Die Company
um sich in Augenschein zu nehmen. »Ich habe einen hervorragenden Anwalt mit glänzenden Zukunftsaussichten geheiratet –«
»Liebst du mich oder meinen Beruf?«
Sie sah ihn im Spiegel an. »Um ganz ehrlich zu sein, Darling, sowohl als auch. Ich liebe dich im Zusammenhang mit deiner Arbeit. Daddy ist Anwalt, meine beiden Onkel sind Anwälte, mein Bruder macht in einem Jahr sein Juraexamen in Harvard und fängt dann in Daddys Kanzlei an. Wie soll ich ihnen erklären, dass mein Mann eine Position in einer der besten Kanzleien der Wall Street mit siebenunddreißigtausend Dollar im Jahr wegwirft für – ja für was? Du hast deinen Krieg gekämpft, Eb. Überlass diesen den anderen. Wie oft musst du noch den Helden spielen?«
Eleonora fuhr herum und sah ihren Mann an. »Hör zu, wir regen uns jetzt erst mal ab und machen uns einen schönen Abend bei den Wilsons. Dann schläfst du noch mal drüber, Eb. Morgen früh sieht die Sache schon ganz anders aus.«
»Ich habe Franks Angebot angenommen«, sagte Ebby mit Nachdruck. »Ich muss nicht noch mal drüber schlafen.«
Der Ausdruck in Eleonoras Augen verhärtete sich. »Was immer du auch tust, du wirst deinem Vater nicht ebenbürtig, es sei denn, jemand stellt dich vor ein Exekutionskommando.«
»Mein Vater hat nichts damit zu tun.«
Sie blickte sich suchend nach ihren Schuhen um. »Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich mit Immanuel in eine Doppelhaushälfte in irgendeiner schäbigen Siedlung am Rande von Washington ziehe, damit du für sechstausend im Jahr Kommunisten ausspionierst, die Amerikaner ausspionieren, die Kommunisten ausspionieren.«
»Sechstausendvierhundert«, sagte Ebby trocken, »plus zweihundert Dollar Zulage für meine Zeit beim OSS.«
Eleonoras Stimme klang belegt. »Wenn du eine viel versprechende Karriere aufgibst, verlierst du auch eine Frau und einen Sohn. Ich bin nicht der Wo-du-hingehst-will-auch-ich-hingehen-Typ von Ehefrau.«
»Nein, das bist du wohl nicht«, erwiderte Ebby mit melancholisch dumpfer Stimme.
Gekonnt griff Eleonora mit beiden Händen hinter ihre Schulterblätter und zog den Reißverschluss hoch. »Du ziehst dich besser um, wenn du nicht willst, dass wir zu den Wilsons zu spät kommen«, zischelte sie. Sie entdeckte ihre Stöckelschuhe unter einem Stuhl, schlüpfte hinein und stürmte aus dem Schlafzimmer.
Im Fahrstuhl, der Ebby in den sechsundsechzigsten Stock des Chrysler Building brachte, wirbelten Zigarrenrauchwolken und neueste Nachrichten um die Wette. »Es ist kein Gerücht«, sagte eine Frau in mittleren Jahren aufgeregt. »Ich hab’s im Taxi im Radio gehört – die Nordkoreaner sind in Südkorea einmarschiert. Unser Alptraum ist wahr geworden – heute Morgen haben die Truppen den 38. Breitengrad überschritten.«
»Das geht bestimmt auf das Konto von Moskau«, sagte ein Mann. »Stalin will uns herausfordern.«
»Glauben Sie, Truman wird kämpfen?«, fragte eine junge Frau.
»Bei der Berlin-Geschichte war er hart wie Beton«, warf ein anderer Mann ein.
»Berlin liegt nun mal im Herzen von Europa«, warf ein älterer Gentleman ein. »Südkorea hingegen liegt vor Japans Haustür. Jeder Idiot kann sehen, dass das der falsche Krieg am falschen Ort ist.«
»Truman soll die Siebte Flotte mobilisiert haben«, sagte der erste Mann. Die Fahrstuhlführerin, eine nicht mehr ganz junge Schwarze in einer flotten braunen Uniform, brachte den Aufzug sanft zum Stehen und schob die goldene Gittertür auf. »Die zweiundachtzigste Luftlandedivision ist in Alarmbereitschaft versetzt worden«, verkündete sie. »Das weiß ich zufällig, weil mein Neffe da Funker ist.« Im selben Atemzug fügte sie hinzu: »Endstation: Chrysler Cloud Club. «
Ebby, der eine halbe Stunde zu früh war, schob sich durch das Gedränge an der Bar und bestellte einen Scotch on the rocks. Dem Klicken des Eises im Glas lauschend, ließ er sich die Auseinandersetzung mit Eleonora beim Frühstück noch einmal durch den Kopf gehen, als jemand ihn am Arm fasste. Er sah sich um.
»Berkshire!«, rief er aus, Bill Colbys OSS-Deckname während des Krieges. »Ich dachte, du wärst in Washington beim Labor Relations Board. Sag bloß, Wisner hat dich auch geangelt?«
Colby nickte. »Der Köder, den er ausgeworfen hat, war einfach zu verlockend. Hast du die Neuigkeiten schon gehört?«
»Man muss schon taub sein, um sie nicht zu hören. Sogar in Fahrstühlen wird darüber debattiert, ob Truman uns Krieg beschert.«
Mit ihren Drinks gingen die beiden
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