Die Company
des ostdeutschen Geheimdienstes in Pankow liefern zu lassen. In der Büste waren ein Mikro, ein winziges Tonbandgerät sowie ein Sender versteckt, der alle zwei Tage um zwei Uhr nachts die aufgezeichneten Gespräche übermittelte. Dabei war herausgekommen, dass die Ostdeutschen ein Programm mit dem Decknamen »Aktion J« gestartet hatten, um die Deutschen in den anderen alliierten Zonen in Misskredit zu bringen; es sollten Drohbriefe an Überlebende des Holocaust verschickt werden, die angeblich aus Westdeutschland stammten. Die Aufdeckung von »Aktion J« würde die Existenz des Mikros enthüllen, das in dem Raum versteckt war, in dem die Operation geplant wurde.
Zweitens: Der Rabbi hatte als Gegenleistung für die Bekanntgabe des Aufenthaltsortes eines ehemaligen hohen Nazis in Syrien die Namen von zwei KGB-Führungsoffizieren herausgerückt, die unter diplomatischem Schutz von der sowjetischen Botschaft in Washington aus arbeiteten. Wenn der Maulwurf davon erfuhr, würden die Russen diese beiden Männer unter irgendeinem Vorwand schnellstmöglich in die Sowjetunion zurückholen. Falls die beiden in Washington blieben, hieß das, dass Torritis Telegramm mit den Namen nicht aufgeflogen war.
Drittens: Torriti ließ das Telefon von Walter Ulbrichts Frau Lotte abhören, die im Zentralkomitee in Ostberlin arbeitete. Als »Kontrastbrei« war die Abschrift eines Gespräches zwischen Ulbricht und seiner Frau geplant, in dem Ulbricht Unverschämtheiten über seinen SED-Rivalen Wilhelm Zaisser äußerte. Falls die Russen über den sowjetischen Maulwurf von der Abhöraktion Wind bekamen, würden sie Lottes Büro überprüfen und die Wanze entdecken.
Viertens: Ein ostdeutscher Agent, der mit der Emigrantenflut über die offene Grenze nach Westberlin gekommen war, hatte einen Job bei der Firma Messerschmidt. Die Berliner Basis war durch einen Karlshorst-Überläufer auf dessen Identität gestoßen, und die »Organisation Gehlen« hatte aus ihm einen Doppelagenten gemacht, der seinen ostdeutschen Führungsoffizieren technische Berichte voller Falschinformationen lieferte, wenn er einmal im Monat seine betagte Mutter in Ostberlin besuchte. Ein »Kontrastbrei«, der den Doppelagenten identifizierte, würde der Operation ein Ende machen, und der Agent würde nach seinem nächsten Besuch sicher nicht nach Westberlin zurückkommen.
Fünftens: Der Zauberer hatte persönlich eine Haushälterin angeworben, die im so genannten »Blauen Haus« arbeitete, der ostdeutschen Regierungs-Datscha in Prerow, dem offiziellen Seebad der Stasi an der Ostsee. Die Haushälterin war die Schwester von einer der Prostituierten in dem Bordell ü ber dem Nachtklub in Berlin-Schöneberg, wo Torriti sich ab und zu Informationen von den leichten Damen einholte. Würde ein »Kontrastbrei« in Form von Auszügen von Gesprächen zwischen den Bonzen, die im »Blauen Haus« Urlaub machten, von dem Maulwurf an die Sowjets weitergegeben, würde die Haushälterin sicherlich verhaftet und als Quelle versiegen.
Sechstens: Torriti hatte einen Beobachter, der von einem Dachboden aus die Mitarbeiter fotografierte, die an den Fenstern der KGB-Basis in Karlshorst auftauchten. Anhand dieser Fotos stellte die Berliner Basis ein Who’s-Who- Album des sowjetischen Geheimdienstes zusammen. Ein »Kontrastbrei« in Form eines Lageberichtes über die Operation würde die Verhaftung des Beobachters nach sich ziehen und das Ende des Fotoalbumprojektes bedeuten.
Siebtens: Torriti hatte die Kopie eines Feldberichtes von E. Winstrom Ebbitt II. gelesen, dem CIA-Offizier, den er aus der Berliner Basis gefeuert hatte, weil er über seinen Alkoholkonsum gelästert hatte. Ebbitt war jetzt in der Frankfurter Dienststelle eingesetzt und hatte vor kurzem die Leitung der Operationen in Albanien übernommen. Derzeit bildete er auf einem geheimen Stützpunkt bei Heidelberg eine Gruppe albanischer Emigranten aus. Irgendwann in den nächsten Tagen wollte Ebbitt sie mit einer Segeljacht in der Nähe der albanischen Hafenstadt Dürres ins Land schmuggeln. Sie hatten den Auftrag, sich nach Tirana durchzuschlagen und den stalinistischen Führer Enver Hoxha zu ermorden. Torritis »Kontrastbrei« in Form eines streng vertraulichen Telegramms an das Sonderkomitee zur Koordinierung britischamerikanischer Operationen gegen das albanische Regime sollte das Komitee, dem Kim Philby als hochrangiger MI6-Mann in Washington angehörte, darüber informieren, dass er Ebbitts Plan für unrealistisch halte, da
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