Die Company
dran?«
»Es ist kein Geheimnis, dass ich viele Jahre Tschekist war«, erwiderte er. »Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich Ihnen nicht verraten kann, was genau ich gemacht habe, und wo.«
»Dann erzählen Sie uns doch stattdessen, wie man heutzutage eine Bank eröffnen kann«, sagte die jüngere Frau.
»So schwierig ist das nicht«, entgegnete Jewgeni mit einem Augenzwinkern. »Als Erstes muss man Leute überzeugen, dass man hundert Millionen amerikanische Dollar besitzt. Alles Weitere ist ein Kinderspiel.«
»Oh, Sie sind ein Schlingel«, sagte die ältere Frau. »Jeder weiß, dass Sie viel mehr als hundert Millionen amerikanische Dollar besitzen.«
Ein junger russischer Geschäftsmann zog Jewgeni beiseite. »Was halten Sie von den Gerüchten, dass ein Staatsstreich gegen Gorbatschow geplant ist?«, wollte er wissen.
»Ich habe natürlich auch davon gehört«, sagte Jewgeni. »Und wenn Sie und ich davon gehört haben, darf man wohl annehmen, dass auch Gorbatschow davon gehört hat. Michail Sergejewitsch mag ja vieles sein, aber dumm ist er nicht. Ich gehe davon aus, dass er Vorsichtsmaßnahmen getroffen hat.«
Später, als die Gäste sich nach und nach verabschiedeten, wandte sich die Frau des Pressebarons noch einmal an Jewgeni. »Jewgeni Alexandrowitsch, mein Mann würde Sie gern kennen lernen. Offenbar haben Sie und er einen gemeinsamen Freund, der in höchsten Tönen von Ihnen spricht.«
»Es wäre mir eine Ehre, die Bekanntschaft Ihres Mannes zu machen.«
Mathilde nahm eine Visitenkarte aus ihrer kleinen bestickten Handtasche und reichte sie Jewgeni. Auf der Rückseite waren eine Adresse in Perchuschowo, einem Dorf nicht weit von Moskau, ein Datum Ende Februar und eine Uhrzeit geschrieben. »Sie sind zu einer kleinen Diskussionsrunde eingeladen, nur ein paar Freunde und Kollegen meines Mannes« – die Frau zeigte den Hauch eines Lächelns – »zum Thema Tolstoi. Unser gemeinsamer Freund, der so begeistert von Ihnen spricht, hat gesagt, Tolstoi habe Sie in Ihrer Jugend stark beeinflusst.«
Jewgeni hielt den Atem an. Er hatte angenommen, Stariks Gerede von einer Losung wäre das wirre Gefasel eines halb verrückten alten Mannes gewesen. Er murmelte mit Mühe: »Ich staune, wie viel Sie über mich wissen.«
Der Hauch des Lächelns verschwand von den geschminkten Lippen der Frau. »Mein Mann hat gehört, Sie seien einer der wenigen Menschen, die sich an die letzten Worte von Tolstoi erinnern: Die Wahrheit – sie bedeutet mir viel. Bedeutet Ihnen die Wahrheit auch viel, Jewgeni Alexandrowitsch?«
»Allerdings.«
»Dann werden Sie in meinem Mann und seinen Freunden Gleichgesinnte finden.«
Zimmer SH219 im Hart Office Building, wo der Gemeinsame Sonderausschuss von Repräsentantenhaus und Senat für die Geheimdienste tagte, galt als das sicherste Büro in einer Stadt, in der Sicherheit groß geschrieben wurde. Die Tür führte in ein Foyer, das von bewaffneten Polizisten bewacht wurde. Der Konferenzsaal war praktisch innerhalb eines Raumes aufgehängt, so dass Wände, Fußboden und Decke nach Wanzen abgesucht werden konnten. Im Innern standen mauvefarbene Stühle um einen hufeisenförmigen Tisch. An einer Wand hing eine Weltkarte. Elliott Winstrom Ebbitt II., seit Bill Caseys Tod im Jahre 1987 CIA-Director, hatte kaum Platz genommen, als der Angriff auch schon losging.
»Guten Morgen, Director«, sagte der texanische Vorsitzende des Senatsausschusses mit einem Lächeln, das niemanden täuschen konnte; der Senator war in der Woche zuvor von der New York Times dahin gehend zitiert worden, dass es einigen Kongressmitgliedern nicht unlieb wäre, wenn die CIA völlig neu strukturiert würde. »Um Ihre kostbare Zeit nicht über Gebühr in Anspruch zu nehmen«, begann er, »werde ich nicht um den heißen Brei herumreden.« Er spähte durch seine Brille auf seine Notizen und richtete seinen schläfrigen Blick auf den Director. »Es ist kein Geheimnis, dass einige Kongressmitglieder stinksauer sind, Ebby. Vor fast zwei Jahren hat der letzte russische Soldat Afghanistan verlassen. Aber es ist mir noch immer unerklärlich, was die CIA sich dabei gedacht hat, den islamischen Fundamentalisten Stinger-Raketen zu liefern. Jetzt, wo wir Saddam Hussein in Grund und Boden bombardieren, ist es gut möglich, dass die Iraker mit diesen Stinger-Raketen unsere Flugzeuge abschießen.«
Ebby sagte: »Ich möchte Sie daran erinnern, dass die Lieferung von Stinger-Raketen eine Entscheidung des Präsidenten war
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