Die Company
war. Ende des Jahres, so Stariks Hoffnung, würde Genosse Breschnew CHOLSTOMER persönlich absegnen, und das Strategem, das Amerika in die Knie zwingen würde, konnte endlich in die Tat umgesetzt werden.
Stariks Gedanken schweiften zu Jewgeni Alexandrowitsch. Er bedauerte es zutiefst, ihm Heimaturlaub gegeben zu haben. Die tödliche Krankheit von Jewgenis Vater hatte Starik den Verstand vernebelt, ihn sentimental gemacht; er hatte seine letzte Schuld bei dem alten Tsipin, dessen Führungsoffizier er gewesen war, beglichen – Tsipins Asche war am Nachmittag in dem Birkenwald von Peredelkino verstreut worden. Jetzt war es höchste Zeit, dass Jewgeni wieder in die Kriegszone zurückkehrte. Und es war höchste Zeit, dass Starik sein Katz-und-Maus-Spiel mit dem angeschlagenen, aber nach wie vor gefährlichen James Jesus Angleton fortsetzte.
»Dass Katzen Fledermäuse atzen? Dass Fledermäuse Katzen atzen?«, rezitierte er laut.
Er nahm sich vor, dass er dieses Kapitel den Mädchen vorlesen würde, wenn er sie am Abend ins Bett brachte.
4 Washington, D.C.,
Donnerstag, 4. Juli 1975
D
er dunkle, mit kugelsicheren Scheiben ausgestattete Oldsmobile schlängelte sich durch den dichten Verkehr auf der Umgehungsstraße in Richtung Langley. Im Fond saß CIA-Direktor Bill Colby und las die über Nacht eingegangenen Meldungen. Die letzten Wochen waren äußerst unergiebig gewesen – Angleton kam bei seiner Vernehmung von Leo Kritzky nicht weiter, Jack McAuliffe hatte den sowjetischen Maulwurf im NSA noch immer nicht identifizieren können, und Manny Ebbitt förderte bei seinen wöchentlichen Treffen mit AE/PINNACLE nichts sonderlich Aufschlussreiches mehr zutage. Umso willkommener waren da gute Nachrichten. Colby versah eine Meldung von der Teheraner Filiale (sie berichtete, dass die islamisch-fundamentalistische Opposition im Iran äußerst schwach sei) mit seinen Initialen und legte sie auf den dünnen Stapel, der an Außenminister Kissinger weitergeleitet werden würde. Die Einschätzung aus Teheran untermauerte die jüngste Prognose vonseiten des DD/I, dass der prowestlich eingestellte iranische Monarch Mohammed Resa Schah Pahlewi noch bis ins nächste Jahrhundert hinein herrschen würde, dass die islamischen Fundamentalisten in absehbarer Zukunft weder die Stabilität im Persischen Golf noch die Öllieferungen in den Westen gefährden würden.
Das rote Telefon in der Konsole summte. Colby hob den Hörer ab. »Ja?« Er lauschte einen Moment. »Ich bin um Punkt acht an meinem Schreibtisch – er soll auf einen Sprung reinkommen.«
Kurz darauf schob Colby einen dampfenden Becher Kaffee über den Tisch zu Jack McAuliffe, Chief of Operations des DD/O Elliott Ebbitt. »Die Sache schien zuerst ziemlich simpel«, sagte Jack. »Manny hat bei AE/PINNACLE nachgefragt. Irrtum ausgeschlossen. Der KGB-Resident hat eine Nachricht an den NSA-Maulwurf hinter dem Heizkörper in der Herrentoilette vom Hotel Jefferson deponiert. Die Nachricht lautete: Glückwunsch zum Zweiten Mann. «
Colby blickte zum Fenster seines Büros im siebten Stock hinaus. Die Wälder Virginias erstreckten sich, so weit das Auge reichte. »Vielleicht wurde der zweite Sohn des Maulwurfs im Dezember und nicht im Januar geboren«, gab Colby zu bedenken.
»Daran habe ich auch gedacht«, erwiderte Jack. »Ich bin mit dem Leiter der Sicherheit sämtliche Mitarbeiter des NSA durchgegangen. Im Fort Meade sind zehntausend Leute dafür zuständig, Codes zu entwickeln und zu knacken. Von diesen zehntausend haben vierzehn im Januar einen zweiten Sohn bekommen, acht im Dezember, achtzehn im November.«
»Damit müssten Sie eigentlich weiterkommen –«
Jack schüttelte den Kopf. »Vergessen Sie nicht, was AE7 PINNACLE Manny erzählt hat. Sämtliche Kontakte zwischen der Residentur und dem Maulwurf in Washington liefen über tote Briefkästen. Die persönlichen Treffen fanden statt, wenn der Maulwurf im Ausland Urlaub gemacht hat – Paris, Weihnachten ’72; Kopenhagen, Weihnachten ’73; Rom, Ostern dieses Jahres. Keiner von den Vätern eines zweitgeborenen Sohnes war zur fraglichen Zeit am fraglichen Ort.«
»Und wenn Sie umgekehrt vorgehen, vom Urlaubszeitpunkt und -ort?«
»Hab ich auch schon versucht. Fehlanzeige. Die halbe NSA-Belegschaft macht über Weihnachten Urlaub, die andere Hälfte Ostern, und die Sicherheitsleute haben keine systematische Übersicht, wo die Leute Urlaub gemacht haben. Wir brauchen den zweitgeborenen Sohn, um den Kreis
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