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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Widersacher.« Er sah auf seine Armbanduhr. »Bald ist es taghell; für eine Abschlussanalyse haben wir noch den Rest unseres Lebens Zeit. Wir müssen los.«
    »Ja«, sagte Jewgeni. Und bitter fügte er hinzu: » Sa uspech naschego besnadjoshnogo dela! «
    Mit einem fatalistischen Nicken übersetzte Leo ihren alten Kampfruf: »Auf den Erfolg unseres hoffnungslosen Unterfangens!«
     
    Am späten Vormittag rief Leo von einer öffentlichen Telefonzelle in Baltimore aus Millie an.
    »Ich bin’s, Leo.«
    »Ach Leo, hast du’s schon gehört -?«
    »Was denn?«
    »Ebby hat mich vor zehn Minuten angerufen. Die Hubschrauber sind in Peschawar gelandet. Anthony ist in Sicherheit.« Leo merkte, dass ihr die Stimme versagte. »Es geht ihm gut, Leo«, fügte sie zittrig hinzu. »Er kommt nach Hause.«
    »Das ist ja wunderbar. Ich liebe euren Jungen. Ich bin so froh, dass er außer Gefahr ist. Eins kann ich dir sagen, und ich hoffe, dass du dich in den kommenden Tagen daran erinnerst: Ich glaube, das ist der glücklichste Augenblick meines Lebens.«
    »Du bist ihm immer ein guter Patenonkel gewesen, Leo.«
    Leo sagte: »Da bin ich nicht so sicher –«, aber Millie fiel ihm ins Wort und redete aufgeregt weiter.
    »Komisch ist bloß, dass kein Mensch weiß, wo Jack steckt. Ich habe gedacht, er wäre über Nacht in Langley geblieben, um dort auf Nachricht zu warten, aber Ebby hat gesagt, da ist er nicht. Meinst du, ich muss mir Sorgen machen?«
    »Nein, musst du nicht. Deshalb rufe ich eigentlich auch an – Jack hat bei mir zu Hause übernachtet. Er ist immer noch da.«
    »Dann hol ihn doch mal schnell ans Telefon.«
    »Ich rufe nicht von zu Hause aus an.«
    »Wo steckst du denn? He, was ist los, Leo?«
    »Ich werde dir jetzt etwas sagen. Danach ist es sinnlos, mir irgendwelche Fragen zu stellen, weil ich sie nicht beantworten werde.«
    Millie lachte unsicher. »Du klingst ja furchtbar geheimnisvoll.«
    »Sobald ich aufgelegt habe, rufst du Ebby an. Sprich mit keinem anderen, nur mit Ebby. Sag ihm, dass Jack in meinem Haus ist. Er ist nicht verletzt, aber er ist mit Handschellen an die Heizung gefesselt.«
    »Leo, hast du was getrunken? Was ist denn los?«
    Leo sagte geduldig: »Es ist besser, du weißt es nicht, Millie.«
    »Jack wird’s mir schon verraten.«
    »Nein, bestimmt nicht. Wahrscheinlich niemand. Ich muss los. Pass gut auf dich auf. Und auf Jack. Leb wohl, Millie.«
     
    Jack sah sich den Poststempel auf dem Brief an, der drei Tage zuvor in Baltimore aufgegeben worden war und den die Zwillinge erst jetzt erhalten hatten. »Was, um Gottes willen, meint er denn damit?«, fragte Vanessa. Sie warf ihrer Schwester einen Blick zu und schaute dann wieder Jack an. »Wieso geht er nach Russland? Und warum will Dad, dass wir zuerst dir den Brief zeigen?«
    Jack räusperte sich. »Ich bin froh, dass ihr beide sitzt«, sagte er.
    »Euer Vater –« Es kam ihm selbst so ungeheuerlich vor, dass er neu ansetzen musste. »Es sieht so aus, dass Leo für die Sowjetunion spioniert hat.«
    Vanessa schnappte nach Luft. Tessa flüsterte: »Das ist nicht wahr. Du bist wahrscheinlich nicht im Bilde, Jack – die haben dir nichts gesagt. Er ist bestimmt mit einem Auftrag nach Russland geschickt worden –«
    Jack schüttelte elend den Kopf. »Er ist nicht nach Russland geschickt worden, er ist geflohen. Wenn er durchkommt – und ich versichere euch, wir versuchen alles, um ihn aufzuhalten –, wird er dort um politisches Asyl bitten.« Jack sank resigniert auf einen Stuhl den Mädchen gegenüber. »Leo hat’s mir selbst vor vier Tagen gesagt.«
    Tessa fragte fassungslos: »Wie hat Dad so was bloß tun können? Du bist sein ältester und bester Freund, Jack. Erklär’s uns.«
    »Er hat jedenfalls nicht für Geld spioniert, Tessa. Ich denke, man könnte sagen, er war ein Idealist – nur dass seine Ideale andere waren als die, die für uns selbstverständlich sind.«
    Vanessa sagte: »Wenn das alles wahr ist –«
    »Das ist es leider.«
    »Wenn das bekannt wird –«
    »Wenn es in die Zeitungen kommt –«, fügte Tessa hinzu.
    »Es kommt nicht in die Zeitungen, wenn es nach uns geht. Deshalb wollte Leo ja auch, dass ihr mir den Brief zeigt. Was die Company anbelangt, so ist Leo Kritzky nach dreißigjährigem treuem Dienst in den Ruhestand gegangen und hat sich irgendwohin zurückgezogen. Versteht ihr, wir möchten unsere schmutzige Wäsche nicht in aller Öffentlichkeit waschen. Wenn die Kritiker der Company im Kongress mitbekommen, dass

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