Die Company
–«
»Auf Caseys Empfehlung hin«, warf ein Kongressabgeordneter aus Massachusetts ein. »Sehr wahrscheinlich hat er Reagan dazu überredet.«
»Wie viele Stinger haben die noch, und was unternehmen Sie, um sie zurückzubekommen?«, fragte ein anderer.
»Wir schätzen, an die dreihundertfünfzig, und wir bieten einhunderttausend Dollar pro Stück für die Rückgabe –«
Der Vorsitzende strich sich mit einer schwungvollen Handbewegung die weiße Haarmähne aus der Stirn. »Im Schmuggler-Basar in Peschawar kriegt man für eine Stinger vermutlich mehr. Jedenfalls, Ebby, dem Kongress reißt allmählich der Geduldsfaden. Die Geheimdienste kosten den Steuerzahler an die achtundzwanzig Milliarden Dollar im Jahr. Und das bedeutendste Ereignis seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs – ich rede von dem Untergang des Sowjetreichs – kommt für uns aus heiterem Himmel. Verdammt, die CIA hat uns nicht mal eine Woche im Voraus informiert.«
Ein Senator aus Maine blätterte in einer Akte und sagte dann: »Mr. Ebbitt, vor zwei Monaten haben Sie persönlich in diesem Raum gesagt, und ich zitiere – ›es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die sowjetische Wirtschaft im Jahre 1991 stagnieren oder einen leichten Rückgang verzeichnen wird.‹«
»Ein leichter Rückgang, das kann man wohl sagen!«, spottete der Vorsitzende. »Die Berliner Mauer ist im November ’89 gefallen; Gorbatschow hat die osteuropäischen Satellitenstaaten einen nach dem anderen vom Haken gelassen, und wir sitzen hier um achtundzwanzig Milliarden ärmer und erfahren von diesen weltbewegenden Ereignissen aus der Zeitung.«
»Gentlemen, wir bewegen uns inzwischen in die richtige Richtung«, sagte Ebby, »aber Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut, und die CIA lässt sich nicht in ein, zwei Jahren erneuern. Auf lange Sicht brauchen wir frisches Blut, und wie Sie wissen, Gentlemen, ist das mein oberstes Anliegen. Dass wir uns kein genaues Bild von der Führung der Sowjetunion machen können, hängt auch damit zusammen, dass Sie im Kongress seit Jahren die CIA drängen, die Zahl der Geheimoperationen zurückzuschrauben. Wir führen heute rund ein Dutzend Programme im Jahr durch, in den Fünfziger- und Sechzigerjahren waren es Hunderte. Diese Politik hat unter anderem zur Folge, dass wir in Moskau keine Mitarbeiter haben, die uns sagen können, was Gorbatschow und seine Leute vorhaben. Und was die Stagnation der sowjetischen Wirtschaft betrifft, so verfügt Gorbatschow selbst erst seit zwei, drei Jahren über einigermaßen präzise Statistiken, und der Vorwurf, dass wir etwas nicht wissen, das Gorbatschow selbst nicht weiß, erscheint mir doch ziemlich ungerechtfertigt. Rückblickend wissen wir, dass er, sobald er wusste, wie schlimm es um die Planwirtschaft bestellt war, die einzige Lösung in einem Übergang zur marktorientierten Wirtschaft gesehen hat. Wie rasch er diesen Schritt vollziehen will und wie weit er dabei gehen wird, weiß Gorbatschow vermutlich selbst noch nicht genau.«
»Und wie schätzt die Company seine Chancen ein, den drastischen Niedergang der Sowjetwirtschaft aufzuhalten?«, fragte ein republikanischer Kongressabgeordneter.
»Es ist davon auszugehen, dass sich die Lage eher verschlechtert als verbessert«, erwiderte Ebby. »In Russland gibt es Personen, Gemeinden, Organisationen, Fabriken, sogar ganze Städte, die rein wirtschaftlich betrachtet überflüssig sind. Aber diesen Überschuss loszuwerden ist sowohl ein soziales wie ein wirtschaftliches Problem. Ein weiteres Problem ist es, die gestiegenen Erwartungen der Arbeiter zu erfüllen – die Bergleute im Kusbass oder im Donez-Kohlenbecken, um nur ein Beispiel zu nennen, wollen in der Apotheke nicht mehr bloß Gläser mit Blutegeln sehen. Es bleibt abzuwarten, ob Gorbatschow mit seinem Gerede von perestroika und glasnost ihre Ansprüche wird befriedigen können. Es bleibt abzuwarten, ob er den maßgeblichen Kreisen Dampf machen kann – dem KGB, dem Militär und dem, was noch von der Kommunistischen Partei übrig ist, die fürchtet, dass Gorbatschow sie wegreformieren will. Es bleibt abzuwarten, ob die Revolution – und es wird eine Revolution geben, Gentlemen – von unten oder von oben kommen wird.«
»Was halten Sie von den Gerüchten über einen Putsch, von denen in der Presse zu lesen ist?«, wollte der Vorsitzende wissen.
»Gewisse Leute in der sowjetischen Führung würden die Uhr anscheinend gern zurückdrehen«, erwiderte Ebby. »Offen gesagt,
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