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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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drang, kaum wahrnahmen, obwohl es die Orchesterversion von Bellinis Norma deutlich übertönte.
    »Sogar der französische Geheimdienst fördert mehr zutage«, brüllte General Lucian Truscott IV, der Deutschlandchef der Company.
    »Die Franzosen sind nun mal ein kreatives Völkchen – sie reden mit den Händen und machen’s mit dem Mund. Aber wir haben auch unsere Erfolge.«
    »Nennen Sie mir einen.«
    »Ich hab eine Stuhlprobe von Walter Ulbricht ergattert – wir lassen sie gerade in Washington analysieren.«
    »Alle Achtung, dann werden Sie mir ja als Nächstes sagen können, wogegen Ulbricht allergisch ist.«
    Miss Sipp verzog den Mund. Seit General Truscott, mit dem nicht gut Kirschen essen war und der nach drei, vier Whiskeys beleidigend werden konnte, an Bord gekommen war, hatte er in den Dienststellen in Deutschland ordentlich aufgeräumt: Etliche unnütze Operationen waren fürs Erste auf Eis gelegt und einige unerfahrene Offiziere in die finstere Provinz geschickt worden.
    Doch trotz der Wortgefechte, die er sich ab und an mit Torriti leistete, hatte Truscott einen gehörigen Respekt vor dem Berliner Dienststellenleiter. Torriti hatte einiges vorzuweisen, und das wusste der General.
    Die Tür von Torritis Büro flog auf, und die beiden Männer, halb volle Whiskeygläser in der Hand, kamen auf den Flur gestolpert und strebten zu der dicken Brandschutztür, die ins Treppenhaus führte. Die Hand schon an der Klinke, drehte Truscott sich plötzlich um: »Ich hab was läuten gehört, dass Sie dabei sind, eine Sache von hinten aufzurollen – was hat es damit auf sich?«
    »Es geht um die Exfiltration, die ich durchführen sollte; die Sache ist schief gelaufen. Die Russen hatten einen Tipp bekommen, und ich werde rausfinden, von wem, da können Sie sich drauf verlassen.«
    »Wie?«
    »Mit Kontrastbrei.«
    »Kontrastbrei?«, wiederholte Jack an Miss Sipp gerichtet. »Was zum Teufel ist denn das?«
    »Etwas, das nicht unbedingt satt macht«, sagte sie mit einem viel sagend finsteren Blick.
    »Kontrast … was?«, fragte Truscott nach.
    »… brei. Ich werde das Zeug immer nur einem Einzelnen verabreichen. Es ist sozusagen radioaktiv. Es wird die Spreu vom Weizen trennen. Wir werden sehen, welche Operationen scheitern, und daraus können wir schließen, wer uns verrät.«
    »Sie wollen Familiengeheimnisse preisgeben«, sagte Truscott unsicher.
    »Der verdammte Maulwurf wird noch viel mehr davon preisgeben, wenn wir ihn nicht schnappen.«
    »Ich hoffe, Sie wissen, was Sie tun«, murmelte der General.
    »Verlassen Sie sich drauf«, sagte Torriti.
     
    Ausgangspunkt für den Zauberer waren alle Personen, die an der Wischnewski-Exfiltration beteiligt oder darüber informiert gewesen waren: vom Direktor der Central Intelligence Agency bis hin zu Jim Angleton, dem Spionageabwehr-Boss, der alle potenziellen Überläufer auf Herz und Nieren prüfte, um die »Bösen« auszusieben.
    Doch die Liste beschränkte sich nicht nur auf interne Personen. Kim Philby, Verbindungsmann des MI6 in Washington, hatte bekanntlich engen Kontakt zu den hohen Tieren der Company, einschließlich des Directors, dessen Tür ihm stets offen stand. Jeder von denen hätte Philby einweihen können, und es war durchaus möglich, dass er den Chef des MI6 davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass die Amis einen Überläufer an der Hand hatten, der behauptete, einen sowjetischen Maulwurf im MI6 enttarnen zu können. »C«, wie der Chef genannt wurde, hätte dann bestimmt einen kleinen Kriegsrat einberufen, wie auf dieses wahrlich seismische Ereignis zu reagieren sei. Wenn Philby nicht der Bösewicht war- und dafür lagen noch keine eindeutigen Beweise vor –, konnte der Maulwurf jeder sein, der hintenherum von der Wischnewski-Sache Wind bekommen hatte.
    Philby galt auch als Busenfreund von Jim Angleton. Nach dem, was der Zauberer am Rande mitbekommen hatte, trafen Philby und Angleton sich meistens freitags zum Lunch in einem Restaurant in Georgetown. Angleton hatte offenbar Vertrauen zu Philby. Konnte es sein, dass er seinen britischen Kumpel informiert hatte? Hatte sein Kumpel daraufhin »C« verständigt? Hatte »C« die Katze aus dem Sack gelassen, um auf das Schlimmste vorbereitet zu sein?
    Torriti war entschlossen, das herauszufinden.
    Bis spät in die Nacht, mit Unterstützung von Unmengen Whiskey, bereitete er minuziös seinen Kontrastbrei zu.
    Erstens: Dem Zauberer war es vor kurzem gelungen, eine handgeschnitzte Holzbüste von Stalin in ein Büro

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