Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell

Vom Netzwerk:

Mitschnitt des Telefonats angehört. Er hat gesagt, er würde sich freuen, wenn sie noch mehr von den Leckereien besorgen könnte, die sie ab und an im Patentamt mitgehen ließ. Das heißt, am Freitagmorgen war noch alles okay.«
    »Wie klang er?«
    »Nicht so, als würde ihm jemand eine Waffe an die Schläfe halten, wenn du das meinst. Er war angespannt – wer wäre das nicht an seiner Stelle –, aber er war nicht sonderlich aufgewühlt oder so.«
    »Wann hast du ihn zuletzt getroffen?«
    »Heute vor einer Woche. Wir haben früher Schluss gemacht, weil seine Tochter Fieber hatte und er möglichst schnell wieder zu ihr wollte.«
    »Wirkte er normal?«
    »Ja, Jack, absolut. Obwohl ›normal‹ bei AE/PINNACLE eher nervöses Gespanntsein ist. Wir haben kurz miteinander geplaudert, während wir auf den Fahrstuhl warteten – er hat mir den neusten Breschnew-Witz erzählt, dann hat er gesagt, er werde Ept anrufen und ihr sagen, wann er wieder kommen kann.«
    Jack fragte: »Wisst ihr, was er zwischen Dienstag und Freitag, als er Ept angerufen hat, gemacht hat?«
    »Das FBI hat ihn auf Bildern der Überwachungskameras, wie er die Botschaft betritt und wieder rauskommt, einmal am Mittwochnachmittag, einmal am Donnerstagmorgen. Beide Male war der Leiter des Konsulats bei ihm, Borisow, der KGB-Resident – sie haben ganz zwanglos miteinander geplaudert. Dann haben wir den Mitschnitt seines Telefonats mit Ept am Freitagmorgen, in dem er sagt, dass er am Montag zu ihr kommt. Von da an – keine Spur mehr von ihm.«
    »Die Sache gefällt mir nicht, Manny«, sagte Jack. »Bei all den Kameras und Beobachtern, wie kann da ein russischer Diplomat einfach so verschwinden?«
    »Die Russen haben vor kurzem mehrere Limousinen mit getönten Scheiben gekauft – wir filmen sie, wie sie in die Tiefgarage fahren und wieder rauskommen, aber wir wissen nicht, wer drin sitzt. Gut möglich, dass AE/PINNACLE in einem dieser Wagen war.«
    »Irgendeine Spur von seiner Frau oder seiner Tochter?«
    »Nein. Seine Frau ist am Montagnachmittag auch nicht zu dem Termin mit dem Herzspezialisten erschienen. Er wollte noch ein EKG mit ihr machen. Sie hat den Termin nicht abgesagt.«
    »Okay«, sagte Jack. »Wenn AE/PINNACLE und seine Frau die Stadt verlassen haben, dann wahrscheinlich per Flugzeug, und wir müssten sie mit den Überwachungskameras am Flughafen aufgenommen haben. Ich setze die Techniker drauf an. Ich möchte, dass du dabei bist, wenn sie das Filmmaterial sichten – wenn einer Kukuschkin oder seine Frau darauf erkennen kann, dann du.«
    Den Rest des Vormittags und den ganzen Nachmittag saß Manny im Vorführraum der Company und sah sich die Aufnahmen von den Überwachungskameras an: Menschen über Menschen, die Passagiermaschinen in alle Welt bestiegen. Etliche Male entdeckte Manny einen breitschultrigen Mann mit hellem Haar. Doch die Wiederholung in Zeitlupe ergab eindeutig, dass es nicht Sergei Kukuschkin war.
    Zwischendurch rief er kurz Nellie an, um ihr zu sagen, dass sie heute Abend nicht mit ihm rechnen sollte. Inzwischen wohnte er mehr oder weniger bei ihr, obwohl er seine alte Wohnung noch nicht aufgegeben hatte, was Nellie ärgerte. Mich stören ja nicht die zwei Mieten, hatte sie ihm am Morgen beim Frühstück erklärt, sondern der Symbolwert; du willst dir ein Hintertürchen offen halten. Es dauert eben eine Weile, bis man sich richtig an Inzest gewöhnt, hatte er gekontert.
    Als er die Aufnahmen vom Samstagnachmittag zur Hälfte durchhatte, fuhr Manny in seinem Sessel auf und rief dem Techniker zu: »Kann ich die letzten Meter noch mal sehen?« Manny beugte sich vor. Auf dem Bildschirm war ein Mann mit den breiten Schultern und dem kräftigen Oberkörper eines Ringers und zerzausten, hellen Haaren zu sehen, der sich in die Schlange vor einer skandinavischen Maschine nach Stockholm eingereiht hatte.
    »Mein Gott«, flüsterte Manny. Er stand auf und rief: »Machen Sie mir von dem Standbild ein paar Abzüge.« Eilig verließ er den Raum.

    Die Sondereinheit, die für AE/PINNACLE zuständig war, versammelte sich um 17.55 Uhr in dem kleinen Büro auf dem Flur der Abteilung des DD/O. Außer Bill Colby saßen an dem Tisch: Elliot Ebbitt, Jack McAuliffe, Jim Angleton und Manny Ebbitt.
    Colby studierte das grobkörnige Foto, das die Sicherheitsleute abgezogen hatten. »Sind Sie sicher, dass es AE/PINNACLE ist?«, fragte er.
    »Das ist Kukuschkin, ohne jeden Zweifel«, versicherte Manny ihm.
    »Ansonsten war kein Russe am Flughafen