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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Rolltreppe zu dem Privatstrand unterhalb des Anwesens. Sobald der Hubschrauber gelandet war, wurde die Delegation aus Moskau – Juri Sukhanow vom KGB, General Warennikow, Oleg Baklanow vom Verteidigungsrat, Oleg Schenin vom Politbüro, Gorbatschows persönlicher Assistent und Personalchef Waleri Boldin, Jewgeni Tsipin als Vertreter des mächtigen Banksektors – auf schnellstem Weg in offenen Jeeps zum Haupthaus gefahren. Als die Gruppe durch die ganz in Marmor gehaltene Eingangshalle eilte, flüsterte der Chef der hier zuständigen Sicherheitsabteilung Sukhanow zu, dass er, wie befohlen, Gorbatschows acht Telefon- und Faxleitungen um halb fünf unterbrochen hatte. »Als ich ihm mitgeteilt habe, dass er unangemeldeten Besuch bekommt, hat er zum Telefonhörer gegriffen, um sich zu erkundigen«, berichtete der Offizier. »Da hat er gemerkt, dass die Leitungen tot sind. Sogar die Direktleitung zum Oberbefehlshaber, über die er es anschließend probiert hat. Er hat wohl sofort begriffen, was los ist, denn er ist kreidebleich geworden und hat seine Familie zusammengerufen – seine Frau Raissa Maximowna, seine Tochter, seinen Schwiegersohn. Sie sind jetzt alle im Salon. Raissa ist ganz besonders mitgenommen – ich hab gehört, wie sie irgendwas über die Bolschewiken gesagt hat, die die Romanows nach der Oktoberrevolution ermordet haben.«
    Die Delegation trat durch die Doppeltür in den Salon; Gorbatschow und seine Familie standen mitten im Raum. Der Generalsekretär starrte mit mühsam beherrschtem Zorn erst seinen Personalchef Boldin und dann die anderen an. »Wer hat euch geschickt?«, fragte er mit eiskalter Verachtung.
    »Das für den Ausnahmezustand ernannte Staatskomitee«, erwiderte Sukhanow.
    »Ich habe ein solches Komitee nicht ernannt«, konterte Gorbatschow. »Wer gehört ihm an?«
    Jewgeni trat vor und reichte Gorbatschow ein Blatt Papier, auf dem die Namen der Mitglieder des Ausnahmezustandskomitees standen. Der Generalsekretär setzte seine Brille auf und blickte auf die Liste. »Krjutschkow! Jasow – mein Gott, bevor ich ihn zum Verteidigungsminister gemacht habe, war er ein Niemand! Pugo! Warennikow! Uritzki!« Gorbatschow schüttelte angewidert den Kopf. »Glauben Sie im Ernst, die Menschen sind so willenlos, dass sie jedem Diktator folgen?«
    General Warennikow sagte: »Sie haben nur eine Wahl, Michail Sergejewitsch. Entweder Sie unterzeichnen die Ausnahmezustandsverordnung oder Sie treten zurück.«
    Gorbatschow blickte Raissa an, und als er sah, dass sie zitterte, legte er ihr eine Hand auf die Schulter. An die Delegation gewandt, sagte er: »Niemals werde ich eine solche Verordnung mit meiner Unterschrift legalisieren.«
    Mit kaum hörbarer Stimme fragte Raissa ihren Mann: »Jelzin – steht er auch auf der Liste?«
    Sukhanow sagte: »Jelzin wird festgenommen werden.«
    Gorbatschow und seine Frau sahen sich in die Augen. Ihnen war bewusst, dass sie unter Umständen vor einem Erschießungskommando landen würden. Mit ruhiger Stimme sagte Gorbatschow zu der Delegation: »Ihr seid Abenteurer und Verräter. Ihr werdet das Land in den Ruin treiben. Nur diejenigen, die nichts aus der Geschichte gelernt haben, können die Rückkehr zum Totalitarismus anstreben. Ihr treibt Russland in den Bürgerkrieg.«
    »Hier gibt es nichts mehr zu tun«, stellte Sukhanow fest. Er trat auf Gorbatschow zu und hielt ihm die Hand hin; der Generalsekretär und der Chef des Neunten Direktorats waren seit Jahren miteinander befreundet. Jetzt blickte Gorbatschow auf die Hand hinunter und wandte sich mit einem verächtlichen Schnauben ab. Sukhanow zuckte die Achseln und ging vor den anderen her aus dem Zimmer.
    Als sie wieder im Hubschrauber saßen, zog Baklanow eine Cognacflasche aus einem Lederetui und füllte für jeden einen kleinen Plastikbecher. Nachdem sie einen Schluck getrunken hatten, rief Warennikow über den Lärm der Rotorblätter hinweg: »Eins muss man ihm lassen: Jeder andere hätte diese Verordnung unterschrieben.«
    Sukhanow schloss die Augen. »Jetzt kommt es darauf an, Jelzin zu isolieren«, rief er. »Ohne Gorbatschow und ohne Jelzin ist die Opposition führerlos.«
    Jewgeni gab ihm Recht. »Jelzin«, sagte er gedankenverloren, »ist der alles entscheidende Faktor.«
     
    Weit nach Mitternacht war Jewgeni wieder in Moskau und rief Asa von einer Telefonzelle am Flughafen aus an. Mit einem vorher abgesprochenen Codewort bestellte er sie zu einem vereinbarten Treffpunkt. Als er zu der Garage in der kleinen

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