von der CIA einlässt, muss völlig verrückt sein; sie fängt als Company- Witwe an, und dann geht’s nur noch bergab. Willst du eigentlich nicht die gute Nachricht hören?«
»Du hast den Job!«
»Ja, ich hab ihn, ich hab ihn. Ich könnte vor Freude ausflippen, Manny. Ich hab ihnen mein Harvard-Zeugnis unter die Nase gehalten, und sie waren hin und weg. Ist zwar nur eine kleine Kanzlei, aber vom Feinsten. Und ich bin die allererste Frau, die sie nicht bloß als Tippse einstellen. Das wird noch was werden – ich im Minirock unter all den stocksteifen Anzügen!«
»Toll, Nellie. Ich hab gewusst, dass du sie umhaust –«
»Willst du wissen, wie viel ich verdiene?«
»Lieber nicht.«
»He, du hast doch hoffentlich kein Problem damit, dass deine Freundin mehr nach Hause bringt als du.«
»Nein. Ich habe nur ein Problem mit Inzest.«
Nellies Lachen perlte durchs Telefon. »Da bin ich aber froh. Wann sehen wir uns wieder?«
»Vielleicht am Wochenende. Vielleicht.«
»Wieso vielleicht?«
»Wie ich schon sagte, wegen einer wichtigen Sache.«
»Okay, dann bleibt mir bis dahin wohl nichts anderes übrig, als bei mir selbst Hand anzulegen.«
»Nellie, du bist unmöglich –«
»Im Gegenteil, Manny. Ich bin möglich. «
Jack hatte die Leitung der Sondereinheit übernommen, und unter seinen wachsamen Augen machte Manny sich an die Vorbereitung der eventuellen Exfiltration. Für Agatha Ept war es eine spannende Abwechslung, im Interesse der nationalen Sicherheit eine Affäre mit einem verheirateten russischen Diplomaten vorzutäuschen. Der Verwalter des Hauses, in dem Ept ihre Wohnung hatte, ein pensionierter Regierungsbeamter, überschlug sich förmlich vor Hilfsbereitschaft und sagte, Ende des Monats werde eine der Nachbarwohnungen von Agatha Ept frei. Manny klopfte an die Tür von 5F und wies sich als Sicherheitsbeamter des State Department aus. Als er den Mietern, einem jungen Pärchen, anbot, die Umzugskosten zu übernehmen,
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