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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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aufpasste … Bitte noch nicht auflegen, da war noch etwas. Sie wusste ja, dass es keinesfalls im Bereich des Möglichen lag, aber sie hätte ihn so gerne mal getroffen, nur ein Mal, nur ein einziges Mal; sie hätte ihn gern auf die Stirn geküsst, so wie ihren Sohn, bevor die Nazischweine ihn ins Todeslager abtransportiert hatten … Eugene müsse ihr verzeihen, sie habe wirklich nicht weinen wollen … Er wollte sie sehen! Wie schön, sie könnten sich spätabends in einem Drugstore treffen und an der Theke einen Tee trinken … Ach, wenn er das organisieren könnte, sie wäre ihm ewig dankbar. Sie sei ja so allein … Eine Woche würde es ungefähr dauern, bis sie die nächste Wohnung gefunden hatte, so dass er sie hier wieder anrufen konnte … Sie würde neben dem Telefon sitzen und auf seinen Anruf warten … ja, ja, auf Wiederhören, mein lieber Junge.
     
    Sie kamen aus unterschiedlichen Richtungen und trafen sich zwischen der 9 th und 10 th Street unter der Statue von Robert E. Kennedy. »Es gab Leute in der Company , die Champagnerflaschen geköpft und gefeiert haben, als er erschossen wurde«, erinnerte sich SASHA, während er zu Bobby hinaufblickte, der 1968 in einer Hotelküche in Los Angeles von einem Palästinenser ermordet worden war.
    »Du hast ihn gekannt, nicht?«, fragte Eugene.
    Die beiden Männer wandten sich von der Statue ab und schlenderten die Straße hinunter. »Ich glaube nicht, dass ihn überhaupt jemand gekannt hat«, sagte SASHA. »In verschiedenen Phasen seines Lebens scheint er verschiedene Rollen gespielt zu haben. Zuerst war er der Schwarze Robert, Jack Kennedys Mann fürs Grobe. Nach dem Attentat auf JFK war er der trauernde Patriarch des Kennedy-Clans. Und als er schließlich selbst Präsident werden wollte, wurde er zum leidenschaftlichen Streiter für die Armen.«
    »Vom Schwarzen Robert zum Heiligen Bobby«, sagte Eugene.
    SASHA musterte seine Kontaktperson. »Was ist dein Geheimnis, Eugene? Du scheinst überhaupt nicht älter zu werden.«
    »Das liegt an den dauernden Adrenalinstößen«, scherzte Eugene. »Jeden Morgen frage ich mich, ob ich die nächste Nacht in meinem Bett oder auf einer Gefängnispritsche verbringe.«
    »Solange wir auf der Hut sind und unsere Arbeit ganz genau machen, passiert uns nichts«, beruhigte SASHA ihn. »Starik muss mir ja was ziemlich Wichtiges zu sagen haben, wenn du die Mühe auf dich nimmst –«
    »Du meinst, das Risiko. «
    SASHA lächelte schwach. »– das Risiko auf dich nimmst, dich persönlich mit mir zu treffen.«
    »Stimmt. Es geht um deine letzten Antworten auf Stariks Anfrage vom 22. September – du hast Ende September und in der ersten Oktoberwoche Meldungen in toten Briefkästen hinterlegt. Genosse Andropow ist absolut sicher, dass er die Situation korrekt analysiert hat. Er war erbost, als Starik deine Meldungen an ihn weitergeleitet hat – er hat sogar schon gemutmaßt, du wärst von der CIA umgedreht worden, um der Zentrale Falschinformationen zu übermitteln. Das war für ihn die einzige mögliche Erklärung dafür, dass du ABLE ARCHER 83 nicht als Tarnung für einen atomaren Erstschlag der Amerikaner bestätigt hast.«
    SASHA wurde ärgerlich: »Es steht wirklich schlimm um uns, wenn Andropow jetzt der Chefanalyst für Geheimdienstinformationen ist.«
    »He, ich bin bloß der Bote. Versteh doch, Genosse Andropow ist davon überzeugt, dass die Amerikaner einen Präventivschlag planen. Jetzt wo die letzten Vorbereitungen für CHOLSTOMER laufen, ist es doch verständlich, dass Andropow und Starik den genauen Zeitpunkt des amerikanischen Angriffs erfahren –«
    SASHA blieb abrupt stehen. »Von einem amerikanischen Präventivschlag kann keine Rede sein«, beteuerte er. »Das Ganze ist völliger Blödsinn. Ich kann kein Datum liefern, weil es keins gibt. Wenn ein Präventivschlag geplant wäre, wüsste ich davon. Andropow ist ein Panikmacher.«
    »Starik meint doch nur, dass du zu kategorisch bist. Er fragt, ob du nicht vielleicht melden könntest, dass dir Pläne für einen Präventivschlag nicht bekannt sind, anstatt zu sagen, dass es sie gar nicht gibt. Schließlich könnte das Pentagon ja einen solchen Schlag planen und die CIA nicht davon in Kenntnis setzen –«
    SASHA setzte sich wieder in Bewegung. »Versteh doch, das ist einfach ausgeschlossen. Die Russen haben mobile Vergeltungsschlagseinrichtungen auf Plattformwagen der Eisenbahn – zwölf Züge mit Atomraketen, die auf einem Schienennetz von dreihunderttausend

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