Die Company

er für die Company im Allgemeinen und für die Gegenspionage im Besonderen geleistet hat. Ich habe Jims Gesuch mit Bedauern angenommen. Aber er ist ein altes Schlachtross, und wenn jemand einen friedlichen Lebensabend verdient hat, dann er.«
    Colbys Ankündigung stieß auf verblüfftes Schweigen. Ebby und Jack mieden es geflissentlich, einander anzusehen. Leo Kritzky starrte gedankenverloren zum Fenster hinaus. Der Director lächelte den Chef der Spionageabwehr an. »Möchten Sie ein paar Worte sagen, Jim?«, fragte er.
    Angleton, eine einsame und hagere Gestalt am traurigen Ende einer langen und glanzvollen Karriere, stand langsam auf. Geplagt von Migräne, legte er eine Hand an die Stirn. »Einige von Ihnen haben meinen Vortrag über das Wesen der Bedrohung schon öfters gehört. Für die, die ihn noch nicht kennen, gibt es keinen passenderen Schwanengesang.« Angleton räusperte sich. »Lenin hat einmal zu Felix Dserschinski gesagt: Der Westen glaubt, was er glauben möchte, also werden wir ihm liefern, was er glauben möchte. « Ohne die führenden Vertreter der Company anzublicken, fuhr Angleton fort. »Als ich in der Londoner Ryder Street arbeitete, habe ich gelernt, dass sich gefangene deutsche Agenten hervorragend dazu eigneten, die eigene Seite mit gezielten Falschinformationen zu füttern. Genau das machen die Sowjets seit Jahren mit dem Westen, und zwar mit einem raffiniert ausgelegten Netz aus eingeschleusten Agenten und als Überläufer getarnten Falschinformanten. Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass der Führer der britischen Labour Party, Hugh Gaitskell, der 1963 an Lupus disseminatus starb, von KGB-Spezialisten ermordet wurde. Der KGB benutzte das Lupus-Virus als Mordwaffe, um seinen Spion Harold Wilson an die Spitze der Labour Party zu bringen, damit er Premierminister werden konnte, was er zurzeit auch ist. Wilson, der vor seiner Wahl zum Regierungschef viele Reisen in die Sowjetunion unternommen hat, ist ein bezahlter Agent des KGB. Olof Palme, der derzeitige Ministerpräsident von Schweden, wurde während eines Besuchs in Lettland vom KGB angeworben. Willy Brandt, der bis Mai dieses Jahres westdeutscher Bundeskanzler war, ist ein KGB-Agent. Henry Kissinger ist eindeutig ein sowjetischer Agent. Alle diese Agenten haben eines gemeinsam: Sie sind Fürsprecher und Verteidiger der sowjetischen Entspannungsstrategie. Damit wir uns nicht missverstehen, Gentlemen, die Entspannung ebenso wie die von den Sowjets verbreiteten Märchen vom chinesisch-sowjetischen Bruch oder der Unabhängigkeit der italienischen Kommunistischen Partei von Moskau sind Teil eines Desinformationsplans, mit dem der Westen destabilisiert werden soll, der uns glauben machen soll, dass der Kalte Krieg gewonnen ist.«
    Einige am Tisch blickten den Director beklommen an. Colby, der mit einer kurzen Abschiedsrede gerechnet hatte, brachte es nicht übers Herz, Angleton zu unterbrechen.
    »Dubceks so genannter Prager Frühling«, ereiferte Angleton sich weiter, »war Teil dieser Desinformationskampagne; den Einmarsch der Warschauer Truppen 1968 in die Tschechoslowakei hatten Breschnew und Dubcek von vornherein geplant.« Der Chef der Gegenspionage wischte sich mit dem Handrücken über die trockenen Lippen. »Wenn die von mir skizzierten Tatsachen in unserem Geheimdienst nach wie vor auf höchster Ebene angezweifelt werden, dann ist das das Werk von SASHA, dem sowjetischen Maulwurf innerhalb der CIA, denn er hat die Beweise so manipuliert, dass viele hier Anwesende die offensichtliche Bedrohung nicht wahrhaben wollen. Und damit komme ich zu der gewaltigsten Intrige der Sowjets überhaupt. Sie hat das Ziel, die Wirtschaft der westlichen Industrienationen in eine derartige Krise zu stürzen, dass die Unruhe in der Bevölkerung letztlich zum Triumph von moskauorientierten Linksparteien führen wird. Hinter diesem langfristigen Plan des KGB, so meine Überzeugung, steckt niemand anders als der nahezu legendäre Führungsoffizier, der schon die Aktivitäten von Adrian Philby und heute die Aktivitäten von SASHA lenkt. Wir kennen nur seinen Decknamen Starik, was auf Russisch ›der alte Mann‹ bedeutet. Der Plan sieht vor, Gelder aus dem Verkauf von sowjetischem Gas, Öl und Rüstungsmaterial abzuzweigen und auf Auslandskonten zu deponieren, damit sie für den Tag zur Verfügung stehen, an dem Starik mit dieser immensen Summe den Dollar attackieren wird. Ha, ich weiß genau, dass Sie das für weit hergeholt halten.« Angletons Lider