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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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persönlich genommen, als hätte man Ihnen ins Gesicht gespuckt. Wochenlang haben Sie praktisch kein Auge zugetan, während Sie die Sache von hinten aufgerollt haben. Sie haben die Verdächtigen auf acht Personen eingegrenzt, dann auf vier, zwei, bis eine übrig blieb. Die Geliebte des Toten. Leider konnten wir sie nicht mehr befragen, um herauszufinden, für wen sie gearbeitet hatte. Sie starb, wie es im Bericht der Carabinieri hieß, unter mysteriösen Umständen. Sie soll um Mitternacht von einem Boot aus schwimmen gegangen sein. Seltsam war bloß, dass sie weder ein Boot hatte noch schwimmen konnte.«
    »Sie konnte nicht schwimmen, weil an ihren Fuß ein schweres Eisenstück gebunden war«, sagte Torriti, leise lachend. »Ich war damals jung und ungestüm. Heute, wo ich erwachsen bin, würde ich mir die Lady zunutze machen, bevor ich ihr ein Stück Eisen an den Fuß binde und sie über Bord werfe.« Torriti zog sich die ausgebeulte Hose ein Stück hoch, und Angleton sah, dass der Zauberer ein weiteres Halfter unten an der Wade trug. »Zwischen einem Agenten und seinem Führungsoffizier besteht eine enge Verbindung, in etwa so wie zwischen Vater und Sohn«, fuhr der Zauberer fort. »Sie sind dafür zu analytisch, Jim. Sie packen alles in ihre glänzenden Theorien. Ich habe keine Theorien. Was ich weiß, muss ich mir hart erarbeiten – in der Praxis.«
    »Sie operieren nur auf der Oberfläche. Ich grabe tiefer.« Angleton war das Geplänkel leid. »Was haben Sie mir unbedingt mitzuteilen, das nicht bis Montag Zeit hat?«
    »Ich bin dabei, ein Memo an den Director zu schreiben, in dem ich Beweise darlege, dass Ihr Freund Philby ein sowjetischer Spion ist. Und das schon seit Anfang der Dreißigerjahre. Da Sie der Chef der Gegenspionage sind, dachte ich, es wäre nur fair, Sie vorher darüber zu informieren. Außerdem denke ich, wir sollten Vorsichtsmaßnahmen treffen, dass Philby sich nicht aus dem Staub macht.«
    »Sie machen sich nur selbst zum Narren, Harvey.«
    »Ich hab den Mistkerl an den Eiern, Jim.«
    »Würden Sie mir sagen, was Sie für Beweise haben?«
    »Deshalb bin ich hier.«
    Angleton lehnte den Besen gegen die Wand des Gewächshauses und zog einen kleinen Schreibblock aus der Gesäßtasche. »Stört es Sie, wenn ich mir Notizen mache?«
    »Nicht im Geringsten.«
    Angleton rückte den Bambusstuhl an den Bambustisch, schob die Gartengeräte beiseite, um Platz für den Schreibblock zu schaffen, und setzte sich. Er nahm einen Bleistift zur Hand und blickte auf, den Anflug eines herablassenden Lächelns auf den Lippen.
    Der Zauberer, der hinter ihm auf und ab ging, zählte zunächst einige Stationen in Philbys Leben auf: Mitglied im sozialistischen Studentenbund von Cambridge Anfang der Dreißigerjahre, Aufenthalt in Wien zur Zeit des sozialdemokratischen Februaraufstands, Heirat mit einer fanatischen Kommunistin, nach seiner Rückkehr nach England Teilnahme an Festen in der deutschen Botschaft, um seine linken Neigungen zu übertünchen und sich einen deutschfreundlichen Ruf zu verschaffen, Berichterstatter für die Times im Spanischen Bürgerkrieg, zuständig für die Seite Francos.
    Angleton blickte auf. »Adrian ist im Laufe der Jahre Dutzende Male auf Herz und Nieren geprüft worden – was Sie erzählen, ist nichts Neues.«
    Torriti fuhr ungerührt fort, erwähnte die Informationen von Walter Kriwitski, die die Briten laut Elihu Epstein ihren amerikanischen Kollegen nicht mitgeteilt hatten.
    »Als Kriwitski auf unserer Seite des Atlantiks eintraf, wurde er lange vernommen«, erinnerte sich Angleton. Er schloss die Augen und zitierte die Informationen aus dem Gedächtnis. »Es gibt im britischen Geheimdienst einen sowjetischen Maulwurf mit dem Decknamen PARSIFAL, sein Führungsoffizier ist ein Meisterspion mit dem Decknamen Starik. Der Maulwurf hat eine Zeit lang als Berichterstatter in Spanien während des Bürgerkriegs gearbeitet.« Angleton öffnete die Augen und lachte. »Kriwitski hat uns von einer Nadel im Heuhaufen erzählt, in der Hoffnung, wir würden ihn ernst nehmen.«
    »Irgendjemand hat ihn ernst genommen – er wurde 1941 in Washington umgebracht.«
    »Dem offiziellen Polizeibericht zufolge war es Selbstmord.«
    Torriti drehte sich einmal im Kreis, als wollte er sich hochschrauben, und fragte dann, ob Angleton bekannt sei, dass Philby in der MI6-Registratur die Register über die Sowjetunion eingesehen hatte, lange bevor er in der Sowjetabteilung anfing.
    »Nein, das wusste ich nicht,

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