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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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gedrängt hatte, sprach sich in Anbetracht der neusten Informationen für eine Vorverlegung des Datums aus. Auch General Warennikow hielt, wenn auch zögernd, Mitte August unter den gegebenen Umständen für den folgerichtigen Termin. Der Leiter des Neunten Direktorats, dessen Agenten Gorbatschow in den ersten Stunden des Staatsstreichs unter Hausarrest stellen sollten, erinnerte daran, dass ihnen nicht viel Zeit blieb, da der Generalsekretär bis zum zwanzigsten in seiner Sommerresidenz auf der Krim weilte.
    Alle Augen richteten sich auf Krjutschkow, der noch immer zum Fenster hinausschaute. Unvermittelt wandte er sich um und verkündete mit ausgesprochen finsterer Miene, dass auch er für die Vorverlegung des Putsches sei, obwohl er keine Möglichkeit sehe, bis dahin alle Vorbereitungen abzuschließen.
    »Wie wär’s mit dem neunzehnten August?«, fragte Krjutschkow.
    »Einverstanden«, sagte Verteidigungsminister Jasow. Die anderen stimmten mit einem Nicken zu.
    »Dann wäre das also beschlossene Sache«, sagte Krjutschkow. »Heute in einer Woche rufen wir den Ausnahmezustand aus, stellen Gorbatschow unter Hausarrest und übernehmen die Regierung.«
     
    Um seine chronische Angst zu vertreiben, erkundete Leo Kritzky den ganzen Nachmittag über die schmalen Sträßchen hinter dem Kreml, in denen es von orthodoxen Kirchen nur so wimmelte. Mit den Jahren war er vom Aussehen her so russisch geworden, dass ihn nicht einmal mehr die kleinen Gauner, die Ausländern auflauerten, um Dollars zu kaufen oder Kaviar zu verkaufen, eines zweiten Blickes würdigten. Er trank irgendwo eine Tasse Tee und reihte sich dann in die Schlange vor einer Apotheke, um eine Flasche polnischen Hustensaft zu besorgen, die er anschließend seiner Freundin, die seit längerem an einer schlimmen Bronchitis laborierte, in die Wohnung brachte. Er blieb eine halbe Stunde bei ihr und sah sich die Zeichnungen an, die sie für ein Kinderbuch gemacht hatte, und nahm dann die Metro zurück zum Frunsenskaja-Ufer. Während er schwankend dastand, eine Hand an einem Halteriemen, und der Zug durch einen Tunnel ratterte, fiel sein Blick auf etwas, das er für ein Relikt aus siebzig Jahren Kommunismus hielt: eine kleine Metalltafel am Ende des Wagens mit der eingravierten Aufschrift »Oktoberrevolution«. Er fragte sich, wie vielen Leuten diese Erinnerung an alte Zeiten wohl noch auffiel und wie viele von denen, die sie bemerkten, wohl noch an die Verheißung der Oktoberrevolution glaubten. Er selbst kannte Tage, an denen er dachte, es wäre vielleicht besser, von vorn anzufangen, dann wieder gab es Tage, an denen er versuchte, gar nicht darüber nachzudenken.
    Am Frunsenskaja-Ufer Nummer 50, Eingang 9, angekommen, nahm er die Treppe in den zweiten Stock. Der Hausmeister hatte die kaputte Glühbirne am Ende des Flurs vor seiner Wohnung Nummer 373 noch immer nicht ausgewechselt. Als er sich vorbeugte, um den Schlüssel ins Schloss zu stecken, rief eine aufgeregte Frauenstimme aus der Dunkelheit: »Entschuldigung, Sie können mich wohl nicht zufällig verstehen, oder?« Als Leo nicht gleich reagierte, seufzte die Frau. »Hab ich mir gedacht – war ja auch zu schön gewesen.«
    Leo blinzelte in die Dunkelheit. »Doch, ich –«
    »Gott sei Dank«, entfuhr es der Frau erleichtert. Sie trat aus dem Schatten und näherte sich Leo. »Verzeihen Sie, aber Sie wissen nicht vielleicht, wo hier Leo Kritzky wohnt?«
    Leos Gesicht erstarrte. »Wer sind Sie?«, fragte er. Er hob die Fingerspitzen an eine Wange und spürte nur tote Haut.
    Die Frau trat näher und musterte Leo. Er hörte, wie sie nach Luft schnappte. »Daddy?«, flüsterte sie mit der ängstlichen Stimme eines Kindes.
    »Tessa? Bist du das?«
    »Ach, Daddy«, stöhnte sie. »Ich bin’s. Ja, ich bin’s.«
    Leo spürte, wie alles von ihm abfiel: Zeit, Ort, Reue, Kummer. Er breitete die Arme aus, und Tessa sank schluchzend hinein.

 
    5 Bei Foros auf der Halbinsel Krim,
Montag, 19. August 1991

    A
    l s sich der riesige, insektenhafte Armeehubschrauber dem Landeplatz näherte, sah Jewgeni die Kirche von Foros mit ihrem Zwiebelturm auf den Granitklippen und tief unten die Brandung gegen die zerklüftete Küste tosen. Gleich darauf kam Michail Gorbatschows Anwesen auf den Felsen mit weitem Blick über das Schwarze Meer in Sicht. Neben dem dreistöckigen Haupthaus gab es ein Quartier für Bedienstete und Sicherheitsleute, ein separates Gästehaus, einen überdachten Swimmingpool, ein Kino und sogar eine lange

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