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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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zufällig die Gesetze, die wir verteidigen, Jim.«
    Angleton klopfte seine Taschen auf der Suche nach Zigaretten ab. Er fand eine und steckte sie sich zwischen die Lippen, war aber zu abgelenkt, um sie anzuzünden. »Es ist nicht vorstellbar, dass sich ein Geheimdienst, der für die Regierung arbeitet, an alle öffentlichen Anweisungen der betreffenden Regierung hält.«
    Colby spähte zum Fenster hinaus auf die Landschaft von Virginia. Ein leichter Dunst schien von den Feldern aufzusteigen. Von seinem Büro im siebten Stock von Langley aus hatte es den Anschein, als würde die Erde schwelen. »Um eins klarzustellen, Jim. Die Aufgabe der Gegenspionage besteht darin, die russischen Geheimdienste zu infiltrieren und Überläufern Informationen zu entlocken. Für die Enttarnung von sowjetischen Maulwürfen innerhalb der CIA sind unsere Leute vom Office of Security zuständig. Und die machen ihre Sache gut. Also, wie viele Operationen führen Sie zurzeit gegen die Sowjets durch? Ich habe noch von keiner einzigen gehört. Sie hocken in Ihrem Büro, und mit Ausnahme von Kukuschkin schießen Sie jeden einzelnen sowjetischen Überläufer ab, den wir durch Glück oder durch gute Arbeit an Land ziehen. Und derjenige, den Sie nicht abschießen, entpuppt sich als ein Agent, der auf uns angesetzt wurde, um uns falsche Informationen unterzujubeln. Die Situation ist einfach untragbar.« Colby wandte sich wieder Angleton zu. »Die Times bringt übermorgen die Hersh-Story über Ihre inländische Spionageoperation. Das wird für uns kein Zuckerschlecken. Wir haben schon einmal darüber gesprochen, dass Sie Ihren Hut nehmen. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, basta.«
    Angleton riss sich die unangezündete Zigarette von den blutleeren Lippen. »Soll das heißen, Sie feuern mich?«
    »Sagen wir, ich schicke Sie in den Ruhestand.«
    Angleton strebte zur Tür, drehte sich dann wieder um. Seine Lippen bewegten sich, doch es kam kein Ton hervor. Schließlich brachte er heraus: »Philby und der KGB versuchen seit Jahren, mich zu zerstören – Sie machen sich zu deren Werkzeug.«
    »Die Gegenspionage wird es weiterhin geben, Jim.«
    »Sie begehen einen verheerenden Fehler, wenn Sie glauben, jemand anders könnte so ohne weiteres meine Arbeit machen. Um sich überhaupt ansatzweise im Sumpf der Gegenspionage zurechtzufinden, muss man erst mal elf Jahre lang alte Fälle studieren. Nicht zehn Jahre, nicht zwölf, sondern genau elf. Und wie gesagt, selbst dann ist man erst ganz am Anfang.«
    Colby wandte sich seinem Schreibtisch zu. »Wir werden tun, was wir können, um uns irgendwie ohne Sie durchzuwursteln, Jim. Danke, dass Sie so kurzfristig vorbeigeschaut haben.«
     
    Die allwöchentliche Besprechung fand wie immer am Freitagmorgen um neun Uhr in dem kleinen Konferenzraum gegenüber von Colbys Büro unter Vorsitz des CIA-Chefs persönlich statt. Eingefunden hatten sich außer Ebby, Jack, Leo und Angleton die Leiter und führenden Mitarbeiter der verschiedenen Abteilungen. Der stellvertretende Chef der Abteilung für Politik und Psychologie skizzierte gerade ein grobes Porträt des libyschen Diktators Moamar al Gaddhaffi, der unlängst die weltweiten Rohölpreise durch Einschränkung der Ölexporte in die Höhe getrieben hatte. »Entgegen der weit verbreiteten Ansicht«, sagte er, »halte ich Gaddhaffi nicht für psychotisch. Er hat eine Borderline-Persönlichkeitsstörung, was bedeutet, dass seine Verhaltensweisen zwischen verrückt und rational schwanken.«
    »Nicht anders als bei so manchem von uns auch«, witzelte der Director und erntete damit einen Lacher.
    »Wenn der KGB eine psychologische Abteilung hat, dann hätte sie genau die gleiche Diagnose bei Nixon gestellt, als der 1970 in Kambodscha einmarschiert ist«, sagte Leo, für den das die erste Besprechung seit seiner Rückkehr nach Langley war.
    »Vielleicht die beste Voraussetzung für einen politischen Führer«, warf Ebby ein. »So lässt sich nicht voraussagen, wie er sich in einer bestimmten Situation verhalten wird.«
    Jack sagte: »Die Frage ist: Leiden die Gaddhaffis und Nixons an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung – oder wollen sie nur den Eindruck erwecken?«
    Der Director blickte am Kopfende des Tisches auf seine Uhr.
    »Diese interessante Frage müssen wir leider zurückstellen. Ich habe noch einen Punkt auf der Tagesordnung. Ich muss zu meinem großen Bedauern bekannt geben, dass Jim Angleton seinen Abschied eingereicht hat. Ich muss niemandem hier sagen, was

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